Erlösabschöpfung: Das Aus für viele Biogasanlagen - Betreiber kleinerer Biogasanlagen von der Abschöpfung ausgenommen

Die Bundesregierung hat eine Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Strompreisbremse inklusive Erlösabschöpfung bei Energieerzeugern vorgelegt. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) sieht in dem Vorschlag einen Irrweg, der das Investitionsklima bei den Erneuerbaren Energien auf lange Zeit zu beschädigen droht und die Einhaltung der Klimaziele riskiert. Anlässlich der Abschöpfungspläne protestieren „Bioenergie-Bauern“ vor dem Bundestag. Unterdessen meldet das Bayerische Landwirtschafsministerium, dass das Bundeswirtschaftsministerium angekündigt hat, dass kleine Biogasanlagen bis zu einem Megawatt von einer Erlösabschöpfung ausgenommen werden.

„Deutschland steigt aus den fossilen Energien aus und zieht gleichzeitig den Erneuerbaren Zukunftsträgern den Boden unter den Füßen weg. Die Bundesregierung riskiert hier mutwillig und ohne Not die bisher erzielten Fortschritte bei der Energiewende“, erklärt die BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter anlässlich der Erlösabschöpfungspläne aus dem Bundeswirtschaftsministerium.

Der Gesetzentwurf benachteilige die Erneuerbaren Energien gegenüber fossilen Quellen wie Steinkohle oder Erdgas, sei investitionsfeindlich und nicht rechtssicher. Mit einer Klagewelle aus der gesamten Branche sei zu rechnen. Der heutige Vorschlag gehe zudem weit über den europäischen Rahmen hinaus. Er spreche von einer Begrenzung bis ‚mindestens Juni 2023‘ und sogar einer Verordnungsermächtigung zur Verlängerung bis Ende 2024. Damit sei keine echte zeitliche Begrenzung gegeben. „Das eröffnet eine neue Baustelle und schafft zusätzliche Unsicherheit“, so Peter weiter.

Der Entwurf sehe zudem vor, dass die Abschöpfung bereits ab September 2022 und damit rückwirkend greifen soll. „Eine Rückwirkung ist verfassungswidrig; hierzu gibt es auch ein entsprechendes Rechtsgutachten.“ Daneben würden unterschiedliche Kraftwerkstypen unterschiedlich belastet. Dieser Ansatz sei nicht mit geltendem EU-Recht vereinbar. „Der Entwurf zielt weiter auf die Abschöpfung von Erlösen statt von Gewinnen. Das entzieht den Unternehmen in großem Umfang Liquidität, die aber dringend für die notwendigen Investitionen in den Ausbau der Erneuerbaren gebraucht wird.“ Auch die Sicherheitszuschläge bildeten keineswegs die Realitäten der Kostenstrukturen ab. Sie sind damit nicht dazu geeignet, den Unternehmen tatsächlich Sicherheit bieten zu können. „Eine Steuer auf Gewinne wäre nicht nur explizit mit EU-Recht vereinbar gewesen, sie hätte auch viel unnötige Bürokratie vermeiden können“, so Peter.

„Warum Deutschland hier an einem Sonderweg festhält, statt dem Vorschlag der EU und dem Beispiel anderer EU-Staaten wie Österreich, Spanien oder Belgien zu folgen, ist uns nicht begreiflich. Noch weniger begreiflich ist, dass man den EU-Rahmen als Begründung nutzt, um Bioenergie nicht vollständig zur Ausnahme zu erklären. Für viele Biogasanlagenbetreiber ist das jetzt das Aus“, so Peter. Dabei würde gerade Biogas zum Ersatz des fossilen Erdgases benötigt, sei heimisch und flexibel steuerbar. Die Branche gehe zurecht auf die Barrikaden und habe zu einer Protestaktion vor dem Deutschen Bundestag in Berlin aufgerufen.

