Regionale Schlachthofkonzentration erhöht Risiken der gesamten Schweinebranche

Dass die hohe Konzentration der Schlachthöfe – die großen 3 Tönnies, Westfleisch, Vion schlachten 60% der Schweine - ein Risiko für den gesamten Schweinemarkt darstellt, hat sich jetzt in Coronazeiten eindrücklich gezeigt. Die Schließung bzw. die anschließenden Einschränkungen der Kapazitäten nicht nur bei Europas größtem Schlachthof in Rheda- Wiedenbrück ließen einen „Schweinestau“ entstehen, der durch die Exportbegrenzungen nach Auftreten der ASP noch erheblich verschärft wurde. Immer noch drücken fast eine halbe Mio. Schweine, die schlachtreif sind. Aber auch die regionale Konzentration birgt große strukturelle Risiken für die gesamte Branche. So wurden in Nordrhein- Westfalen von Januar bis Oktober 2020 über eine Mio. Schweine weniger geschlachtet als im Jahr zuvor. Damit rutschte NRW mit 14 Mio. Schlachtungen hinter Niedersachsen mit fast 15 Mio.. Zusammen haben beide Bundesländer etwa zwei Drittel der 44,5 Mio. deutschen Schweine in diesem Zeitraum geschlachtet. Bundesweit reduzierte sich die Zahl laut Agra- Europe um 3,3%. Konzernentscheidungen schlagen durch
Wie sehr die einzelnen Bundesländer von den Interessen einzelner Konzerne abhängen, zeigt ein Blick in die Regionen. So liegt Sachsen- Anhalt wegen des dortigen Tönnies- Schlachthofs in Weißenfels an dritter Stelle mit 4,2 Mio. Schlachtungen vor Bayern und Baden- Württemberg mit je etwa 3,7 Mio. Noch stärker beeinflussen einzelne Konzernentscheidungen die Regionen. So verzeichnet Mecklenburg- Vorpommern nach der Schließung des Schweinestandorts Teterow durch Danish- Crown einen Einbruch um 88,6% auf nur noch 26.300 Schweine in 10 Monaten – das entspricht etwa 600 Schweine pro Woche in ganz MeckPom. Vor zwei Jahren waren es noch 409.000. In Thüringen ging das Schlachtaufkommen wegen der Aufgabe des Vion-Betriebes in Altenburg um 70% zurück auf noch 211.000 Schweine. Auch in Sachsen spitzt sich die Lage zu. Dort werden aktuell nur 75% der wöchentlich angemeldeten Mastschweine abgenommen. 3.000 Schweine pro Woche für den ganzen Freistaat entspricht etwa dem, was Tönnies in Rheda in 1,5 Stunden an den Haken bringt. Die Branche in Schleswig Holstein mit 960.000 Schlachtungen lebt fast allein vom Tönnies- Schlachthof in Kellinghusen. Regionale Schlachthöfe – aber wie?
Diese regionale Konzentration und die Abhängigkeit von einzelnen Konzernen ist aber nicht nur in Corona- oder ASP- Zeiten risikoreich. Es zeigt sich, dass sich auch die Schweinehaltung dort regional konzentriert. Ohne einen schlagkräftigen Schlachthof in der Nähe bricht die Erzeugungsstruktur zusammen. Der Rückgang der Schweinefleischproduktion ist in vielen Regionen auch damit zu erklären. Und eine Verringerung der Tiertransportzeiten würde dieses Problem noch vertiefen. Regionale Schlachthöfe wären folglich ein Gebot der Zeit. Einzelne Bundesländer versuchen mittelständische Strukturen zu unterstützen. Aber der Erfolg ist sehr überschaubar. Schließlich hat man über Jahrzehnte die Strukturen kaputtgespart. Tatsächlich konzentriert sich die Branche weiter – regional und einzelbetrieblich.
14.12.2020
Von: hg

Die großen Schlachthofkonzerne wie Tönnies (hier mit dem Tochterunternehmen Tillman's) und Westfleisch, hinter Marktführer Tönnies, auf der Jagd nach Marktanteilen. Foto: FebL