Großes Interesse an kostengünstigen An- und Umbaulösungen für Anbindeställe

Großes Interesse gab es an dem AbL-Infoabend zum Thema „Kostengünstige An- und Umbaulösungen für Anbindeställe“. Rund 70 interessierte Teilnehmer:innen, vorwiegend Bäuerinnen und Bauern aber auch viele Vertreter:innen der Agrar,-Umwelt- und Tierschutzverbände, aus Politik und Behörden sowie die agrarpolitische Fachpresse waren am 9.11. online dabei.

Beim Überblick zum Stand des Umbaus der Tierhaltung wurde der BMEL-Prozess zum Tierhaltungskennzeichnungsgesetz mit den verpflichtenden 5 Stufen dargestellt, verbunden mit der Kritik, dass vor allem Haltungskriterien, aber kaum Tierwohlkriterien formuliert sind. Die angekündigten Kennzeichnungsregeln für die Rinderhaltung müssten zügig folgen und für alle Tierarten der gesamte Lebenszyklus sowie die Außer-Haus-Verpflegung/Gastroromie ergänzt werden. Die zunächst im Bundesprogramm vorgesehene Förderung für investive und laufende Kosten in Höhe von 1 Mrd. € müsse aufgestockt werden, vor allem wenn die Rinderhaltung hinzukomme. Bei den investiven Kosten seien Fördersätze bis zu 60 % geplant, bei den laufenden Mehrkosten die Sätze, die ab Stufe 3 ausbezahlt werden, noch in der Diskussion. Positiv bewertet die AbL den Vorschlag der nach Bestandsgrößen gestaffelten Fördersätze und Bestandsobergrenzen. Der Start ist ab Anfang nächsten Jahres nach Abschluss der Notifizierung durch die EU vorgesehen.

Anlass für den Infoabend war der Referentenentwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) vom Mai zur Änderung des Tierschutzgesetzes und den vorgesehenen Regelungen für Anbindehaltungen., in denen die „grundsätzliche Beendigung der Möglichkeit, Tiere angebunden oder anderweitig fixiert zu halten“ formuliert ist. Ausnahmen soll es nur geben für Betriebe mit höchstens 50 Rindern, wenn die Tiere zur Weidezeit Zugang zu Weideland und in der übrigen Zeit mindestens 2 x pro Woche Zugang zu Freigelände/Laufhof haben. Es soll eine Übergangsfrist von nur 5 Jahren gelten statt der genannten 10 Jahre im Koalitionsvertrag.

Einige Zahlen sollten die Tragweite der anstehenden Entscheidungen deutlich machen: Von den noch ca. 52.000 Milchviehbetriebe in Deutschland wirtschafte etwa knapp die Hälfte in Bayern. Davon betreibe die Hälfte, also etwa 12.000 Betriebe die Anbindehaltung, in Baden-Württemberg sind es ca. 3.000. Bundesweit sind noch ca. 11 Prozent der Milchkühe in Anbindung mit stark abnehmender Tendenz (davon etwa 8 % ganzjährig und 3 % saisonal).

Die „Kuhfladentoleranz“ erhöhen

Zwischen 2010 und 2020 hat sich die Zahl der Milchviehhalter um 40 % reduziert. Damit ein weiterer Strukturbruch vermieden wird, braucht es praxisgerechte Vorgaben und Umbauwege für Anbindebetriebe. Denn aus AbL-Sicht braucht es für eine tiergerechte Landwirtschaft viele Höfe in der Fläche, kurze Tiertransportwege, die Möglichkeit für den Verbleib von Bruderkälbern und Rindermast in der Region.

Es müsse klar unterschieden werden zwischen ganzjähriger Anbindung und der Kombinationshaltung mit regelmäßigen Bewegungsmöglichkeiten z.B. in einem Laufhof oder, wenn betrieblich möglich, mit Sommerweide. Diese temporären Anbindehaltungen sollten weiterhin praktiziert werden dürfen und zwar in einer Größenordnung von „bis zu 50 angebundenen Rindern“, nicht nur wie vorgesehen „bis 50 Rinder“.

Die Verpflichtung zum Weidegang würde dagegen für den Großteil der Anbindebetriebe das Aus bedeuten. Denn im Bundesdurchschnitt böten 32 % der Betriebe Weidegang an, in Bayern seien es nur 19 %. Dabei liege dies nicht nur an der räumlichen Situation wie weit entfernter Flächen vom Hof in der Ortslage, sondern auch an gesellschaftlichen Entwicklungen, die die Landwirte nicht zu verantworten haben. So etwa die starke Zunahme von Verkehr, Verkehrswegen und der Siedlungsentwicklung in den Ortsrandlagen. Auch die Geduld der Autofahrer, hinter einer Kuhherde herzufahren und die „Kuhfladentoleranz“ könnten ausgeprägter sein.

