Marktbeobachtungen von Hugo Gödde +++ Anfang des Jahres war die Milchwelt noch weitgehend in Ordnung. Alle Marktexperten waren sich einig, dass 2025 ein gutes Jahr für die Beteiligten wird. Die fundamentalen Daten deuteten auf einen stabilen Markt. Trotz Sorge, ob der Verbraucher bei den erhöhten Preisen mitspiele, war die Stimmung am Markt nicht euphorisch, aber auch nicht schlecht. Selbst der hohe Butterpreis, ein Kernelement der Preisbildung, konnte sich am Markt (fast) behaupten.
Stabile Daten
An der grundlegenden Faktenlage hat sich bis heute nichts verändert. Ein wichtiger Faktor, die Marktversorgung, die in der Vergangenheit immer den Druck auf den Preis ausübte, spricht weiterhin für die Bäuerinnen und Bauern. Die Milchanlieferung liegt ca. 2% unter dem Vorjahr, d.h. die Milch ist knapp und wird gesucht. Im letzten Jahr ist die Kuhzahl um 3,3% gesunken, die fehlende Menge konnte durch die erhöhte Leistung pro Kuh nicht ausgeglichen werden.
Die Nachfrage ist kontinuierlich und trotz Inflation relativ störungsfrei. Die Preise am Weltmarkt und im Großhandel bleiben stabil. Selbst der gefürchtete Absturz des hohen Butterpreises nach Weihnachten blieb aus. Der Rohstoffwert aus Fett (Butter) und Eiweiß (Milchpulver) ist zwar leicht gesunken, aber noch über 50 ct/kg. Der Erzeugerpreis ist seit November konstant bei 52-53 ct/kg. Für die Bauern liegt er laut Milch Marker Index damit 6% unter Kosten, aber immerhin 8 ct/kg über Vorjahr.
Unruhe kommt bei Molkereien auf
Also alles Paletti wie vorausgesagt? Tatsächlich ist zuletzt Unruhe aufgekommen. Sorgen bereitet aktuell der Spotmarkt, auf dem die Molkereien untereinander Milch handeln. Hier ist der Preis auf ca. 45 ct/kg abgestürzt, deutlich unter Milchwert – sowohl im Norden wie im Süden. Marktkenner spekulieren, ob es sich nur um einen vorübergehenden Rückgang handelt.
Die Unsicherheit kommt eher von den Rahmenbedingungen und ist besonders bei den Molkereien zu spüren. „Es gab wohl noch nie so viele Einflüsse auf das Molkereigeschäft, welche nicht unmittelbar mit Milch zu tun haben“, schreibt die Süddeutsche Butter- und Käsebörse Anfang April.
Rahmenbedingungen bringen Unsicherheit
Unklar ist der Einfluss der Blauzungenkrankheit, die nach wie vor in vielen Herden steckt und die sich auf geringere Geburtenzahlen und später auf die Milcherzeugung auswirkt. Dadurch dürfte die Milchmenge nicht steigen. Für die Molkereien wird aber der Kampf um die Milchmenge (regional?) härter. Zudem sind die Auswirkungen der Maul- und Klauenseuche (MKS) nicht absehbar, sollte sie sich von Osteuropa (über Österreich) ausbreiten. Allein ein einzelner Fall in Brandenburg hatte die stark international und exportorientierte Milchbranche in Aufruhr versetzt. Nicht zuletzt versetzt die eratische Trumpsche Zollpolitik die Milchwirtschaft in Entsetzen. Das gilt sicherlich weniger für die deutschen als die EU-Milchexporte nach USA, aber hat natürlich Rückwirkungen auf Deutschland. Milchprodukte, vor allem Käse, liegen beim Export in die USA in der Spitzengruppe der EU-Lebensmittelausfuhren.
Megadeal – Arla übernimmt DMK
Dazu kommt für die Molkereiwirtschaft noch die Ungewissheit, wie sich die Gigantenhochzeit vom dänisch-schwedischen Konzern Arla mit der deutschen DMK auswirkt. Die Übernahme – wenn sie vom Kartellamt genehmigt wird – soll zwar erst Ende des Jahres stehen, wirft aber sicherlich ihre Schatten voraus. Denn mit dem Zusammenschluss unter dem Namen Arla entsteht die mit großem Abstand größte Molkerei in Deutschland und die Nr. 7 in der Welt. Dass die „neue“ Molkereigenossenschaft – wenn man sie überhaupt noch als Genossenschaft bezeichnen darf - das Wettbewerbskarussell in Bewegung bringt, ist absehbar und unter Marktexperten unstrittig. Die Strukturen besonders im Norden und Westen werden sich verschieben und vereinheitlichen. Milcherzeuger fürchten zu Recht, dass die Wahlmöglichkeiten für ihre Milchlieferungen immer enger werden. Und dass sich diese Konzentration und Zentralisation positiv auf den Milchpreis auszahlen wird, wie es von den Fusionsbetreibern versprochen wird, muss erst noch bewiesen werden. Viele Zusammenschlüsse in der Vergangenheit konnten das nicht belegen.
Bio- Milchpreis steigt (zu) langsam
Bessere Aussichten von einer allerdings niedrigen Ausgangslage hat aktuell der Bio-Milchpreis. Er stieg in den letzten Monaten kontinuierlich an, um 6 Cent seit September. Damit wuchs die Differenz zum konventionellen Produkt wieder auf 10 ct/kg, blieb aber immer noch um ca. 6 ct/kg unter dem kostenorientierten Preis von 69,7 ct/kg der Bioverbände. Die leicht steigende, aber noch knappe Vermarktungsmenge ist weniger weltmarktabhängig und mehr auf den heimischen Markt ausgerichtet, der sich „in guter Verfassung“ darstellt. Biomarktkenner erwarten weiter steigende Preise, auch ein neuer Rekordpreis ist Ende des Jahres möglich.
Der Marktbeobachter sieht den Milchmarkt durch die reduzierten Mengenlieferungen noch gut aufgestellt, auch wenn von den Rahmenbedingungen kalte Winde drohen könnten. Er stellt fest, dass die Erzeuger- und Lieferbedingungen immer häufiger und länger von Seuchen- und Krankheitszügen begleitet und beeinträchtigt werden. ASP bei Schweinen, MKS sowie Blauzunge bei Rindern und die Vogelgrippe bei Geflügel werden zum Produktionsfaktor. Und wenn sich erst die Unbilden des Klimawandels tatkräftig niederschlagen, haben wir demnächst eine ganz andere Marktlandschaft.
