Deutliche Mehrheit gegen Absenkung der EU-Gentechnik-Standards

Die EU-Kommission plant, die Standards für Zulassung und Kennzeichnung von Gentechnik-Pflanzen und Lebensmitteln abzusenken. Die deutsche Bundesregierung sollte das nicht unterstützen, meint die deutliche Mehrheit in einer aktuellen Umfrage des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG).
58 Prozent der Befragten sprachen sich Anfang Januar 2023 in einer repräsentativen Civey-Umfrage gegen eine deutsche Unterstützung der Pläne der EU-Kommission zur Gentechnik-Deregulierung aus, nur 25 Prozent sind dafür, knapp 17 Prozent unentschieden.

Erfreuliche Aussagen von Lemke und Özdemir

„Eine deutliche Mehrheit will, dass Deutschland sich gegen eine Absenkung der EU-Gentechnik-Standards stellt. Verbraucherinnen und Verbraucher wollen zu Recht wissen, wie die Lebensmittel hergestellt wurden, die sie kaufen", kommentiert VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting. „Ich freue mich über die klaren Aussagen von Umweltministerin Lemke und Landwirtschaftsminister Özdemir dazu. Beide müssen jetzt auch aktiv ihren Amtskollegen in anderen EU-Staaten vermitteln, dass es keine Ausnahmen geben darf bei Gentechnik-Risikoprüfung und -Kennzeichnung. Es gibt ohnehin keinen Grund, die Standards abzusenken. Cem Özdemir hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Forschung ja nicht verboten ist, auch wenn Gentechnik-Befürworter das oft so darstellen."

Ampel-Dissens: Grün und Rot gegen Deregulierung, FDP dafür

Die Debatte um Gentechnik und deren gesetzliche Regulierung wurde im Vorfeld der Grünen Woche in Berlin lauter. Beim Agrarkongress des Bundesumweltministeriums sprach sich Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) klar gegen die Absenkung der Gentechnik-Standards aus. Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) warnte mit Blick auf Ankündigungen von Gentechnikherstellern davor, auf „Versprechen auf ferne Lösungen" zu setzen und stellte klar, dass Gentechnik-Forschung schon jetzt erlaubt sei, auch wenn das oft anders dargestellt werde. Entwicklungsministerin Svenja Schulze vom Koalitionspartner SPD erklärte im Bundestag, dass Gentechnik keinen Beitrag zur Welternährung leistet. Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger vom zweiten Ampel-Koalitionspartner FDP und die oppositionelle CDU trommeln unterdessen vor der Grünen Woche mit Interviews, Positionspapieren und einem Bundestags-Antrag lautstark für die Abschwächung der Gentechnik-Regeln.

Gesetzvorschlag der EU-Kommission Anfang Juni erwartet

Hintergrund der Auseinandersetzung und der VLOG-Umfrage ist ein Gesetzvorschlag der EU-Kommission, der für Anfang Juni angekündigt ist, aber bereits in den nächsten Wochen fertiggestellt wird. Allen bisherigen Informationen nach wird die EU-Kommission darin eine weitgehende Deregulierung für neue Gentechnik-Verfahren wie CRISPR vorschlagen. Die meisten dieser Gentechnik-Pflanzen könnten dann ganz ohne oder mit stark abgeschwächter Risikoprüfung auf den Markt kommen. Und die Produkte wären nicht mehr als Gentechnik erkennbar, da sie nicht mehr gekennzeichnet werden müssten. Es wird entscheidend sein, wie sich die EU-Staaten zu diesem Vorschlag der EU-Kommission positionieren. Ohne deren „qualifizierte" Mehrheit kann diese Absenkung der Gentechnik-Standards nicht umgesetzt werden. Neben dem eigenen Abstimmungsverhalten der Bundesregierung ist es deshalb entscheidend, wie und mit welcher Intensität sie Einfluss auf andere EU-Staaten nimmt, um die bewährten Gentechnik-Regeln zu bewahren.

Die repräsentative Civey-Umfrage wurde am 03.01.2023 im Auftrag des VLOG durchgeführt mit der Frage: „Sollte Deutschland Ihrer Meinung nach eine Absenkung der EU-Standards für die Kennzeichnung und Risikoprüfung gentechnisch veränderter Lebensmittel und Pflanzen unterstützen?".

24.01.2023
Von: FebL/PM