Gentechnik bietet keine Lösungsansätze für den Naturschutz

„Die Herausforderungen im Naturschutz sind insbesondere angesichts von Biodiversitäts- und Klimakrise dringlich. Neue Lösungsansätze, die aus der biotechnologischen Forschung und Entwicklung angeboten werden, sind aber nicht aufgrund dieser Dringlichkeit per se für den Naturschutz geeignet oder gar unumgänglich – vielmehr sind sie in einer Gesamtschau und im Detail zu beurteilen,“ so das Fazit des neuen Positionspapiers des Bundesamt für Naturschutz (BfN) „Gentechnik, Naturschutz und biologische Vielfalt: Grenzen der Gestaltung“. Die vorgeschlagenen Ansätze seien nicht geeignet, um die postulierten Zwecke zu erreichen, die Erfolgsaussichten seien unklar, gleichzeitig würden kaum abschätzbare Risiken eingegangen werden. Zudem widersprächen die Ansätze übergeordneten Zielen des Naturschutzes, besonders bezüglich der Eigenart und Eigendynamik der Natur, und sie würden auch vielschichtige rechtliche Fragen aufwerfen. Um das Geflecht von Arten, Lebensräumen und Landschaften langfristig zu sichern, müssten vor allem die Ursachen des Biodiversitätsverlustes und des fortschreitenden Klimawandels behoben werden.

Bisher wurden Diskussion zur gentechnischen Veränderung wild lebender Organismen, die unter anderem zum Erreichen von Naturschutzzielen eingesetzt werden sollen, vor allem auf internationaler Ebene geführt. Jetzt hat sich erstmals eine nationale Behörde dazu positioniert.

Forschungsansätze streben die beabsichtigte Freisetzung und Verbreitung von GVO außerhalb landwirtschaftlich genutzter Flächen an – in wild lebenden Populationen. Beispielsweise wird daran geforscht, unerwünschte Arten mithilfe transgener Artgenossen auszurotten oder wild lebende Organismen gentechnisch zu verändern, um sie widerstandsfähiger zu machen.

Festgestellt wird unter anderem, dass die langfristige Auswirkungen gentechnischer Eingriffe in wild lebenden Organismen mit dem jetzigen Wissen und den zur Verfügung stehenden Methoden nicht hinreichend abschätzbar seien. Das betrifft einerseits die Erbsubstanz – neben gewollten können zusätzlich ungewollte Veränderungen im Gesamtgenom stattfinden. In wild lebenden Organismen ist die genetische Diversität größer als in landwirtschaftlichen Sorten und die Genotypen wild lebender Organismen sind oft nicht bekannt. Entsprechend schwer können Auswirkungen prognostiziert werden. Schwer abschätzbar ist aber auch, ob die mit gentechnischen Veränderungen verfolgten Ziele überhaupt realisiert werden können.

Ein weiterer Aspekt ist, dass sich gentechnisch veränderte Wildorganismen – je nach Art und Anwendung sehr schnell grenzüberschreitend ausbreiten. Das wirft auch international neue Fragen auf und ob es effektive Schutzmaßnahmen gibt.

Würden dauerhafte und weitreichende und vererbbare gentechnische Veränderungen an wildlebenden Organismen als Naturschutzinstrumente gesehen und legitim werden, dann würde das weit über die bisherigen Eingriffe hinausgehen. Aus der Natur-Schutzidee würde eine Natur-Umgestaltungsidee. Dies bricht aus Sicht des BfN mit den bisherigen Naturverständnissen , den übergeordneten Schutzzielen und der Praxis des Naturschutzes.

Das Positionspapier des BfN will zur Debatte beitragen.

14.11.2022
Von: av