Von springenden Ferkeln mit Ringelschwänzen und viel Arbeit
Friederike und Arno Jostmann sind Sauenhalter und Neuländer der ersten Stunde, zu Neuland sind sie in den späten 1990ern über einen Zeitungsartikel gekommen. Gut 100 Sauen, ein paar Mutterkühe und Mastfärsen zur Grünlandverwertung sowie ein paar Hühner, 45 ha Acker und 15 ha Grünland gehören zu ihrem Betrieb im Kreis Bielefeld. Er besteht aus zwei Standorten, den jeweiligen elterlichen Betrieben der beiden. Um das freie Abferkeln umzusetzen, wollten Friederike und Arno Jostmann 1999 einen neuen Stall bauen. „Über das freie Abferkeln hatten wir schon länger nachgedacht. Im alten Stall wäre das aber nicht möglich gewesen“, erzählt Friederike Jostmann. Dort hatten sie Buchten mit Dänischer Aufstallung mit einer Stufe zum Mistgang hin, die für die Ferkel zu hoch gewesen wäre. Für den neuen Stall hatten sie HeKu-Buchten im Kopf, „unsere Idee war, diese zum Mistgang hin zu öffnen“. Zwischendurch hatten Jostmanns die Sauen auch mal für zwei, drei Tage nach der Geburt fixiert. „Aber das hat nicht funktioniert. Seitdem laufen immer alle frei herum.“ Ungefähr zeitgleich trat die Landwirtschaftskammer NRW mit der Frage an Jostmanns heran, ob sie einen neuen Stall im Rahmen eines Projekts zur Bezuschussung artgerechter Tierhaltung bauen wollten.
Stallneubau…
„Es gab damals aber nur Stallkonzepte für Sauen auf Spaltenböden, nichts für freies Abferkeln auf Stroh. Wir waren da quasi der Zeit voraus. Und gleichzeitig haben wir nur das weitergemacht, was es davor eigentlich auch schon gab“, so Arno Jostmann. Der Bauplan, den die Kammer schließlich vorgelegt hatte, sei deutlich teurer gewesen, als die beiden kalkuliert hatten. „Deswegen haben wir den Stall schließlich selbst gebaut und sind deutlich unter dem von der Kammer errechneten Preis geblieben.“ Zweieinhalb Jahre später konnte der neue Stall bezogen werden. Knapp 8 m² stehen jeder Sau in den Abferkelbuchten zur Verfügung. Damit erfüllen sie (aller Voraussicht nach) die Vorgaben für die Stufe drei der Borchert-Kommission. Trotzdem müssten die Buchten laut Jostmann eigentlich noch größer sein, da auch die Sauen mit der Zeit immer größer geworden seien. Im Schnitt werden 13,5 lebende Ferkel geboren, mit einem durchschnittlichen Verlust von rund zwölf Prozent. Für Jostmann gilt: „Sei es Umrauschen oder dass sie ihre Ferkel erdrückt, bei uns bekommt prinzipiell jede Sau eine zweite Chance.“
…und Umbau
Bis 2003 hatten Jostmanns noch 15 Milchkühe in einem Anbindestall und es war klar: „Entweder wir bauen das aus oder die Kühe kommen weg.“ Sie entschieden sich gegen die Kühe und wieder stand die Frage nach einem neuen Stall im Raum, um von 60 auf 100 Sauen aufzustocken. Aus Kostengründen habe die Kammer aber stark von einem weiteren Neubau abgeraten, berichten Jostmanns. Diese Entscheidung setzte eine ganze Reihe von Stallumbauten in Gang. „Zehn Jahre war hier quasi Dauerbaustelle“, ergänzt Friederike Jostmann. So sind im alten Anbindestall die Abferkelbuchten, der Gruppensäugestall befindet sich im alten Kälberstall und der ehemalige Pferdestall dient als Deckzentrum.
Viel Handarbeit
Die vielen Ställe bedeuten viel Handarbeit beim Füttern und Misten, und dies erfordert wiederum viel Zeit und Kraft. „Es ist auf die Dauer schon anstrengend, den Futterwagen täglich hier den Berg zum oberen Stall hochzuschieben. Und wir werden ja auch nicht jünger“, erklärt Friederike Jostmann. Die vielen Ställe führen aber auch dazu, dass die Sauen ständig zwischen den verschiedenen Ställen im Pferdeanhänger hin und her gefahren werden. „Unsere Sauen fahren so gerne, die gehen wieder auf den Hänger rauf, wenn man nicht schnell genug weggefahren ist“, meint Arno Jostmann. Die ersten drei Wochen nach dem Ferkeln sind die Sauen in Einzelbuchten, dann geht es für weitere drei Wochen in den Gruppensäugestall. Im Anschluss geht es für die Ferkel in Buchten zu je rund 20 Ferkeln weiter, bevor sie dann mit ca. 27 kg nach elf bis zwölf Wochen an einen Neuland-Mäster in der Nähe verkauft werden. Für die Sauen geht es weiter ins Deckzentrum und den Wartestall.
Gemäß der Neuland-Richtlinien gibt es hier nirgendwo Spaltenböden oder GVO-Futter, dafür Ausläufe, Stroh und Ringelschwänze. Ob es denn Probleme mit dem Schwanzbeißen gebe? „Nein, eigentlich nicht. Also vielleicht zwei Mal im Jahr haben wir einen Schwanzbeißer bei den Ferkeln dabei“, so Arno Jostmann. „Aber das hören wir dann schon am Quieken, was da los ist. Dann muss man sich halt danebenstellen und beobachten und den Kandidaten da rausholen.“
Hofnachfolge
Auch bei Jostmanns ist die Hofnachfolge ein Thema. Sohn Carsten ist Agrarbetriebswirt, der auf Schweine spezialisiert ist, potentiell würde er den Sauenbetrieb gern übernehmen. Auf dem anderen Betriebsstandort wohnt aktuell Tochter Kathrin mit Freund und Kind. Sie überlegt, dort den Hof zu übernehmen und die Direktvermarktung weiter auszubauen.