Sieben-Punkte-Plan für eine wirkungsvolle Tierwohlkennzeichnung

Anfang Juni hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ein Eckpunktepapier zur Einführung einer verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch vorgelegt. Im Laufe des Sommers sollen hierzu konkrete Rechtsvorschläge erarbeitet werden. Allerdings soll die Kennzeichnung vorerst nur für Schweinefrischfleisch gelten. Professor Achim Spiller, Dr. Sarah Kühl und Dr. Gesa Busch von der Universität Göttingen haben vor diesem Hintergrund und auch angesichts der ungelösten Fragen der Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung einen Sieben-Punkte-Plan erarbeitet, der dafür sorgen sollen, dass die geplante Kennzeichnung ein Erfolg wird und einen Beitrag zum Umbau der Tierhaltung liefert.  Die Vorschläge wurden jetzt gemeinsam mit Greenpeace vorgestellt.

„Ein verpflichtendes Label ist wichtig, kann aber allein nicht den notwendigen Transformationsprozess der Nutztierhaltung anschieben. Diese große gesellschaftliche Herausforderung lässt sich nur durch einen konsistenten Politik-Mix angehen – inklusive Genehmigungsfragen und Finanzierungslösungen", sagt Professor Spiller.
„Die Umsetzung der ‚Borchert-Lösung' droht zu scheitern, weil Teile der Ampel-Koalition (FDP) die Finanzierung über eine Fleischabgabe oder eine Änderung der Mehrwertsteuer ablehnen" sagt Martin Hofstetter, Landwirtschafts-Experte von Greenpeace. Darum müssen andere Finanzierungsquellen herangezogen werden. In dem Sieben-Punkte-Plan geht es deshalb darum, wie die Haltungskennzeichnung effektiv(er) umgesetzt werden könnte, um den finanziellen Beitrag der Konsument:innen zu erhöhen.

Die Göttinger Forscher:innen sowie Greenpeace schlagen dazu unter anderem vor:

  • Kurzfristig nicht nur das Schweinefrischfleisch, sondern alle tierischen Erzeugnisse und Sortimentsbereiche, also auch verarbeitetes Fleisch einzubinden. Und neben dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) müssten auch weitere Absatzkanäle (inkl. der Außer-Hausverpflegung) möglichst viele Produkte kennzeichnen. Dies erhöht Marktpräsenz und führt so zu einem höheren Bekanntheitsgrad des Labels.
  • Die Begriffe so zu wählen, dass die Menschen intuitiv eine Vorstellung davon haben, welche Tierhaltung hinter der Bezeichnung steckt.  Die Haltungsformkennzeichnung des Handels ist in dieser Hinsicht kein gutes Vorbild.
  • Eine starke Info-Kampagne im dreijährigen Einführungszeitraum durchzuführen, die mit einem hohen zweistelligen Millionenbetrag finanziert wird.
  • In der Kommunikation mit Verbraucher:innen, die oftmals wenig Wissen über Haltungssysteme haben, sollten geeignete repräsentative Bilder der Haltungsformen zur leichteren Verständlichkeit eingesetzt werden.
  • Die staatliche Haltungskennzeichnung mit der bisherigen Haltungsformkennzeichnung des Handels zu verbinden, so dass der LEH für Verbraucher:innen ein fünfstufiges, farblich codiertes Label anbieten und von den Lieferanten eine Zertifizierung einfordern kann.
  • Die häufig missbräuchliche Verwendung von Begriffen wie ‚artgerecht', ‚tiergerecht' oder ‚hohes Tierwohl' sollte gesetzlich unterbunden werden.
  • Durch eine engere Zusammenarbeit zwischen Politik, Tierschutz und Wirtschaft sollte Vertrauen in das System aufgebaut werden.
19.07.2022
Von: FebL/PM

Vorschlag zur Kennzeichnung: Die hier gezeigten Bilder sind laut Forscher:innen aktuell nur platzhaltende Beispiele. Entsprechende Bilder müssten sorgfältig ausgesucht werden, damit sie repräsentativ für die dahinterstehenden Betriebe der jeweiligen Haltungsform sind, und sollten mittels Expert:innen ausgewählt und validiert werden. Außerdem schlagen die Forcsher:innen die Verwendung von Ampelfarben wie beim Nutri-Score vor.