20 bis 40 % der Böden weltweit bereits degradiert – Agrarökologie als Lösungsweg

UN legt neuen Bericht über Zustand der Böden vor

„Zusammengenommen untergraben und gefährden menschliche Handlungen die grundlegenden Prozesse, die eine bewohnbare Biosphäre und die Widerstandsfähigkeit des Erdsystems untermauern. Es kann nicht länger als selbstverständlich angesehen werden, dass der Planet weiterhin in der Lage sein wird, das Wohlergehen und die Entwicklung der Menschen zu unterstützen.“ Dieses Zitat stammt vom International Science Council, dem Internationalen Wissenschaftsrat, und befindet sich im neuen UN-Bericht zum globalen Zustand der Böden. Die Ergebnisse des Berichts bilden die Grundlage für die Tagung der Konferenz der Vertragsparteien (COP15) des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD), die vom 9. bis 20. Mai 2022 in Abidjan, Côte d'Ivoire, stattfindet und deren Schwerpunkt eine zukunftssichere Landnutzung ist.

In dem UN-Bericht heißt es direkt am Anfang: „(…) die Art und Weise, wie wir natürlichen Ressourcen derzeit bewirtschaften und nutzen, bedroht die Gesundheit und den Fortbestand das Überleben vieler Arten auf der Erde, einschließlich unserer eigenen. Von den neun planetarischen Grenzen, die zur Definition eines „sicheren Handlungsraums für die Menschheit" verwendet werden, sind vier bereits überschritten: Klimawandel, Verlust der biologischen Vielfalt, Landnutzungsänderung und geochemische Zyklen. Diese Überschreitungen stehen in direktem Zusammenhang mit der vom Menschen verursachten Wüstenbildung, Bodenverschlechterung und Dürre. Wenn sich die derzeitigen Trends fortsetzen, wird das Risiko weit verbreiteter, abrupter oder unumkehrbaren Umweltveränderungen zunehmen. Etwa 44 Billionen US Dollar - mehr als die Hälfte des weltweiten jährlichen BIP – sind mäßig oder stark vom Naturkapital abhängig. Dennoch berücksichtigen Regierungen, Märkte und Gesellschaften selten den wahren Wert aller Leistungen der Natur, die die Gesundheit von Mensch und Umwelt unterstützen. Dazu gehören Klima- und Wasserregulierung, Krankheits- und Schädlingsbekämpfung, Abfallzersetzung und Luftreinigung sowie Erholungsmöglichkeiten und kulturelle Annehmlichkeiten.“

Der Bericht beschreibt, dass bereits 20 bis 40 % der Böden weltweit degradiert oder verwüstet sind. Der Bericht sagt auch, dass arme ländliche Gemeinden, Kleinbauern, Frauen, Jugendliche, indigene Völker und andere gefährdete Gruppen unverhältnismäßig stark von Wüstenbildung, Bodenverschlechterung und Dürre betroffen sind.

„Zu keinem anderen Zeitpunkt in der Geschichte war die Menschheit mit einer solchen Vielfalt an bekannten und unbekannten Risiken und Gefahren konfrontiert, die in einer hypervernetzten und sich rasch verändernden Welt zusammenwirken. Wir können es uns nicht leisten, das Ausmaß und die Auswirkungen dieser existenziellen Bedrohungen zu unterschätzen. Vielmehr müssen wir darauf hinarbeiten, alle Beteiligten zu motivieren und zu befähigen, über die bestehenden Entwicklungs- und Geschäftsmodelle zu gehen, um eine restaurative Agenda für Menschen, Natur und Klima zu aktivieren.“ Die Wiederherstellung von fruchtbarem Land sei dazu essentiell und dringend notwendig.

Ein „Weiter wie bisher“ sei keine Option für unser weiteres Überleben und unseren Wohlstand. Ein Zusammenhang sieht der Bericht auch mit der steigenden Weltbevölkerung, wodurch der Druck auf Wohnraum, Nahrung und andere wichtige Güter steige, und Böden an ihre Grenzen kommen.

„Wenn politischer Wille, kollektives Handeln und nachhaltige Investitionen zusammenkommen, können globale Krisen abgewendet oder zumindest minimiert werden. Das heutige Zusammentreffen sozialer, wirtschaftlicher, ökologischer und gesundheitlicher Notlagen bietet eine neue Reihe von Möglichkeiten, die Zukunft besser zu gestalten. Die COVID-19-Pandemie hat den Entscheidungsträgern zwar wertvolle Erkenntnisse und Lehren für Entscheidungsträger geliefert, gleichwohl hat sie weiterhin tiefgreifende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, die Lebensgrundlagen und die Weltwirtschaft. Mit dem Beginn der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen (2021-2030) ist es nun an der Zeit, unsere Investitionen in menschliches, soziales und natürliches Kapital neu zu positionieren, um eine kurzfristige wirtschaftliche Erholung und eine langfristige Planung und Umsetzung zu ermöglichen. So wie die COVID-19-Impfstoffe in beispiellosem Tempo und Umfang entwickelt, getestet und eingeführt wurden, so müssen auch die Wiederherstellung von Land und andere naturbasierte Lösungen eine gesunde und wohlhabende Zukunft haben.“

Auch finanziell sei die Investition in die Wiederherstellung gesunder Böden sinnvoll: Jeder Dollar, der in degradierte Böden gesteckt würde, bringe zwischen 7 und 40 US-Dollar wirtschaftlichen Nutzen. Für die Landwirtschaft schlägt der Bericht „regenerative Nahrungs- und Rohstoffproduktion“ vor. Dazu gehöre Agrarökologie und regenerative Praktiken, integriertes Boden- und Wassermanagement, Weidehaltung und Agroforst.