Neue Erkenntnisse zur Kanzerogenität von Glyphosat

Die Kontroverse über die Kanzerogenität von Glyphosat und Herbiziden auf Basis von Glyphosat (Glyphosate-Based Herbicides – GBHs) hält an. Das meldet das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) mit Blick auf eine jetzt veröffentlichte Studie. Während die Krebsagentur der Weltgesundheitsagentur (IARC) 2015 Glyphosat/GBH als „wahrscheinlich krebserregend“ für Menschen einstufte, vertreten die meisten Regulierungsbehörden die Auffassung, dass dem Wirkstoff nur ein geringes oder gar kein Krebsrisiko innewohnt. Eine der Schlüsselfragen in diesem Zusammenhang ist, ob es einen Wirkungsmechanismus gibt, der die Verursachung von Krebs durch Glyphosat erklären kann. Der wichtigste generelle Mechanismus bei der Verursachung von Krebs durch Chemikalien ist eine Schädigung des Erbguts, wodurch es zu unkontrollierter Zellvermehrung und damit zur Entstehung von Tumoren kommen kann.

Eine im Januar im Fachmagazin Agrochemicals veröffentlichte Studie überprüfte die seit 2016 erschienenen Publikationen zur Erbgutschädigung durch Glyphosat und GBHs. Die Analyse zeigt laut PAN, dass in 24 der 33 Studien mit Glyphosat und 56 der 61 Studien mit GBH eine Erbgutschädigung nachgewiesen wurde. Außerdem wurden in sieben epidemiologischen Studien (Untersuchung von Glyphosat-exponierten Menschen im Vergleich zu einer Kontrollpopulation) erbgutschädigende Effekte festgestellt. Die Autoren vertreten die Ansicht, dass die Schlussfolgerung der Behörden, Glyphosat und GBHs seien nicht erbgutschädigend, unhaltbar ist.

Hintergrund der Befassung ist laut PAN die Entscheidung eines Bundesberufungsgerichts in den USA, das 2022 die Glyphosat-Bewertung der U.S.-Umweltbehörde (EPA) annullierte und die EPA aufforderte, die alten Daten zu überprüfen und neue Daten in ihre bevorstehende, möglicherweise endgültige Entscheidung über die erneute Zulassung von Glyphosat/GBH einzubeziehen.

Die US-Umweltbehörde EPA stufte Glyphosat 1991 als „nicht wahrscheinlich“ krebserregend ein. Eine Entscheidung, die in Behördenberichten aus den Jahren 2017 und 2020 bekräftigt wurde. Die behördliche Anerkennung des Potenzials zur Erbgutschädigung durch Glyphosat hätte erhebliche Auswirkungen auf die Bewertung von Glyphosat als „nicht (bzw. nicht wahrscheinlich) krebserregend“.

Auch die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) schlussfolgerte im Rahmen des laufenden Wiedergenehmigungsverfahren von Glyphosat im Juni 2022, dass weder Beweise für eine Erbgutschädigung noch für die Erzeugung von Krebs durch Glyphosat vorlägen. Eine von unabhängigen Wissenschaftler*innen durchgeführte Analyse der behördlichen Bewertung zeigte, dass erneut das gehäufte Auftreten von Krebs in sämtlichen Mäuse- und mehreren Rattenstudien, mit ähnlich verzerrten Argumenten begründet wurde, wie in der vorangegangenen Bewertung im Jahr 2017. Nachzulesen ist dies in dem gemeinsamen Bericht von HEAL und PAN Germany. Die Behauptung, Glyphosat sei nicht erbgutschädigend, ist ein Grundpfeiler der behördlichen Argumentation. Insofern ist die jetzt veröffentlichte Studie nach Ansicht von PAN ein wichtiger Beitrag zur korrekten Beurteilung der Situation. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass nach EU-Recht eine Einstufung als „wahrscheinlich erbgutschädigend beim Menschen“ ein Glyphosatverbot zur Folge haben müsste.

31.01.2023
Von: FebL/PM

Bildquelle: HEAL Report