Weltklimarat mahnt Handeln an – AbL fordert wirksamen und sozial gerechten Klimaschutz jetzt

„Weltweite Maßnahmen für eine klimaresiliente Entwicklung sind dringender als je zuvor“. Diese Botschaft lässt sich aus dem jetzt vorgelegten Bericht des Weltklimarats (IPCC) herauslesen. Organisationen wie die AbL, der BUND, Germanwatch oder VENRO fordern die Politik zum Handeln auf. „Der Schutz der biologischen Vielfalt und von Ökosystemen ist von grundlegender Bedeutung für eine klimaresiliente Entwicklung angesichts der Bedrohungen, die der Klimawandel für sie darstellt, und ihrer Rolle für Anpassung und Minderung. Aktuelle Analysen, die sich auf Belege aus ganz unterschiedlichen Untersuchungsansätzen stützen, legen nahe, dass die Erhaltung der Resilienz von biologischer Vielfalt und Ökosystemleistungen auf globaler Ebene vom wirksamen und gerechten Schutz von etwa 30 % bis 50 % der Land-, Süßwasser- und Meeresflächen der Erde abhängt, einschließlich von derzeit naturnahen Ökosystemen“, heißt es in einer IPCC-Zusammenfassung. Und: „Es ist eindeutig, dass der Klimawandel bereits menschliche und natürliche Systeme gestört hat. Vergangene und derzeitige Entwicklungstrends (vergangene Emissionen, Entwicklung und Klimawandel) haben die globale klimaresistente Entwicklung nicht vorangebracht.“ Mit anderen Worten: Die bisher ergriffenen Maßnahmen reichen nicht aus und es ist höchste Zeit zu handeln. AbL: "Wir brauchen klare politische Rahmenbedingungen"
Anlässlich der Veröffentlichung des IPCC-Berichts fordert die AbL einen „wirksamen und sozial gerechten Klimaschutz jetzt“. Martin Schulz, Bundesvorsitzender der AbL und Bauer in Niedersachsen, kommentiert: „Landwirte auf der ganzen Welt spüren bereits jetzt massiv die Folgen der Klimakrise, so auch wir Bäuerinnen und Bauern in Deutschland. Unsere Erfahrungen bestätigt erneut der jüngste IPCC Bericht. In den Dürrejahren sind uns die Felder und Wiesen vertrocknet und teilweise abgebrannt, im letzten Jahr überflutet - das ist unsere neue Realität und das besorgt mich sehr. Gleichzeitig explodieren die Kosten für Dünger und Futtermittel, aber die Preise für unsere Produkte bleiben weiterhin zu niedrig. In dieser eh schon desaströsen wirtschaftlichen Lage treffen uns die Auswirkungen des Klimawandels besonders hart. Die Regierungen müssen jetzt handeln, um das Klima zu schützen - und damit auch unsere Lebensgrundlage und die weltweite Nahrungsmittelproduktion.“ Und weiter erklärt Schulz: „Uns Bäuerinnen und Bauern ist klar, dass auch wir unsere Emissionen senken müssen. Dafür brauchen wir klare politische Rahmenbedingungen, die uns gleichzeitig wirtschaftliche Perspektiven bieten. Nur gemeinsam können wir die Klimaziele einhalten und den uns alle bedrohenden Klimawandel begrenzen.“ Zur Herstellung der notwendigen Rahmenbedingung hat die AbL konkrete Forderungen. Dazu heißt es: Bei dem kürzlich eingereichten nationalen Strategieplan der GAP mangelt es an Klimaschutz. Das zeigt eindrücklich eine Studie des UBA. Hier muss im jetzt anstehenden Genehmigungsprozess nachgebessert werden. Es braucht eigene Öko-Regelungen für die Weidehaltung von Milchkühen und zur Reduzierung von Stickstoff-Überschüssen, wie sie in den AbL-Forderungen zur GAP stehen. Der Umbau der Tierhaltung ist ein wichtiger Schritt zu mehr Klimaschutz. Aber die Initiativen der Privatwirtschaft sind für die Höfe unkoordiniert und undurchsichtig. Vielmehr braucht es eine staatlich verbindliche Tierhaltungskennzeichnung in 3 Stufen und ein langfristiges Finanzierungsmodell der Mehrkosten nach den Borchert-Plänen. Auch dazu hat die AbL Vorschläge gemacht. BUND: Zeitenwende im Kampf gegen die Klimakrise
