BMEL legt Entwurf zum Tierschutzgesetz mit Verbot der Anbindehaltung vor

Anfang Februar hat das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) einen Referentenentwurf zur Novellierung des Tierschutzgesetzes vorgelegt. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) zeigt sich enttäuscht und sieht mit Blick auf die Regelungen zur Anbindehaltung einen drohenden Strukturbruch in der Milchviehhaltung mit dem Entwurf nicht ausgeräumt. Enttäuscht zeigt sich auch der Tierschutzbund, während die Tierschutzorganisation ProVieh den Entwurf begrüßt. Beide Organisationen sehen jedoch noch deutlichen Handlungsbedarf. Unterdessen ist Bayern im Bundesrat mit einem Antrag gegen ein generelles Verbot der Anbindehaltung gescheitert.

„Die AbL ist enttäuscht, dass die Sorgen zum drohenden Strukturbruch, vor allem in den südlichen Bundesländern, keinen Eingang in den neuen Entwurf gefunden haben“, erklärt Andrea Eiter vom AbL-Projekt „Umbau der Milchviehhaltung“. Die Übergangsfrist für ganzjährige Anbindehalter von 5 Jahren sei weiterhin deutlich zu kurz und die Definition der Kombihaltung mit Verpflichtung zu Weide und Zugang zu Freigelände 2 x pro Woche berge hohe Hürden für Betriebe in der Ortslage, die auch bisher schon keine praktikable Möglichkeit zum Austrieb hatten.
„In unseren Nachbarländern Österreich und Schweiz wird die Bewegung im Laufhof als ausreichend erachtet: 90 Tage im Jahr die Möglichkeit zu einem Auslauf oder Weidegang, in der Schweiz darf kein Tier länger als 2 Wochen angebunden sein. Die AbL wird sich mit einer differenzierten Stellungnahme in die Verbändeanhörung einbringen“, so Andrea Eiter.

Tierschutzbund: Viel versprochen, wenig geliefert

Der Tierschutzbund ist ebenfalls enttäuscht über den Referentenentwurf. Die Versprechen im Koalitionsvertrag seien in großen Teilen nicht umgesetzt worden. Mehr Tierschutz sei lediglich für wenige Bereiche vorgesehen – und auch da nur ungenügend, kritisiert der Verband. Darüber hinaus sei der Entwurf bisher nicht einmal innerhalb der Bundesregierung geeint.

„Versprochen wurde viel, geliefert aber wenig. Im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Regierung vereinbart, Lücken im Tierschutzrecht zu schließen. Es scheint jedoch, dass die FDP zu Lasten der Tiere eingegriffen hat und sich Cem Özdemir im Kabinett nicht durchsetzen konnte. Die minimalen Verbesserungen sind kein Grund für Jubel. Das Bundesministerium und die Koalitionsfraktionen müssen den Entwurf dringend nachbessern, um die im Koalitionsvertrag versprochenen Verbesserungen im Tierschutz umzusetzen. Wenn das Tierschutzgesetz so verabschiedet würde, bliebe es ein im Kern auf den Nutzen des Tieres durch den Menschen ausgerichtetes Gesetz – unvereinbar mit dem Staatsziel Tierschutz“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Das im Koalitionsvertrag versprochene Verbot der tierschutzwidrigen Anbindehaltung von Rindern werde nicht umgesetzt: Die saisonale Anbindehaltung, bei der die Tiere den überwiegenden Teil des Jahres angebunden bleiben können, bleibe grundsätzlich möglich. Lücken im bisherigen Tierschutzgesetz, die beispielsweise schmerzhafte Amputationen bei Tieren als Ausnahmen zulassen, blieben bestehen: Das Schwanzkupieren bei Schweinen sowie das Schnabelkürzen bei Legehennen und Puten werden im Entwurf nicht verboten, Lämmer und Zicklein dürfen weiterhin betäubungslos kastriert werden und für jagdlich geführte Hunde soll auch zukünftig eine Ausnahme vom Kupierverbot gelten, so der Tierschutzbund. Unakzeptabel ist aus Sicht des Tierschutzbundes auch, dass die begrüßenswerte Videoüberwachung in Schlachthöfe nicht für kleine Betriebe gelten soll – obwohl es dort erfahrungsgemäß die meisten Missstände gebe.

