"Agroforst ist eines unserer wichtigsten Instrumente, um die Landwirtschaft und die Landschaft auf die Anforderungen des Klimawandels vorzubereiten“, betont Andrea Vogel, Sprecherin des AbL-Arbeitskreises Agroforst und landwirtschaftliche Gehölzstrukturen, und widerspricht damit der Forderung unionsgeführter Agrarministerien nach Abschaffung der Öko-Regelung 3, die Agroforstsysteme fördert, und dabei als Grund eine „geringe Nachfrage“ der Maßnahme nennen. Das Infragestellen der Öko-Regelung 3 ist aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und der BaumLand-Kampagne nicht sinnvoll. Vogel warnt davor, diese Maßnahme weiter zu schwächen oder gar zu streichen, da Agroforst nicht nur eine entscheidende Rolle beim Klimaschutz und der Anpassung an extreme Wetterereignisse spielt. Agroforstsysteme entlasten den unter Klima-Stress stehenden Wald von der Wertholzproduktion und sind für eine vielfältigere Nahrungsmittelproduktion unerlässlich. Viele Betriebe hätten die Förderung nicht beantragt, weil die Ausgestaltung der Öko-Regelung 3 praxisfern und die Förderung unzureichend sei, erklärt Andrea Vogel. Dies bestätigt die Umfrage unter knapp 150 landwirtschaftlichen Betrieben, die der Arbeitskreis vor Kurzem durchführte. „Die bisher geringe Nachfrage nach der schlecht gestalteten Ökoregelung 3 jetzt als Argument für ihre Abschaffung zu nehmen, ist nicht nur zynisch, sondern auch äußerst kurzsichtig", meint Vogel. Vielmehr wäre eine praxisnahe Anpassung notwendig.
Agroforst als Antwort auf Klimaveränderungen
Agroforstsysteme, bei denen Bäume auf landwirtschaftlich genutzten Flächen gepflanzt werden, sind nach Ansicht von Experten:innen unerlässlich, um der Klimakrise zu begegnen. Sie bieten nicht nur Schutz vor Erosion, sondern erhöhen auch die Widerstandsfähigkeit landwirtschaftlicher Flächen gegenüber Trockenheit und Starkregen. Der Weltklimarat sieht Agroforst als Schlüssel, um die Nahrungsmittelproduktion an die neuen klimatischen Bedingungen anzupassen. Leon Schleep, Agroforst-Beauftragter bei der BaumLand-Kampagne, verdeutlicht: „Agroforst ist für landwirtschaftliche Betriebe ein Werkzeug, um eigenständig Anpassungsstrategien an die Folgen des Klimawandels umzusetzen.“
Laut oben genannter Umfrage der AbL ist das Interesse der Landwirt:innen an Agroforst trotz derzeit unklarer Regelungen und fehlender Förderung groß. Besonders hervorzuheben ist, dass die Förderung der Biodiversität sowohl von konventionellen als auch Biolandwirt:innen als wichtigste Funktion von Agroforstsystemen angesehen wird. Auch der Windschutz und die Verbesserung des Mikroklimas für Tiere und Pflanzen sind für die Befragten von großer Bedeutung.
Hindernisse und Lösungsansätze
Die Befragung zeigte aber auch, dass die derzeitigen Regelungen die Akzeptanz von Agroforstsystemen erschweren. Die größten Hindernisse sind ein kompliziertes Antragsverfahren und Abstandsregelungen, die in einigen Regionen nicht umsetzbar sind. Hinzu kommen unzureichende und wenig zielgerichtete Fördermaßnahmen. Viele Landwirt:innen fordern eine vereinfachte Antragstellung und eine gestaffelte Beibehaltungsförderung. Zudem ist eine angepasste Investitionsförderung notwendig, um den unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Agroforstsysteme gerecht zu werden. „Agroforst ist noch Neuland in Deutschland. Deshalb braucht es Zeit, Erfahrungen zu sammeln und das System in der Landwirtschaft zu etablieren. Eine Weiterentwicklung der Öko-Regelung 3 ist notwendig, um den Anforderungen des Klimawandels gerecht zu werden. Und Agroforst bietet eine umfassende und nachhaltige Lösung dafür“, unterstreicht die Sprecherin der AbL-Arbeitsgruppe Agroforst.
Dringender Handlungsbedarf
Die Ergebnisse der Umfrage und die Forderungen aus der Landwirtschaft verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf. Statt die Öko-Regelung 3 zu streichen, brauchen Landwirt:innen eine praxisnahe und zielgerichtete Förderung. Diese sollte ihnen ermöglichen, Agroforstsysteme umzusetzen und langfristig zu erhalten. Die Zukunft der Öko-Regelung 3 ist entscheidend für die Anpassungsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft an den Klimawandel.
Über die BaumLand-Kampagne
Die BaumLand-Kampagne setzt sich dafür ein, Streuobst, Feldhecken, Agroforstsysteme und Alleen wieder fest in die Landwirtschaft zu integrieren. Seit Januar 2023 bringt die Kampagne des Fördervereins der AbL Mitteldeutschland Landwirt:innen, Politik und andere Akteure auf Landes- und Bundesebene an einen Tisch. Sie entwickeln Lösungen, wie Landwirt:innen Gehölze anlegen, pflegen und nutzen können – und dafür fair bezahlt werden. Dies entspricht dem Motto der Kampagne: „fördern, pflanzen, nutzen“. Ziel ist es, attraktive Förderprogramme zu schaffen, die langfristig finanziert, praxistauglich gestaltet und wirtschaftlich sinnvoll für die Landwirt:innen sind, sodass eine nachhaltige Nutzung von Feldgehölzen ermöglicht wird.