Am vergangenen Samstag demonstrierten Vertreter:innen der jungen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Organisation Aktion Agrar gemeinsam auf und an der Weser am Braker Hafen in Niedersachsen: Mit Paddelbooten und einem geschmückten Traktor forderten sie eine massive Reduktion der Sojaimporte. Sie warnten vor Weservertiefungsplänen für immer größere Frachtschiffe. Es brauche eine Zukunft für regional orientierte, bäuerliche Landwirtschaft, die durch immer mehr Importe, Exporte und die sogenannten Freihandelsabkommen gefährdet werde.
Der Hafen Brake an der Unterweser ist für das Aktionsbündnis ein Ort mehrerer Zukunftskonflikte. Hunderttausende von Tonnen Soja und Sojaschrot landen Jahr für Jahr in Brake an. Jutta Sundermann von Aktion Agrar erklärte: „Das importierte Eiweißfutter hat das Massentierhaltungskonzept des Oldenburger Münsterlandes erst möglich gemacht. Es geht bis heute mit Vertreibungen und Vergiftungen von Anwohner:innen einher. Für die Sojaplantagen brennen in Brasilien Wälder und Savannen, stirbt unersetzbare Artenvielfalt und eine der grünen Lungen der Erde."
Aktion Agrar hatte erst vor wenigen Tagen eine neue Studie zu Sojaprofiten vorgestellt. Sundermann: „Das kommt dazu: Die Gewinner sitzen am Ende der Lieferkette. Es sind aber nicht die Höfe, die die Tiere halten. Die zahlen meistens drauf. Es verdienen die Fleischkonzerne Tönnies, Wiesenhof und Co – und die Riesen des Lebensmittel-Einzelhandels."
Für die Versammlung hatte Prof. Dr. Antônio Andrioli, in Südbrasilien als Sohn eines Sojabauern mit bayerischen und Südtiroler Wurzeln geboren und ehemaliger Vizepräsident der Universität Federal da Fronteira Sul (Chapecó/Brasilien), aus Brasilien eine Grußbotschaft übermittelt. Er begrüßte den Protest und warnte insbesondere vor der Ratifizierung des EU-Mercosur-Abkommens. Der Sprecher der jungen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (jAbL), Lennart Tiller, ergänzte: „Wir demonstrieren gegen die Fixierung auf Importe und Exporte. Sie zerstört die Grundlage vieler landwirtschaftlicher Betriebe, unter anderem hier in Europa. Sogenannte Freihandelsabkommen nutzen wenigen großen Unternehmen und ruinieren Existenzen im globalen Süden und Norden. Das Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten muss endlich vom Tisch."
Für die jAbL zeigt die jüngste Entwicklung in Argentinien, dessen neuer Staatschef auf rücksichtslose Ausbeutung der Menschen und Ressourcen setzt, wie unberechenbar diese Vereinbarungen sind. Aber auch ohne Extremisten in den Regierungen bringen sie Profite für Wenige und stehen zukunftsfähiger Entwicklung im Weg.
Seit Jahren streitet ein breites Bündnis in der niedersächsischen Region gegen die geplante Weservertiefung. Es warnt vor unberechenbaren Umweltschäden, vor allem der Verschlickung der Küste und Versalzung der Gewässer.
Dazu erklärt Annette Chapligin vom Bündnis gegen die Weservertiefung: „Die Schäden der letzten Ausbaggerungen sind noch lange nicht behoben, die Betroffenen nicht entschädigt. Wir verlieren immer mehr Pflanzen und Tiere der Wesermündungsregion. Wenn die Vertiefung kommt, wird das auch die Landwirtschaft in der Region massiv belasten. Immer mehr Wassergräben zwischen den Weidewiesen versalzen und nehmen den Höfen ihre Existenzgrundlage."
Die Aktion fand bewusst acht Tage vor der Europawahl statt. Das begründet Lennart Tiller: „In Brüssel wird über die Zukunft der Landwirtschaft entschieden. Bäuer:innen und Bauern brauchen langfristige Perspektiven und faire Preise, kein Preisdumping von ungezügelten globalen Märkten und Supermarktketten! Am 9. Juni müssen wir Politiker:innen in das EU-Parlament wählen, die sich für eine Zukunft bäuerlicher Existenzen weltweit einsetzen.“
Eine Kurzfassung der Sojastudie auf Deutsch findet sich hier.