ProVieh: Deutlicher Fortschritt

Aus Sicht von ProVieh ist der Vorschlag ein deutlicher Fortschritt für das Tierwohl in der Landwirtschaft. Dennoch müsse an zahlreichen Punkten nachgebessert werden. „Anbindehaltung, Verstümmelungen, Qualzucht: Das bestehende Tierschutzgesetz Deutschlands muss grundlegend erweitert und angepasst werden, damit diese unsäglichen Zustände für die Tiere in der Landwirtschaft beendet werden. Der Referentenentwurf muss an vielen Stellen noch deutlich verbessert werden, um den Grundstein für den Umbau der Nutztierhaltung zu legen. ProVieh fordert, legalisierte Tierqual endlich zu beenden“, kommentiert Anne Hamester, Geschäftsführerin von ProVieh.

Ein „Ende der legalisierten Tierqual“ bedeutet der Gesetzentwurf nach Ansicht von ProVieh nicht. Dafür müsse er noch deutlich verbessert werden. Es gebe noch zahlreiche Ausnahmeregelungen und Schlupflöcher. Die Tierschutzorganisation appelliert daher an Bundesregierung und Bundestag, den vorliegenden Vorschlag zur Überarbeitung des Tierschutzgesetzes nicht bloß zu unterstützen, sondern im Sinne der 700 Millionen jährlich in Deutschland gehaltenen Nutztiere weiterzuentwickeln.

Der Vorschlag zur Überarbeitung sieht dringend notwendige Anpassungen vor: Die Anbindehaltung soll beendet werden. Ebenso will man Amputationen wie das Ringelschwanzkupieren weitgehend begrenzen. Auch die als Qualzucht zu bewertende Genetik soll anhand von Merkmalen identifizierbar und verboten werden. Diese Anpassungen bewertet ProVieh als wegweisende Verbesserungen.

„Der Umbau der Nutztierhaltung muss mit deutlich verbesserten Mindeststandards im Tierschutzgesetz und einer umfassenden Unterstützung für die Höfe endlich eine Nutztierhaltung im Sinne der Tiere und der Bäuerinnen und Bauern hervorbringen. Es liegt nun an Bundesregierung und Bundestag, sich für diese von Grundgesetz und Gesellschaft geforderte Transformation einzusetzen“, appelliert ProViehs Geschäftsführerin Anne Hamester abschließend an die Politik.

Bayern: Kein generelles Verbot der Anbindehaltung

Bayern ist im Bundesrat mit seinem Antrag gegen ein generelles Verbot der Anbindehaltung von Milchkühen gescheitert. Der vom Freistaat eingebrachte Entschließungsantrag bekam in der Plenarsitzung des Bundesrats keine Mehrheit. „Dass die ganzjährige Anbindehaltung ein Auslaufmodell ist, wissen die bayerischen Landwirtinnen und Landwirte. Dass sie die Zeichen der Zeit ernst nehmen, lässt sich dran ablesen, dass im Freistaat die Zahl der Anbindeplätze in den vergangenen zehn Jahren um rund 60 Prozent gesunken ist. Aber aus verschiedensten Gründen lässt sich nicht immer und nicht überall ein Um- oder Neubau eines Stalles bewerkstelligen. Insofern lehne ich ein Verbot strikt ab“, hatte Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) mit Blick auf den Antrag erklärt. „Sollte ein Verbot, wie im Gesetzesentwurf vorgeschlagen, kommen, sind nicht nur betriebliche Existenzen gefährdet, sondern auch unsere wertvolle Kulturlandschaft. Denn gerade Betriebe, die Vieh im Sommer auf Weiden halten, sind prägend für die grünlanddominierte Landschaft – insbesondere auf den Almen und Alpen und in den Mittelgebirgsregionen und sie prägen ein Landschaftsbild, für das Bayern bekannt und allseits beliebt ist. Und wir würden auch der Biodiversität schaden. Denn oft sind es gerade diese kleinen Betriebe, die besonders wertvolle Flächen in Steillagen oder Moorgebieten pflegen und erhalten und somit eine wichtige Rolle beim Erhalt der Biodiversität spielen“, so die Ministerin.

 

08.02.2024
Von: FebL/PM

BMEL legt Entwurf zur Novelliertung des Tierschutzgesetzes mit unter anderem umstrittenen Regelungen zur Anbindehaltung vor. Foto: Hans/Pixabay