Alternativen zu chemisch-synthetischen Pestiziden in der Landwirtschaft

Als „Diskussionspapier für eine gesellschaftliche Debatte“ über einen zukünftig umweltfreundlicheren Pflanzenschutz versteht sich eine vom Ecologic Institute erstellte Kurzstudie, die der BUND zu der Frage „Welche Alternativen zu chemisch-synthetischen Pestiziden in der Landwirtschaft gibt es und was können sie?“ in Auftrag gegeben und vorgelegt hat. Sie stellt an Praxisbeispielen aus der Landwirtschaft vor, wie Bäuerinnen und Bauern bereits heute nicht-chemisch ihre Ackerkulturen schützen. Dabei spielen auch die für Landwirt*innen entstehenden Kosten eine Rolle. Mit Blick auf Einzelwirkstoffe wie Glyphosat können laut Studienlage unter guten landwirtschaftlichen Bedingungen sogar Kosteneinsparungen möglich sein.

Anlässlich der Veröffentlichung der Studie erklärt BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock: „Insekten- und Biodiversitätsschutz geht nicht ohne Pestizidreduktion. Dafür brauchen wir Schutzgebiete ohne Pestizidanwendung und deutlich weniger Pestizide auf landwirtschaftlichen Flächen. Integrierter Pflanzenschutz muss endlich auf der Fläche umgesetzt werden: indem nicht-chemische Maßnahmen wie Fruchtfolgen, Mischkulturen und Schaffung von Lebensräumen für Nützlinge Vorrang haben. Um das zu erreichen, brauchen wir einen Instrumenten-Mix in dem die Honorierung des Pestizidverzichts eine deutliche Rolle spielen muss.“

Der BUND verweist darauf, dass sowohl im Koalitionsvertrag als auch in der Farm-to-Fork-Strategie der EU die Pestizidreduktion verankert sei. Bisher aber liege der Pestizideinsatz in Deutschland seit Jahren bei rund 30.000 Tonnen reinem Wirkstoff. Die ausgebrachten Insektizide, Herbizide und Fungizide trügen massiv zum Verlust von Insekten und anderen Arten bei. Um entsprechenden Maßnahmen und Gebiete werde derzeit intensiv gerungen. Und auch das Totalherbizid Glyphosat sei gerade für ein weiteres Jahr von der EU-Kommission verlängert worden und stehe für Ende 2023 vor einem Verbot oder einer Wiederzulassung.

Dabei gibt es laut BUND zahlreiche Alternativen zum Pestizideinsatz. Die Ökolandwirtschaft komme ohne chemisch-synthetische Pestizide aus. Und auch in der konventionellen Landwirtschaft gebe es viele Betriebe, die  bereits auf dem Weg sind, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren.

„Es gibt bereits eine Vielzahl an präventiven und direkten Pflanzenschutzmaßnahmen, die in ihrer Kombination den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden reduzieren und sogar ersetzen können. Eine vielseitige und gut durchdachte Fruchtfolge kann das Auftreten von Krankheiten, Schädlingen und Unkräutern gezielt beeinflussen und verhindern, während die direkte mechanische Unkrautbekämpfung starken Unkrautdruck zusätzlich regulieren kann. Ordnungspolitische, ökonomische und praktische Anreize sind Teil der Voraussetzung, damit  Landwirt*innen nicht chemische Pflanzenschutzmaßnahmen bevorzugt anwenden“, sagt der Studienautor Aaron Scheid vom Ecologic Institute.

„Es muss sich noch einiges ändern, damit Bäuerinnen und Bauern stärker auf nicht-chemische Alternativen setzen“, so von Broock. „Dazu gehören finanzielle Anreize für umweltfreundliche Maßnahmen und mehr Forschung zu Alternativen. Aber auch ein Verbot von besonders gefährlichen Stoffen ist unumgänglich, um die Biodiversität zu schützen. Die erfolgreiche europäische Bürgerinitiative ‚Bienen und Bauern retten‘ konnte über eine Million Unterschriften für den Ausstieg aus chemisch- synthetischen Pestiziden sammeln. Das zeigt, dass sich die Menschen dringend eine Transformation der Landwirtschaft wünschen.“

Mit Blick auf mögliche ökonomische Auswirkungen eines reduzierten Pestizideinsatzes für die landwirtschaftliche Betriebe heißt es in der Studie: „Die Sorge um Ertrags- und Einkommensverluste gehört zu den am meisten genannten Gründen, warum Landwirtinnen und Landwirte nicht auf Pestizide verzichten wollen. Diese Sorge ist nicht immer berechtigt, denn die aktuelle Studienlage ist divers und reicht von potenziellen Ernteausfällen durch Krankheiten und Schädlinge zwischen 17 und 40 Prozent bis hin zu Studien, die aufzeigen, dass insgesamt eine Reduktion von Pestiziden ohne negative Auswirkungen auf die Produktivität und Rentabilität der Betriebe möglich ist. Mit Blick auf Einzelwirkstoffe wie Glyphosat können laut Studienlage unter guten landwirtschaftlichen Bedingungen sogar Kosteneinsparungen möglich sein.“

05.12.2022