Bundeskabinett schickt Tierschutzgesetz jetzt doch ins parlamentarische Verfahren

Der Entwurf für ein neues Tierschutzgesetz ist nun – anders als in der letzten Woche zunächst zu erwarten - doch noch vom Bundeskabinett beschlossen und somit in das weitere parlamentarische Verfahren gegeben worden. Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir sieht mit dem Entwurf „umfassende Verbesserungen für den Tierschutz auf den Weg gebracht“. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) begrüßt insbesondere die verlängerte Übergangsfrist für die Betriebe, mahnt jedoch ergänzende marktpolitische Rahmenbedingungen an und zeigt sich verwundert über Maximalforderungen von Umwelt- und Tierschutzverbänden.

Mit dem Beschluss des Bundeskabinetts werden laut Bundeslandwirtschaftsministerium insbesondere Rechts- und Vollzugslücken im Bereich des Tierschutzes geschlossen. Dazu erklärt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir: „Tierschutz ist seit 20 Jahren im Grundgesetz als Staatsziel verankert. Die allermeisten Tierhalterinnen und Tierhalter in Deutschland werden ihrer Verantwortung gegenüber den Tieren gerecht. Doch noch immer gibt es beim Umgang mit und der Haltung von Tieren Defizite und deshalb leiden in Deutschland viele Tiere. Den Tierschutz zu verbessern hat für uns eine hohe Priorität, denn wir alle tragen Verantwortung für Tiere als fühlende Mitgeschöpfe. Mit dem Kabinettbeschluss haben wir umfassende Verbesserungen für den Tierschutz auf den Weg gebracht. Das ist die umfangreichste Überarbeitung des Tierschutzgesetzes seit vielen Jahren. Für mich ist ganz wichtig: Tieren in Deutschland geht es nach der Gesetzesänderung besser als vorher. Und das ist auch gut für alle, die Tiere halten. So will doch zum Beispiel kein Halter von Hund, Katze und Co., dass sein Haustier an Herzfehlern oder schmerzhaften Gelenkproblemen leidet, kaum atmen kann oder sogar früher stirbt.“

Die AbL zeigt sich erleichtert, dass in der Kabinettsfassung weiterhin die verlängerte Umbaufrist für Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung von jetzt zehn Jahren enthalten ist und diese auch für Hofnachfolger gilt. Sie waren im früheren Entwurf noch zum sofortigen Umbau verpflichtet. Mit dem notwendigen Umbau der Tierhaltung sieht die AbL die gesellschaftliche Akzeptanz der Tierhaltung verknüpft. Drohende Gerichtsurteile, wie etwa beim Verbot vom Kastenstand für Sauenhaltung müssten vermieden werden.

Elisabeth Waizenegger, Milchbäuerin aus dem Allgäu und im AbL-Bundesvorstand mahnt jedoch: „Es braucht aber marktpolitische Rahmenbedingungen, damit die Tierhalter perspektivisch die Erzeugungskosten und auch Zusatzkosten für mehr Tierwohl am Markt erwirtschaften können. Für einen zukunftstauglichen Umbau müssen nach Ansicht der AbL auch die Maßgaben der angekündigten verbindlichen Tierwohlkennzeichnung für die Rinderhaltung zügig vorgelegt werden.“

Dass die Umwelt- und Tierschutzverbände hier weiterhin Maximalforderungen stellen, in anderen Feldern aber klar für den Fortbestand der kleinen bäuerlichen Betriebe eintreten, verwundert die AbL. Weitere Verschärfungen würden aus dem Strukturwandel einen Strukturbruch machen und zu einem Abwandern der Tiere in immer größere Laufställe ohne Weidehaltung führen – mit all den negativen Folgen für Biodiversität, Landschaftsbild und die dörfliche Agrarstruktur.

Ausdrücklich weist die AbL noch einmal auf den folgenden Kritikpunkt hin: Die Kombinationshaltung soll laut Kabinettsfassung des Entwurfs unbefristet erlaubt bleiben, allerdings schließt die Definition weiterhin zu viele Betriebe aus. Anbindebetriebe müssen Zugang zu Weideland während der Weidezeit und mindestens zweimal in der Woche Zugang zu Freigelände bieten. Diese Kriterien entsprechen 1:1 der EU-Ökoverordnung und den Richtlinien zahlreicher Bioverbände für Kleinbetriebe. Elisabeth Waizenegger, Milchbäuerin aus dem Allgäu und im AbL-Bundesvorstand kommentiert: „Die Vorgaben sind die gleichen, aber Biobetriebe können mit höheren Erzeugerpreisen rechnen als die konventionellen Halter. Aufgrund der unterschiedlichen Erlössituation sollten Unterschiede bei den Standards erkennbar bleiben. Die AbL plädiert deshalb weiter dafür, dass für den Fortbestand möglichst vieler Höfe eines der beiden Kriterien „Weide oder Laufhof“ ausreichen soll, so wie dies auch in Österreich und der Schweiz der Fall ist“.

Zum Thema siehe auch die in dieser Woche erscheinende Unabhängige Bauernstimme.