Entwurf des Bundeshaushalts 2023 wird Notwendigkeiten zum Umbau der Nutztierhaltung nicht gerecht

Die Landjugend sieht ländliche Entwicklung und gleichwertige Lebensverhältnisse in Gefahr

Das Bundeskabinett hat kürzlich den Entwurf für den Bundeshaushalt 2023 beschlossen. Demnach sollen die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung und Agrarstruktur“ (GAK) ohne die sogenannten Sonderrahmenpläne um 195 Mio. € auf 529 Mio. € in 2023 sinken. Der Umbau der Nutztierhaltung soll durch eine Umschichtung innerhalb der GAK mit 150 Mio. € zur Förderung von Investitionen in Stallbauten unterstützt werden. Deutliche Kritik an diesem Ansatz kommt vom Bund der Deutschen Landjugend (BDL) und dem Bauernverband, auch weil zusätzliche Mittel für den Umbau im Haushaltsentwurf nicht enthalten sind und man von der angekündigten und benötigten „Tierwohlmilliarde“ weit entfernt ist.

Lange gab es in der Ampel, so der BDL, Streit darüber, wie der Umbau der Nutztierhaltung finanziert wird. Jetzt solle eine Umschichtung innerhalb der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz es für den Anfang richten. Statt für diese zusätzliche Aufgabe zusätzliche Mittel bereitzustellen, sollen die regulären Mittel für die GAK im kommenden Jahr um knapp 27 Prozent gekürzt werden und auch im Sonderrahmenplan ländliche Entwicklung werde laut BDL dem vorliegenden Entwurf zufolge die Schere angesetzt und knapp 16 Prozent der Mittel gestrichen.

Dagegen protestiert der BDL. „Die Gemeinschaftsaufgaben sind das Rückgrat der Strukturentwicklung in Deutschland. Diese Kürzungen bringen die ländliche Entwicklung und damit die gleichwertigen Lebensbedingungen in Deutschland in Gefahr“, warnt die BDL-Bundesvorsitzende Theresa Schmidt. Aus Landjugendsicht sei diese Umverteilung höchst problematisch, diene die Gemeinschaftsaufgabe doch der Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Wer das aufs Spiel setzt, verstößt gegen das Grundgesetz, heißt es in BDL-Kreisen. 

Im Haushaltsplan der Bundesregierung ist bei der Gemeinschaftsaufgabe eine Erhöhung im Sonderrahmenplan Küstenschutz vorgesehen. „Zweifelsohne enorm wichtig, wie uns die Flutkatastrophe im Ahrtal vor einem Jahr vor Augen führt“, wertet die Vorsitzende des größten Jugendverbandes im ländlichen Raum und fordert weiterhin unbürokratische Unterstützung für die dort Betroffenen beim Wiederaufbau.
Zugleich dürfe die Bundesregierung das Vertrauen nicht weiter verspielen und die Gemeinschaftsaufgabe nutzen, um den Umbau der Tierhaltung aus ihren Mitteln zu finanzieren, schiebt der stellv. BDL-Bundesvorsitzende Stefan Schmidt nach. Von der Borchert-Kommission wurden die Kosten dafür im vergangenen Jahr auf 1,2 Milliarden Euro beziffert. Die geplante Umschichtung, die nach BDL-Einschätzung der Entwicklung der ländlichen Räume auf die Füße fallen wird, umfasst 150 Millionen Euro und damit nur ein Bruchteil der nötigen Summe. „Wer ländliche Entwicklung haben möchte, darf die GAK-Mittel nicht zu Gunsten einer realitätsfernen Schuldenbremse opfern“, sagt die BDL-Bundesvorsitzende Schmidt und fordert mit Nachdruck, den Umbau der Nutztierhaltung solide zu finanzieren. 

Wie das Bundesagrarministerium gegenüber top agrar erklärte, wird die 1 „Tierwohlmilliarde“ auf vier Jahre verteilt. Das sei auch immer so kommuniziert worden und es dürfte doch klar gewesen sein, dass es das Geld nicht komplett in einem Jahr gebe, hieß es laut top agrar. Allein schon wegen der Auftragsvergabe an Handwerker, angesichts der Lieferengpässe und Planungsvorläufe könnten die Bauern doch nicht kurzfristig alle gleichzeitig anfangen zu bauen, daher die Aufsplittung.

Kritik an den Haushaltsplänen des BMEL kommt auch vom Bauernverband. Der stellvertretende DBV-Generalsekretär Udo Hemmerling sprach von einem „finanziellen Kahlschlag zu Lasten der Agrarstruktur und der ländlichen Räume“, der völlig inakzeptabel sei. Auch Hemmerling wies gegenüber Agra-Europe wie schon der BDL darauf hin, dass die bereitgestellten zusätzlichen Mittel für Tierwohl faktisch an anderen Stellen der Gemeinschaftsaufgabe gestrichen würden. „Tierwohl als zusätzliche Aufgabe benötigt jedoch zusätzliches Geld“, betonte der stellvertretende Generalsekretär.

Um 30 Mio. € gekürzt werden soll laut dem Haushaltsentwurf der GAK-Sonderrahmenplan Förderung der ländlichen Entwicklung. Der Sonderrahmenplan Insektenschutz/Ökolandbau soll um 25 Mio. € auf 175 Mio. € aufgestockt werden. Gekürzt werden soll unter anderem auch bei der Innovationsförderung, der Ackerbaustrategie und beim Bundesprogramm Nutztierhaltung. Erhöht werden sollen die Mittel für das Bundesprogramm Ökologischer Landbau um 3,4 Mio. € auf 35,9 Mio. €. Für die Tierhaltungskennzeichnung sind 8 Mio. € vorgesehen.