Kükentöten: TVT fordert verbindliches Ausstiegsdatum und Zweinutzungshühner
Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) fordert ein verbindliches Ausstiegsdatum und den Einsatz von Zweinutzungshühnern. Laut Bundesverwaltungsgericht ist das Töten männlicher Küken aus Legelinien weiterhin solange zulässig bis Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei zur Verfügung stehen. Gleichzeitig hat das Gericht festgestellt, dass das wirtschaftliche Interesse an speziell auf eine hohe Legeleistung gezüchteten Hennen kein vernünftiger Grund entsprechend des Tierschutzgesetzes für das Töten der männlichen Küken aus diesen Zuchtlinien sei. Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz begrüßt diese Feststellung und damit den Ausstieg aus der Kükentötung, bedauert aber, dass dafür kein konkretes Datum vorgegeben wird. Die Vereinigung fordert einen zügigen, schrittweisen, rechtlich bindenden Ausstieg bis Anfang 2023, verbunden mit der vermehrten Ausrichtung auf Zweinutzungshühner – im Gegensatz zu der heute üblichen Trennung von Legehennen und Masttieren.
Aktuell werden laut TVT in Deutschland jährlich rund 54 Millionen männliche Eintagsküken getötet. Die Ursache dafür ist die bislang gewollte Trennung der Zuchtlinien auf Extremleistung, in diesem Fall auf die Legeleistung der Hennen. Anders als Hühnerarten, die auf Muskelwachstum gezüchtet sind, „lohnt“ sich die Aufzucht der Hähne der Legerassen aktuell für die Landwirte nicht, da sie keine Eier produzieren und auch ein langsames Muskelwachstum und ein verhältnismäßig geringeres Endgewicht haben. Die Zucht auf extreme Leistungen führe aber auch zu negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere. So zeigten die Lege-Hennen, die innerhalb eines Jahres ca. 320 Eier legen, vermehrt Entzündungen des Legedarms und Deformationen des Brustbeines. Die Hühner hingegen, die auf extremen Muskelansatz gezüchtet sind, leiden eher unter Lahmheiten und Druckgeschwüren.
Die TVT verweist darauf, dass einige Landwirte bereits mit einer Übergangslösung reagiert haben, um das Kükentöten zu vermeiden: Trotz der geringen Mastleistung werden die männlichen Küken der Legerassen mitaufgezogen, finanziert wird dies über einen Aufschlag von 2-4 Cent auf den Eierpreis.
Die TVT präferiert allerdings den vermehrten Einsatz von so genannten Zweinutzungshühnern, der bereits auch von einigen Landwirten praktiziert wird. Diese Tiere sind nicht auf Extremleistungen eines Merkmals gezüchtet, sondern die Hühner eigenen sich sowohl zur Ei- als auch zur Fleischproduktion. Damit können auch die Hähne wirtschaftlich eingesetzt und vermarktet werden. Die Tiere leiden deutlich weniger unter den Erkrankungen, die die Extremzucht auf Legeleistung oder Mast mit sich bringt.
„Die Geschlechtsbestimmung im Hühnerei ist, ebenso wie die Aufzucht von Hähnen der Legehühner samt Quersubventionierung durch den Eierpreis hilfreich, um die Tötung der männlichen Küken überflüssig zu machen. Das Zweinutzungshuhn ist aber ein gangbarer Weg, der darüber hinaus die zusätzlich bestehenden Probleme in der Mast- und Legehuhnhaltung übergreifend angeht. Diese nationale Umstellung muss selbstverständlich mit einer Aufklärungskampagne gekoppelt werden, die das Ziel haben muss, dass der Verbraucher die dann etwas teureren deutschen Geflügelprodukte mit einem ethischen Mehrwert bevorzugt.“, so Thomas Blaha, stellvertretender Vorsitzender der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V.
Da das Gericht den Ausstieg aus der Tötung zeitlich nicht fixiert hat, fordert die TVT hierfürverbindliche Daten und legt ein dreijähriges Ausstiegskonzept vor, wie schrittweise ab 2020 die Anzahl von getöteten Hahnenküken reduziert und schließlich bis 2023 beendet werden kann.
Nach Vorstellungen der TVT sollte folgende Zeitschiene für ein Ausstiegskonzept rechtlich bindend vorgeschrieben werden: Jeweils spätestens ab
• 1.1.2020 Reduktion der getöteten männlichen Eintagsküken,
• 1.1.2021 Töten von max. 2/3 der männlichen Eintagsküken bezogen auf die Anzahl geschlüpfter weiblicher Tiere bei einem Geschlechterverhältnis von 1:1,
• 1.1.2022 Töten von max. 1/3 der männlichen Eintagsküken bezogen auf die Anzahl geschlüpfter weiblicher Tiere bei einem Geschlechterverhältnis von 1:1,
• 1.1.2023 Ende der Tötung männlicher Eintagsküken.
"Das Ausstiegskonzept muss eine Änderung des gesamten Zucht- und Haltungskonzeptes von Hühnern in Deutschland umfassen", heißt es in der Stellungnahme. Damit steht Die TVT sieht sich damit Seite an Seite mit der Bundestierärztekammer, die bereits im April 2016 in einer Resolution eine Abkehr von den aktuellen Zuchtzielen gefordert habe. "Die Trennung der Nutzungsrichtung in Masthühner und Legehühner ist ein Irrweg, durch den nicht nur die moralischen Vorstellungen vom Umgang mit unseren Mitgeschöpfen Schaden nehmen, sondern der sich ebenfalls in Bezug auf die Volkswirtschaft und die natürlichen Ressourcen nachteilig auswirkt. Das Zweinutzungshuhn ist ein gangbarer Weg, der die bestehenden Probleme in der Mast- sowie Legehuhnhaltung übergreifend angeht", so die TVT in ihrer Stellungnahme.