Vorbild beim Schutz der Landwirtschaft vor Investoren

In ganz Deutschland ist das Aufkaufen von Agrarbetrieben durch branchenfremde Investoren seit Jahren ein großes Problem. Vor diesem Hintergrund hat der Landwirtschaftsausschuss des Sächsischen Landtages über den Regierungsentwurf für ein Agrarstrukturgesetz eine Anhörung durchgeführt. Das Gesetz soll den Ausverkauf der Landwirtschaft an Investoren wie Aldi, Steinhoff oder Münchner Rück bremsen – damit geht Sachsen nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) deutschlandweit voran. Begleitet wurde die Anhörung von einem Protest von Bäuerinnen und Bauern der AbL, die die sächsischen Landtagsabgeordneten auffordert, das Gesetz so schnell wie möglich zu verabschieden. Jobst Jungehülsing, Ministerialrat a.D., nannte den Gesetzentwurf in der Anhörung einen sehr guten Rahmen für eine stabile Agrarstruktur in Sachsen. Ablehnung kommt von der CDU, Land schafft Verbindung, dem Genossenschaftsverband und dem Verband der Familienbetriebe Land und Forst.

Anlässlich der Anhörung erklärt Reiko Wöllert, stellvertretender Bundesvorsitzender der AbL und Landwirt in Haina/Thüringen: „Bäuerinnen und Bauern können nicht mit außerlandwirtschaftlichen Investoren konkurrieren, junge Existenzgründer ohne Land noch viel weniger. Die Konzerne erwirtschaften ihr Geld nicht aus der Landwirtschaft und können deshalb beliebig hohe Preise zahlen. Sie treiben die Bodenpreise nach oben, gefährden die Existenz bäuerlicher Betriebe und verhindern Existenzgründungen. Wir in der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft ist sehr froh, dass die sächsische Regierung das Problem erkannt hat und hier bundesweit vorangeht. Jetzt muss der Landtag das Gesetz schnellstmöglich beschließen und andere Bundesländer nachziehen.“

Außerlandwirtschaftliche Investoren, bisher eher ein ostdeutsches Problem, werden durch den aktuell stark vorangetriebenen Ausbau der Photovoltaik auf Agrarland immer mehr auch in westdeutschen Bundesländern zum Problem. In Aussicht stehende Gewinne durch die Energieerzeugung machen das Eigentum von Agrarland noch attraktiver. Dazu trägt auch die baurechtliche Privilegierung von PV-Anlagen entlang von Verkehrswegen bei. Bekannt geworden ist insbesondere der Kauf von Agrarland durch die Sparkasse Hildesheim-Goslar-Peine. In Ostdeutschland schätzte das Thünen-Institut den Anteil der Investoren an Großbetrieben (juristische Personen) bereits im Jahre 2017 auf 34 Prozent – Tendenz steigend (1). Im letzten Jahr hatte in Brandenburg der Verkauf eines großen Landwirtschaftsbetriebes an den Leipziger Immobilienkonzern „Quarterback Immobilien AG”, der zu 40 Prozent der Immobiliengesellschaft „Deutsche Wohnen SE“ gehört, bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Anne Neuber, Geschäftsführerin der AbL Mitteldeutschland und selbst gelernte Landwirtin, ergänzt: „Der Einstieg von kapitalstarken Konzernen in die Landwirtschaft führt zu einer zunehmenden Flächenkonzentration in den Händen weniger Konzerne. So liegen verschiedene elementare Bereiche der Gesellschaft wie die Ernährung der Bevölkerung oder das Wohnen in der Hand weniger Investoren. Das ist ein Problem. Wollen wir in Zeiten der Klimakrise und sozialer Schieflagen zukunftsfähige Lösungen, etwa hin zu einer klimaangepassten und bodenschonenden Landwirtschaft, bedarf es einer breiten Streuung von Eigentum. Daher braucht es jetzt wirksame Agrarstrukturgesetze in allen deutschen Bundesländern.“

Bislang gibt es bundesweit noch kein Gesetz, das Investoren in der Landwirtschaft wirksam reguliert. Die Zuständigkeit der Regulierung liegt bei den Bundesländern. Neben Sachsen arbeiten daher auch die Bundesländer Niedersachsen, Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt an Agrarstrukturgesetzen. Auch dort kaufen branchenfremde, außerlandwirtschaftliche Investoren landwirtschaftliche Betriebe und Flächen auf und auch dort steigen die Bodenpreise bereits seit Jahren extrem an.

Jobst Jungehülsing erklärte in der Anhörung laut einer Mitteilung der grünen Fraktion im Sächsischen Landtag: „Es ist ein wesentliches agrarstrukturelles Ziel, die verfügbaren Ackerflächen auf viele Eigentümer zu verteilen. Dieses Ziel erscheint nach einer aktuellen Studie des Thünen-Instituts in den ostdeutschen Ländern jedoch gefährdet. Obergrenzen für Betriebsgrößen sind ein geeignetes Instrument, um dieses Problem anzugehen, und mit EU-Recht vereinbar. Die Grenze im Sächsischen Agrarstrukturgesetz läge vergleichsweise hoch. Hinzu kommen umfangreiche Ausnahmen und eine Härtefallregelung. Damit erscheint die Obergrenze in dem Entwurf zielgerichtet, aber moderat.“

Der Gesetzentwurf sei „ein sehr guter Rahmen für eine stabile Agrarstruktur in Sachsen. Eine Agrarstruktur mit Pachten, die aus den Erträgen gedeckt sind, mit Bodenpreisen, die von ortsansässigen Landwirten bezahlt werden können, mit einem funktionierenden Generationswechsel und mit Wertschöpfung, die in der Region bleibt.“

Volkmar Zschocke, agrarpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, erklärt zum Gesetzespaket: „Mit dem Agrarstrukturgesetz erleichtern wir sächsischen Landwirtinnen und Landwirten künftig den Zugang zu Agrarflächen und erschweren Flächenerwerb durch Großinvestoren wie etwa Versicherungen, Immobilienkonzerne und Discounter. Der Gesetzentwurf setzt auch die jahrelange Forderung des Bauernverbandes um, dass die Flächen in einer Region sich nicht bei nur wenigen Eigentümern konzentrieren und damit dem Wettbewerb schaden. Unverständlich bleibt die in der Anhörung vorgetragene Position des Sächsischen Bauernverbandes. Dieser hat keine Idee, wie das Problem gelöst werden kann, lehnt das vorgelegte Gesetz dennoch grundsätzlich ab. Die Anhörung hat aber gezeigt: Wer den Verlust und Ausverkauf von sächsischen Agrarböden künftig wirksam stoppen will, befürwortet ein solches Gesetz.“

Abgelehnt wird der Gesetzentwurf auch von der CDU. Sie sieht die Fragen der Bodenmarktpolitik als wichtig an, hält den gewählten Weg aber für falsch. "Der Bauernverband, Land schafft Verbindung, der Genossenschaftsverband und der Verband der Familienbetriebe Land und Forst lehnen das Gesetz in der vorliegenden Form ab. Unsere Zweifel sind nicht ausgeräumt. In jedem Fall bedarf es noch intensiver Diskussionen", erklärt der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Georg-Ludwig von Breitenbuch.