Bioenergie-Bauern protestieren in Berlin

Diese Aktion fand Unter dem Motto „Zukunft statt Abschöpfung“ statt. Die Betreiber von Biogas- und Holzenergieanlagen zeigten sich alarmiert über Pläne der Bundesregierung für eine Erlösabschöpfung auf Erneuerbare Energien, vor allem bei Bioenergie. Daher hatten der Deutsche Bauernverband, der Fachverband Biogas sowie der Bundesverband Bioenergie mit dem Fachverband Holzenergie zu der Aktion aufgerufen. Die Bundestagsabgeordneten sollten vor den negativen Folgen einer Erlösabschöpfung auf Bioenergie gewarnt werden.

Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, sieht im Vorhaben der Bundesregierung eine Gefahr für die Bioenergie: „Die Bioenergiebranche eignet sich nicht für eine Abschöpfung. Die bisher bekannt gewordenen Pläne würden die Bioenergieanlagen wegen stark gestiegener Kosten ins Defizit treiben. Eine starke Drosselung der Strom- und Wärmeerzeugung aus Bioenergie wäre die Folge. Dies würde die Versorgungslücke in der Energiekrise noch verschärfen. Die Bundesregierung muss ihre Pläne korrigieren. Biogas und Holz müssen - wie schon Biomethan - von der Abschöpfung grundsätzlich ausgenommen werden.“

Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas, ergänzt: „Der so genannte ‚gestattete Erlös‘ wird vom Bundeswirtschaftsministerium für die Bioenergie bisher viel zu niedrig angesetzt. Die festen und variablen Kosten von Biogas- und Holzenergieanlagen in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Es darf auch keinerlei Abschöpfung von Erlösen aus der flexiblen Fahrweise geben. Die diskutierte Befreiung von kleineren Anlagen bis 1 Megawatt installierte Leistung ist unzureichend. Auch auf jegliche rückwirkende Abschöpfung muss verzichtet werden.“

Bernd Heinrich, Stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes Bioenergie warnt vor den Folgen der Abschöpfungspläne: „Damit würde die heimische Bioenergie in der Energiekrise zu Gunsten von Kohle und Erdgas zurückgefahren. Das wäre energie- und klimapolitisch widersinnig. Wir fordern ganz klar eine Vorfahrt für Bioenergie vor Kohlestrom.“

Betreiber kleinerer Biogasanlagen von der Abschöpfung ausgenommen

Eine Ankündigung des Bundeswirtschaftsministeriums, wonach kleine Biogasanlagen bis zu einem Megawatt von einer Erlösabschöpfung ausgenommen werden, hat Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber erleichtert zur Kenntnis genommen. Zudem sollen nach dem Entwurf des Bundes Biogasanlagen über einem Megawatt aufgrund der gestiegenen laufenden Kosten einen höheren Sicherheitszuschlag von sechs statt nur drei Cent je Kilowattstunde erhalten.
„Es freut mich sehr, dass sich unser hartnäckiger Einsatz für diese Form der nachhaltigen Energieerzeugung und für die bayerischen Biogasanlagenbetreiber offensichtlich gelohnt hat. Bundesminister Robert Habeck ist damit meiner eindringlichen Bitte nachgekommen und will zumindest die kleineren Biogasanlagen von der Erlösabschöpfung ausnehmen. Ich hätte mir zwar gewünscht, dass Biogas und Bioenergie gänzlich ausgenommen werden. Aber damit ist jetzt wenigstens von einem großen Teil unserer Biogasanlagenbetreiber eine Last genommen“, sagte Michaela Kaniber in München.
Die Bayerische Landwirtschaftsministerin hatte sich laut Bayerischem Landwirtschaftsministerium bereits Mitte Oktober beim Bundeswirtschaftsminister intensiv für die rund 2.600 Biogasanlagenbetreiber Bayerns in Berlin stark gemacht. „Es ist an sich ein Unding, dass diese wichtige erneuerbare Energiequelle immer wieder fundamentalen Unsicherheiten unterworfen wird. Immerhin geht es um nicht weniger als ein Fünftel unseres erneuerbaren Stroms in Deutschland.“ Durch das Drängen und den Einsatz Bayerns könne dieser Beitrag zum Klimaschutz jetzt aber erhalten bleiben, so das Ministerium. „Und damit bleibt auch die Einkommensgrundlage vieler tüchtiger Landwirtinnen und Landwirte erhalten, die sich mit Herzblut für den Klimaschutz und die Energiewende engagieren“, so Kaniber.