AbL: Eigentumsvielfalt erhalten - Ausverkauf von Land an Investoren stoppen!

Anlässlich der Kabinettsbefassungen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg mit den Entwürfen für ein Agrarstrukturgesetz hat die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) ihr Positionspapier zur Bodenmarktgesetzgebung „Agrarstrukturgesetze: Eigentumsvielfalt erhalten und bäuerliche Betriebe sichern“ veröffentlicht. Die AbL weist darin auf die Dringlichkeit hin, Agrarland vor dem Ausverkauf an nicht-landwirtschaftliche Investoren zu schützen. Dafür muss der Kauf von landwirtschaftlichen Betrieben durch Investoren („Share Deals“) einer Anzeige- und Genehmigungspflicht unterworfen werden.

Reiko Wöllert, stellvertretender Bundesvorsitzender der AbL, erklärt: „Die Kaufpreise für Agrarland sind so stark gestiegen, dass es selbst für landwirtschaftliche Betriebe mittlerer Größe fast unmöglich ist, Land zu kaufen. Noch schwieriger ist es, einen neuen Betrieb zu gründen. Es braucht dringend starke Agrarstrukturgesetze, die den Preisanstieg für Agrarland abdämpfen und Landwirtinnen und Landwirte vor Konkurrenz durch kapitalstarke Investoren wie Aldi schützen. Dafür legen wir in unserem Positionspapier konkrete Vorschläge vor“.

Wie drängend die Situation ist, zeigen folgende Zahlen: Lag der durchschnittliche Kaufpreis von Land in Deutschland im Jahr 2000 noch bei 9.100 Euro pro Hektar, stieg dieser exponentiell auf 26.800 Euro pro Hektar im Jahr 2020. Der Anteil von Investoren an Großbetrieben ist durch die fehlende Anzeigepflicht schwer zu beziffern. Das Thünen-Institut schätzte im Jahr 2017, dass an 34 % der als GmbH, Genossenschaft oder AG geführten Agrarbetriebe Ostdeutschlands Investoren beteiligt sind – Tendenz steigend.

Der Verkauf des großen Brandenburger Landwirtschaftsbetriebes Röderland GmBH an den Leipziger Immobilienkonzern Quarterback Immobilien AG im Frühjahr dieses Jahres ist dafür beispielhaft. Ein zentrales Anliegen von Quarterback Immobilien war dabei der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen auf Agrarland.

Anne Neuber, Geschäftsführerin der AbL Mitteldeutschland, fordert alle Landesregierungen zum Handeln auf. „Durch den Ausbau der Photovoltaik auf Agrarland wird Boden noch lukrativer. Eine effektive Regulierung des Bodenmarkts, die sich den Herausforderungen der Gegenwart anpasst, ist deshalb dringlicher denn je. Sonst konzentriert sich das Land weiter in den Händen von Großkonzernen, ganz ohne behördliche Erfassung. Alle Landesregierungen sind gefragt, schnellstmöglich wirksame Agrarstrukturgesetze zu erlassen“, so Neuber.

Seit der Förderalismusreform 2006 liegt die Zuständigkeit für die Bodenmarktgesetzgebung bei den Bundesländern. Am 18. Januar 2024 wird sich der sächsische Landtag mit dem Kabinettsentwurf für ein Agrarstrukturgesetz befassen. Auch die Landesregierungen in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt beraten über die Verabschiedung eines Agrarstrukturgesetzes.

Zum Hintergrund

Bäuerinnen und Bauern wurde im Grundstückverkehrsgesetz (1962) ein Vorkaufsrecht für landwirtschaftliche Flächen gesetzlich festgeschrieben. Heute gehören Landwirtinnen und Landwirten im Durchschnitt nur noch 40 Prozent ihrer Flächen. Kapitalstarke Investoren, die ihr Geld außerhalb der Landwirtschaft verdienen, können durch eine gesetzliche Regelungslücke über Anteilskäufe landwirtschaftliche Betriebe sowie ihre Flächen aufkaufen. Das führt zu einer stetig wachsenden Flächenkonzentration bei wenigen Großkonzernen und lässt die Bodenpreise weiter steigen.

Bisher regulierten bestehende Gesetze nur den Verkauf von Agrarland, nicht aber den Verkauf ganzer landwirtschaftlicher Unternehmen. Daher konnten die Verkäufe an Investoren nicht beanstandet werden. Investoren wie die Aldi-Stiftung, die Zech-Gruppe oder die Münchener Rück haben seit der Wende etliche landwirtschaftliche Großbetriebe aufgekauft und besitzen dadurch weite Flächen in Ostdeutschland. Durch den Ausbau der Photovoltaik geraten nun auch zunehmend Flächen und Betriebe in Westdeutschland in den Fokus der Investoren.