“Wir haben uns in Österreich als Vorreiter der Bio- und gentechnikfreien Landwirtschaft positioniert. Strenge Regelungen auch für die sogenannte ‘neue Gentechnik‘ sind gemeinsame Regierungsposition. Der Vorschlag der Kommission ist eine Gefahr für den österreichischen Weg der Landwirtschaft, und nimmt Konsument:innen auch ihre Wahlfreiheit”, sind sich Umweltministerin Leonore Gewessler, Konsument:innenschutzminister Johannes Rauch und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig einig. “Wir werden das nicht zulassen, uns daher mit aller Kraft in Brüssel dafür einsetzen, dass auch weiterhin strenge Regeln für gentechnisch veränderte Pflanzen und Lebensmittel gelten. Dass die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten zwingt, den unkontrollierten Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zu erlauben, ist inakzeptabel.”
Der Vorschlag zur sogenannten „neuen Gentechnik“ soll künftig die aktuell geltenden strengen Regeln für die Prüfung und Kennzeichnung deutlich aufweichen. Für Konsument:innen wäre es somit nicht mehr ersichtlich, ob ein Endprodukt gentechnisch verändert wurde oder gentechnisch veränderte Bestandteile (z.B. gentechnisch veränderter Mais, Maisstärke) enthält, heißt es in einer Mitteilung aus dem Konsument:nnenschutzministerium.
Gemäß dem Vorschlag der Kommission sollen Produkte der „neuen Gentechnik“ nunmehr in zwei Kategorien eingeteilt werden. Kategorie 1 umfasst alle Pflanzen und Produkte, die bestimmten Kriterien entsprechen und nach Auffassung der Kommission auch durch herkömmliche Methoden der konventionellen Züchtung entstehen könnten, Kategorie 2 alle anderen Pflanzen und Produkte, die mittels „neuer Gentechnik“ hergestellt wurden. Während die Kategorie 2 weiterhin unter die GVO-Gesetzgebung fällt, wenn auch mit reduzierten Auflagen was Sicherheitsbewertung und Nachweismethoden betrifft, soll es für die Kategorie 1 (auch NGT1 genannt) massive Änderungen in der Zulassung und Kennzeichnungspflicht geben.
Die österreichische Position der Bundesregierung ist laut der Mitteilung klar: Für alle Kategorien der sogenannten “neuen Gentechnik” müssen die drei Grundpfeiler Vorsorgeprinzip, wissenschaftliche Risikobewertung und Kennzeichnungspflicht gelten. Dies wurde auch so im Regierungsübereinkommen festgehalten. Österreich wird deshalb gegenüber der EU-Kommission auf eine Beibehaltung der guten und strengen Regeln pochen.
Aus für Zulassungspflicht und Anbauverbot
Denn der Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission sieht vor, dass alle NGT1-Pflanzen eines Anmeldeverfahrens unterliegen. Danach dürfen NGT-Pflanzen dann auch EU-weit angebaut werden. Es besteht keine Möglichkeit mehr, dies in Österreich zu untersagen, die mühsam erkämpfte Möglichkeit zum “Opt-Out” wäre damit für NGT1 Pflanzen Geschichte.
Ohne Kennzeichnung keine Wahlfreiheit
Der Vorschlag sieht keine Kennzeichnung für NGT1 Produkte der “Neuen Gentechnik” mehr vor. Dadurch kommt es zu deutlichen Transparenzverlusten im Lebensmittelhandel, für Produzent:innen, Handel und Kund:innen, denn es ist dann nicht mehr ersichtlich, ob es sich um ein NGT1-Produkt handelt. Somit wird auch das Recht auf Wahlfreiheit der Konsument:innen aber auch für Produzent:innen abgeschafft.
Koexistenz und Biolandwirtschaft in Gefahr
Auch die Biolandwirtschaft gerät unter Druck: Der Einsatz von NGT1-Pflanzen soll zwar für Bio verboten sein, allerdings nur bei Saatgut, nicht bei Futtermitteln. Nach diesen Regeln wäre Bio-Milch von Kühen, die mit NGT1-Pflanzen gefüttert wurden, denkbar. Noch problematischer ist laut der Mitteilung jedoch, dass der Vorschlag der Kommission keine Regeln vorsieht, um Kreuzkontaminationen zu verhindern, wenn etwa NGT1-Pflanzen neben Bio-Pflanzen angebaut werden. Österreich könnte den Anbau von NGT-Pflanzen beider Kategorien nicht mehr untersagen.
“Der Vorschlag stellt eine deutliche Aufweichung der bisherigen strengen Regelungen entgegen der österreichischen Forderungen. Die österreichische Haltung ist klar: Auch für Methoden der “Neuen Gentechnik” muss das bestehenden Regelwerk der Gentechnik gelten”, so Konsument:innenschutzminister Johannes Rauch. “Die Menschen in Österreich wollen wissen, was sie essen. Transparenz am Teller kann nur durch verpflichtende Kennzeichnung garantiert werden.”
„Gentechnisch veränderte Pflanzen bringen immer ein gewisses Risiko mit sich. Wir wissen nicht, wie sie sich in der Natur verhalten, wir wissen nicht, wo sie sich ausbreiten und wo sie am Ende landen. Deshalb gilt in Österreich hier seit langem das Vorsorgeprinzip. Wir wollen die Kontrolle behalten, wir wollen wissen wo dieses Saatgut angebaut wird und wollen wissen was am Ende am Teller landet. Der neue Vorschlag versucht uns und den Menschen in Österreich diese Wahlfreiheit zu nehmen. Das ist inakzeptabel und wir werden mit allen Mitteln dagegen Kämpfen, dass diese Regeln in Kraft treten“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.
„Zu den neuen Züchtungsmethoden haben wir eine klare Regierungsposition. Österreichs Landwirtschaft ist im Anbau gentechnikfrei, diese Vorreiterrolle wollen wir weiter absichern. Auch die mögliche Patentierbarkeit von Sorten, die mit neuen Züchtungsmethoden hergestellt werden, bedroht unsere kleinstrukturierte Land- und Saatgutwirtschaft. Das Vertrauen unserer Konsumentinnen und Konsumenten in unsere Lebensmittel und Wahlfreiheit sind ein kostbares Gut. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Die Koexistenz mit der Bio-Produktion muss gewährleistet bleiben“, so Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig.