Ein breites Bündnis von Agrarexpert:innen und Berater:innen hat das Positionspapier „Agroforst Jetzt!“ vorgestellt, in dem die Notwendigkeit und Dringlichkeit der Implementierung von Agroforstsystemen in Deutschland betont wird. Agroforstsysteme (kurz auch “Agroforst” bezeichnet) sind eine multifunktionale Landnutzungsform, bei der Gehölze in Kombination mit landwirtschaftlichen Kulturen und / oder mit der Haltung von Nutztieren angebaut werden.
Das Papier unterstreicht das riesige Potenzial von Agroforst für den Klimaschutz, die dringend notwendige Steigerung der Biodiversität und die Verbesserung landwirtschaftlicher Bedingungen. Es liefert praxisorientierte Hinweise für Regierungen und Verwaltungsorgane zur Stärkung von Agroforst und skizziert erfolgsentscheidende Gestaltungsprinzipien.
„Die Regierenden werden nicht müde zu bekunden, dass sie eine produktive und zugleich klimaschonende, klimaangepasste und biodiverse Landwirtschaft anstreben. Wenn dies nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben sollen, müssen die Bauern jetzt bei der Anlage und Bewirtschaftung von Agroforstsystemen unterstützt werden. Kürzungen im Agrarhaushalt, die erste Ansätze für eine finanzielle Förderung der Anlage von Agroforstsystemen zunichtemachen, sind hierbei absolut kontraproduktiv. Sie bremsen nicht nur die Umsetzung von Agroforstsystemen, sondern begünstigen langfristig auch eine instabile Nahrungsmittelversorgung und volkswirtschaftliche Mehrbelastung”, erklärt Christian Böhm, Vorstandsvorsitzender Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF), ein Mitglied des Bündnisses.
Das Positionspapier gibt es unter der Website www.agroforst.jetzt zum Herunterladen. Außerdem werden im Rahmen dieser Website weitere Ideen gesammelt und Unterstützer:innen zusammengetragen.
In der aktuell angespannten Haushaltsdebatte, die laut einer Mitteilung des Bündnisses momentan zu Ungunsten von Landwirt:innen ausfällt, wollen die Expert:innen aufzeigen, wo und wie eine transformative Unterstützungsleistung aufgebaut werden kann, um eine resiliente Nahrungsmittelversorgung, pragmatische Klimatransformation und wirtschaftliche Stärkung landwirtschaftliche Betriebe gleichzeitig zu ermöglichen.
„Im Sinne der Förderung des Gemeinwohls, der Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise und der Stärkung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft ist es allerhöchste Zeit, dass Politik und Verwaltung die Beschlüsse von Bundestag (Drucksache 19/24389) und Bundesrat (Drucksache 420/21) nun endlich konsequent in die Tat umsetzen, um die Agroforstwirtschaft zu stärken. Insbesondere das grün geführte Bundesagrar- und Bundesumweltministerium sollten diesem Handlungsauftrag nun gerecht werden, ihre Handlungsmöglichkeiten gemeinsam nutzen, Synergien stärken und ihren politischen Gestaltungswillen zur Förderung einer vielfältig geprägten Agroforstwirtschaft spürbaren Ausdruck verleihen“, sagt Daniel Fischer, Sprecher des bundesweiten Arbeitskreises Agroforstwirtschaft bei der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).
Das Dokument wurde gemeinsam von Autor:innen verschiedener Organisationen erarbeitet und stellt einen entscheidenden Schritt zur Skalierung von Agroforst in Deutschland dar. Das Bündnis sieht dieses Papier als Startpunkt und sucht nun aktiv nach weiteren Unterstützer:innen. Das Ziel: 2024 soll ein Jahr der Agroforstwirtschaft werden, damit ein positiver Startimpuls und Entwicklungsschub auch für die darauffolgenden Jahre gesetzt wird.
“Die Bundesregierung hat in ihrem Strategieplan für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU bereits 200.000 Hektar Agroforstflächen als Ziel für 2026 fixiert, von denen erst magere 51 Hektar in 2023 erreicht wurden. Damit die Landwirtschaft ihre Klimaziele nicht reißt, muss diese Zielgröße umgesetzt werden. Lebensmittelproduktion wird nie klimaneutral werden können. Mehr Bäume auf den Feldern haben jedoch das Zeug zum Game Changer für eine klima- und umweltfreundliche Agrarwende sowie Ertragsstabilität und Ernährungssicherheit”, kommentiert Jana Werner, Referentin für Agrarpolitik vom Biokreis und Teil der AG Politik beim Bio-Dachverband Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Und Philipp Burckhardt, Mission Lead bei Farm-Food-Climate, ProjectTogether gGmbH, erklärt: „Für eine landwirtschaftliche Transformative müssen wir alle Akteure zusammen ins Handeln bringen. Agroforst hat das Potenzial, eine Maßnahme zu sein, die politische und ideologische Gräben überwindet und einen erheblichen Beitrag zur Klimaanpassung leisten kann-“
Die Unterzeichnenden appellieren an Entscheidungsträger:innen, Agroforst als Schlüsselelement in der Agrar- und Umweltpolitik zu etablieren und damit den Weg für eine ressourcenschonendere und resilientere Zukunft zu ebnen.
„Zukunftsfähige Landwirtschaft braucht Gehölze. Sie sind die beste Antwort auf die Biodiversitäts- und Klimakrise. Unter dem Motto “fördern, nutzen, pflanzen” müssen die politischen Weichen für mehr Agroforst jetzt gestellt werden”, fordert Malin Tiebel, Koordinatorin der BaumLand-Kampagne des Fördervereins der AbL e.V. (FAbL).