Der IPCC-Bericht zeigt nach Ansicht des BUND die drastischen Folgen der menschengemachten Klimakrise und macht die notwendige Anpassung an den Wandel überdeutlich. "Krieg, Umweltzerstörung und Klimakrise gefährden die Menschheit existenziell", erklärt Antje von Broock, BUND-Geschäftsführerin. "Kanzler Olaf Scholz hat mit Blick auf den Krieg in der Ukraine von einer Zeitenwende gesprochen. Auch angesichts der Klimakrise stehen wir an solch einem Wendepunkt. Die Klimaauswirkungen treten schneller als bisher auf und treffen uns härter als gedacht. Mensch, Tier und Ökosysteme leiden schon jetzt unter den Auswirkungen. Die Klimakrise ist auch eine Sicherheitsbedrohung. Es ist höchste Zeit, Wege aus beiden Krisen zu finden." Mit Blick auf unsere Energieversorgung führt die BUND-Geschäftsführerin aus: "Der Krieg zeigt unsere Abhängigkeit von Gas und Kohle und verdeutlicht einmal mehr die Gefährlichkeit der Atomkraft. Russlands Druckmittel sind Ressourcen. Wir brauchen mehr Unabhängigkeit in unserer Energieversorgung und wir müssen den Ressourcenhunger Deutschlands senken. Fossile Energien oder gar Atomkraft sind hier nicht die richtigen Antworten. Die Bundesregierung muss eine Offensive für den Ausbau der Erneuerbaren starten und Energieeffizienz und Energiesparen ins Zentrum ihrer Arbeit rücken. Auch verbindliche Ressourcenschutzziele sind dringend geboten, um den Einstieg in eine Repair- und Recyclingwirtschaft mit Nachdruck voranzutreiben." Für den BUND sind Umweltschutz und Klimagerechtigkeit wesentliche Bestandteile eines globalen Friedens. "Mit dem G7-Vorsitz muss die Bundesregierung international Lösungen verankern, die zu Emissionsreduktionen führen. Alle G7-Staaten müssen das Ende der fossilen Ära befürworten – Atom und Gas einbezogen – und eine sozial gerechte Klimafinanzierung auf den Weg bringen", sagt die BUND-Vertreterin abschließend. "Es braucht auch ein Sondervermögen für den Klimaschutz." Germanwatch: „Wir brauchen ein umfassendes System zum Schutz vor der zerstörerischen Wucht der Klimakrise“
Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch fordert, konkrete politische Konsequenzen aus dem jetzt veröffentlichten zweiten Teil des 6. Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC zu ziehen. „Die Klimakrise ist schon heute von zerstörerischem Ausmaß – sie fordert Menschenleben, treibt ökonomische Kosten in die Höhe, verschärft Konflikte und gefährdet Menschenrechte weltweit. Steigende Emissionen werden diese Lage massiv verschärfen. Fast die Hälfte der Weltbevölkerung sieht der IPCC sogar einem hohen Risiko ausgesetzt“, sagt Vera Künzel, Referentin für Anpassung an den Klimawandel und Menschenrechte bei Germanwatch. „Das Problem ist: Die internationale Finanzierung von Anpassung an die Folgen der Klimakrise und der Umgang mit nicht mehr vermeidbaren Schäden und Verlusten stehen in keinem Verhältnis zu dieser drastischen Realität. Das muss sich schnell ändern.“ Klimawandelgetriebene Extremwetterereignisse haben weltweit bereits große und teils irreversible Schäden verursacht – und zwar in einem Ausmaß, das deutlich über frühere Schätzungen hinausgeht. Auch Deutschland hat diese bittere Realität im vergangenen Jahr unter anderem mit einer Flutkatastrophe erleben müssen, die neben massiven Kosten mehr als 180 Todesopfer forderte. Doch im globalen Süden sind solche Katastrophen noch deutlich häufiger anzutreffen. „Jene Länder und Menschen, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, leiden existenziell unter ihren Auswirkungen – allen voran auf dem afrikanischen Kontinent“, so Künzel. G7-Länder unter deutschem Vorsitz müssen endlich finanzielle Zusagen einhalten
Die internationale Finanzierung für Anpassung an den Klimawandel hat mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten. „Hier sind die reichsten Länder gefragt, die sich dieses Jahr unter deutschem Vorsitz in der G7 treffen. Die G7 müssen sicherstellen, dass die von den Industrieländern eigentlich bereits bis 2020 zugesagten 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr für Klimaschutz und Klimaanpassung dieses Jahr endlich erreicht werden. Die Mittel für Klimaanpassung in diesem Paket müssen dabei mindestens verdoppelt werden. Außerdem muss die Bundesregierung den Umgang mit Schäden und Verlusten, an die keine Anpassung mehr möglich ist, oben auf die Agenda des G7-Gipfels setzen. Dafür muss