Die EU-Kommission hat ihren Vorschlag für ein weiteres Vereinfachungspaket zur Entlastung der Landwirtschaft vorgelegt. Bezugnehmend auf ein Leak des Dokumentes im Vorfeld der Veröffentlichung plant die EU-Kommission nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft damit erneut einen massiven Rückbau ökologischer Mindeststandards in der Agrarpolitik. Besonders betroffen ist diesmal demnach der für den Klimaschutz und die Biodiversität wichtige Grünlandschutz. Die wirklich wirksamen Instrumente zur Stärkung der sozialen Gerechtigkeit in der Agrarpolitik lässt die EU-Kommission laut AbL hingegen unangetastet. Auch der angekündigte Strategiewechsel, den Umwelt-, Klima- und Tierschutz in der Landwirtschaft zukünftig stärker über Anreize statt Vorgaben umsetzen zu wollen, werde nicht mit Maßnahmen oder Finanzmitteln unterlegt.
Ottmar Ilchmann, AbL Sprecher für Agrarpolitik erläutert: „Das sogenannte Vereinfachungspaket ist ein weiterer Rückbau der Agrarpolitik. Eine wirtschaftliche Stärkung bäuerlicher Betriebe findet nicht statt. Besonders gravierend ist, dass die EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit bekommen sollen, deutlich mehr Grünland umzubrechen als bisher. Dies wird den Klimawandel und das Artensterben nochmals verschärfen. Als Begründung führt die EU-Kommission an, dass sich die Tierhaltung auf Grünland für viele Betriebe wirtschaftlich nicht lohnt - Recht hat sie. Anstatt mehr Grünland dem Umbruch preiszugeben, sollte sie aber dafür sorgen, dass Grünlandbetriebe endlich wirtschaftlich gestärkt werden. Was dafür passieren muss, ist bekannt. Wir brauchen endlich zusätzliche Förderangebote innerhalb der Öko-Regelungen für Grünlandbetriebe und eine wirkliche Reform der gemeinsamen Marktordnung, die gerade für Rinderhalter stabilere und gewinnbringende Erzeugerpreise ermöglicht.“
Die AbL sieht es als dringend notwendig an, dass der neue Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer schnellstmöglich die vom Deutschen Bundestag beschlossene zusätzliche Öko-Regelung für die Weidehaltung von Milchkühen in Umsetzung bringt. Diese würde das Grünland in Deutschland wirtschaftlich stärken. Zudem muss er sich in Brüssel für eine schnelle und wirksame Umsetzung der laufenden Reform der Gemeinsamen Marktordnung einsetzen.
Zum Hintergrund erklärt die AbL:
- Der in GLÖZ 1 verankerte Dauergrünlandschutz sieht bisher vor, dass sich die Dauergrünlandfläche eines EU-Mitgliedsstaates im Vergleich zum Referenzjahr 2018 nicht um mehr als 5 Prozent reduziert werden darf. Dieser Wert soll nun auf 10 Prozent angehoben werden. Dies würde auf Basis einer ersten Überschlagsrechnung in der gesamten EU rund 125 Mio. Tonnen zusätzliches CO2 freisetzen. Diese Menge entspricht grob den gesamten Treibhausgasemissionen des Landes Tschechien im Jahr 2023.
- Die EU-Kommission spricht in Ihrer Vision zur Zukunft der Landwirtschaft davon, zukünftig stärker auf Anreize statt Vorgaben setzen zu wollen, wie auch der Strategische Dialog auf EU-Ebene und Zukunftskommission Landwirtschaft in Deutschland (ZKL) empfehlen. Das Vereinfachungspaket sieht gleichwohl nur eine Rücknahme von Standards vor, nicht aber eine Ausweitung von Anreizen. Hierfür wäre es notwendig, das Budget für die Öko-Regelungen und Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) anzuheben. Dies ist nicht vorgesehen. Im ersten Vereinfachungspaket im Jahr 2024 wurden die Mitgliedstaaten bei der Streichung von GLÖZ 8 (Brache) wenigstens noch dazu angehalten, Brachen verstärkt zu fördern, um das ökologische Ambitionsniveau der GAP wenigstens noch etwas zu halten.
- Die EU-Kommission erkennt in Ihrem Vorschlag zwar an, dass kleine und mittlere Betriebe aufgrund von Kostendegressionen wirtschaftlich gestärkt werden müssen, beschränkt sich aber auf eine Ausweitung der sogenannten Kleinerzeugerregelung. Die Kleinerzeugerregelung ist ein für die EU-Mitgliedstaaten freiwilliges Instrument der GAP, welches von Deutschland bislang nicht angewendet wird (nur 5 EU-Länder setzen es derzeit um). Es sieht eine stark vereinfachte Antragstellung sowie eine Pauschalzahlung für Kleinstbetreibe vor. Bislang belief sich diese auf max. 1250 €. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, diesen Betrag auf 2500 € anzuheben. Um kleine und mittlere Betriebe wirklich stärker von den Agrarprämien profitieren zu lassen als bisher, wäre es aber notwendig, alle Direktzahlungen in der Prämienhöhe zu staffeln, sowie die Umverteilungsprämie deutlich auszuweiten und auf keine und mittele Betriebe zu begrenzen.