Ganzjährige Anbindehaltung muss auslaufen

Gleichwohl stehe für die AbL außer Frage, dass eine ganzjährige Anbindehaltung den Ansprüchen der Tiere nach Auslebung arteigener Verhaltensweisen nicht gerecht wird. Sie muss nach einer struktur- und sozialverträglichen Übergangsfrist von ca. 10 Jahren plus Härtefallregelungen tatsächlich auslaufen.

Der Bauernverband schlägt in seiner aktuellen Unterschriftenaktion zur Anbindehaltung „Rettet Berta“ vor, dass auch Strohbuchten innerhalb des Stalls ausreichen sollen. Die AbL bezweifelt, dass eine Lösung ohne jedes Außenklima mehrheitsfähig sein wird.

Ein Hauptgrund, dass Betriebe noch nicht umgebaut haben, liegt an fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven, auch wenn ein Hofnachfolger vorhanden ist. Die Milcherzeugerpeise sind seit vielen Jahren – mit Ausnahme 2022 – nicht kostendeckend. Die Politik hat es bisher versäumt, Marktrahmenbedingungen zu schaffen, um die Produktionsmenge an die Nachfrage anzupassen und den Höfen mehr Verhandlungsmacht zur Durchsetzung höherer Preise zu geben.

So legte der Hauptreferent Konrad Knoll, Bauberater am Amt für Landwirtschaft Holzkirchen, in seiner Vorstellung der vielfältigen An- und Umbaulösungen für Anbindeställe einen Schwerpunkt auf kostengünstige Lösungen. Auch Verbesserungen für das Tierwohl und die Arbeitswirtschaft in bestehenden Anbindeställen wurden gezeigt. Für die größtmögliche Bewegungsfreiheit können alle seitlichen Abtrennungen entfernt und die Kühe an einer äußerst beweglichen Kette an einem gespannten Band angebunden sein. Für den Liegekomfort zeigt er eine 25 cm dicke Kalk-Stroh- oder Stroh-Mist-Matratze, für die der Betonboden entfernt und die Standlänge vergrößert wurde. Die Bandbreite der vorgestellten Umbaulösungen reichte von größeren Lösungen bis zu kleinen Fress- oder Liegehallen mit vorgelagertem Laufhof, wo bei Verwendung von natürlichen Materialien und Eigenleistung die Kosten auf 5.000 € pro Kuhplatz begrenzt werden können.

Für die Erleichterung des Weidegangs bei weiter entfernten Flächen zeigte er ein Beispiel für einen Sommerstall und einen fahrbaren Reihen-Melkstand, mit dem die Kühe den ganzen Sommer auf der Weide bleiben.

Laufen im Laufstall überbewertet

Bemerkenswert waren auch die Forschungsergebnisse von Dr. Barbara Benz von der Uni Nürtingen, welche die Risikobereiche im Tagesverlauf einer Kuh zeigen. Demnach verbringt die Kuh nur 3 % des Tages mit Laufen, 14 % mit Stehen, 25 % im Fressbereich und 50 % mit Liegen. Die Möglichkeit des Laufens im Laufstall wird demnach also überbewertet.

Bayern und Baden-Württemberg fördern die erstmalige Umstellung auf Laufstallhaltung mit 40 %, in Bayern kommt noch das niedrigschwellige Bayerische Sonderprogramm hinzu (BaySL) Trotz gut ausgestatteter Fördertöpfe haben in Bayern in den letzten drei Jahren nur insgesamt knapp 500 Betriebe diese Förderung in Anspruch genommen.

Andreas Heigl, konventioneller Milchviehhalter und Hofnachfolger aus Miltach in der Oberpfalz, zeigte die baulichen Schritte vom Umbau des Anbindestalls mit 58 Kühen in einen großzügigen Laufstall mit Melkroboter für 80 Milchkühe. Trotz Einbindung alter Stallteile lagen die Kosten pro Tierplatz im Jahr 2018 bei 9.400 €. Die Tierarztkosten seien schon im alten Anbindestall niedrig gewesen und hätten sich mit dem neuen Stall nicht verändert. Die Klauengesundheit könne bei regelmäßiger Pflege in beiden Stallformen gesichert werden. Anlass für den Umbau war ganz klar, mit der Erhöhung des Tierwohls und der artgerechten Haltung den Hof zukunftsfest aufzustellen. Wichtig war es ihnen auch, die eigene Arbeitsqualität zu erhöhen und körperliche Belastungen zu reduzieren. Klar solle aber auch sein, dass die freiwerdende Zeit durch die technischen Erleichterungen dann in die Datenauswertung und Tierbeobachtung investiert werden müsse.

Andrea Eiter, AbL-Projekt Umbau der Milchviehhaltung

14.11.2023
Von: Andrea Eiter

Durch einen neuen Anbau ergänzter Anbindestall. Foto: Konrad Knoll