es endlich angemessene Unterstützungsmechanismen und zusätzliche Finanzierung geben“, so Rixa Schwarz, Leiterin des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. „Wir brauchen ein umfassendes globales System zum Schutz vor der zerstörerischen Wucht der Klimakrise. Dieses muss sowohl angemessene Instrumente enthalten, die bessere Vorsorge vor Klimarisiken ermöglichen, als auch nach Wetterkatastrophen sowie beim Umgang mit den Folgen langsam voranschreitender Ereignisse wie etwa dem Meeresspiegelanstieg Unterstützung bieten“, so Schwarz weiter. „Auch Deutschland muss seine Zusagen bei der Klimafinanzierung einhalten. Noch nicht einmal der noch von der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel zugesagte jährliche Betrag von 6 Milliarden Euro ab 2025 ist bislang in der mittelfristigen Finanzplanung abgesichert. Wir fordern einen Aufwuchs auf jährlich mindestens 8 Milliarden Euro Haushaltsmittel für Klimaschutz und -anpassung im globalen Süden sowie zusätzliche Mittel für nicht mehr vermeidbare Verluste und Schäden.“ Der Weltklimarat zeigt auch: Damit die künftigen Auswirkungen des Klimawandels überhaupt noch bewältigt werden können, müssen die globalen Emissionen so schnell wie möglich auf Netto-Null sinken. Auch da ist die Bundesregierung jetzt gefragt: „Um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und unsere Abhängigkeit von fossilen Energieimporten schnell zu minimieren, sollten die G7-Staaten ab 2035 vollständig auf Gas, Öl und Kohle im Stromsektor verzichten. Die von Wirtschaftsminister Habeck angekündigten Oster- und Sommerpakete müssen auch Deutschland auf den Pfad zum fossilfreien Stromsystem 2035 bringen, indem sie den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz deutlich beschleunigen“, erläutert Schwarz. VENRO: Der globale Süden braucht dringend mehr Mittel zur Bewältigung der Klimafolgen
Auch für VENRO, den Verband für Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe, zeigt der Bericht des Weltklimarats eindringlich, dass die Klimakrise für viele Menschen schon längst kein Zukunftsszenario mehr ist. „Es ist höchste Zeit, dass die Hauptverursacher für die Schäden aufkommen, die die Klimakrise weltweit anrichtet“, erklärt Mathias Mogge, Vorstandsvorsitzender von VENRO. Extreme Hitze, Überschwemmungen und tropische Wirbelstürme werden in den kommenden Jahrzehnten weiter zu nehmen. Selbst bei einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad zeichnet der IPCC-Bericht ein düsteres Bild: Der Klimawandel führt zu Wasserknappheit, zerstört die Artenvielfalt, vernichtet Ernten und macht Menschen krank. „Um die Folgen der Klimakrise abzufedern, werden beträchtliche Finanzmittel benötigt“, erklärt Mogge. „Deutschland als einer der Hauptverursacher steht hier in der Pflicht, seine internationale Klimafinanzierung deutlich zu erhöhen. Gerade vielen Ländern im globalen Süden fehlen die notwendigen Mittel, um sich auf die Folgen des Klimawandels einzustellen.“ „Der Klimaschutz darf in den kommenden Haushaltsverhandlungen nicht sicherheitspolitischen Interessen geopfert werden“, so Mogge weiter. „Der Krieg gegen die Ukraine unterstreicht, wie wichtig der Ausbau erneuerbarer Energie ist, um unabhängig von fossilen Rohstoffen zu werden.“ VENRO fordert, im kommenden Bundeshaushalt die Mittel für Klimaschutz und Anpassung auf sechs Milliarden Euro zu erhöhen. Diesen Beitrag hatte die Bundesregierung auf dem letzten G7-Gipfel in Cornwall zugesagt. Bis 2025 sollten die Haushaltsmittel auf mindestens acht Milliarden Euro steigen. Dabei muss die Hälfte der Mittel der Klimaanpassung zugutekommen. „Der Bericht zeigt, dass die Klimakrise die Länder im globalen Süden besonders hart trifft. Obwohl die Bevölkerung dort am wenigsten zum globalen CO2-Ausstoß beiträgt, leidet sie am stärksten unter den Folgen“, konstatiert Mogge. „Die Staatengemeinschaft ist daher gut beraten, die Erkenntnisse der Wissenschaftler_innen ernst zu nehmen und die notwendigen Mittel für die Bewältigung der Klimakrise bereitzustellen.“