Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) bietet neue Hilfsmittel zur Analyse genetischer Daten. Auf manche dieser Verfahren werden auch Patente angemeldet. Das Besondere am Patentantrag von Pioneer/Corteva (WO2024006802): Die Ansprüche zielen nicht nur auf das KI-Programm selbst. Auch der Einsatz der KI als ‚Züchtungsmethode‘ wird beansprucht. Damit würden die resultierenden Pflanzen, Tiere und Bakterien unter die Reichweite des Patents fallen. Darauf weist Testbiotech, das Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie, hin. Corteva Agriscience, zu dem Pioneer gehört, ist nach eigenen Worten weltweit führend in den Geschäftsfeldern Saatgut, Pflanzenschutz und Digitale Landwirtschaft.
Eigentlich soll die im Patent beschriebene KI die Funktion der Gen-Scheren wie bspw. CRISPR/Cas optimieren. Dabei sollen die Erfolgsaussichten für die Veränderung bestimmter Gene analysiert und die Gen-Scheren entsprechend angepasst werden. Einige der Patentansprüche sind so formuliert, dass der Einsatz der KI als Methode zur Züchtung gelten würde – damit gelten auch die mit diesen Programmen ‚bearbeiteten‘ Organismen als patentierte ‚Erfindung‘.
Im Ergebnis droht nach Ansicht von Testbiotech ein undurchdringliches Patentdickicht: Neben den Patenten auf die jeweiligen gentechnischen Verfahren wären u.a. Saatgut oder landwirtschaftliche Nutztiere zusätzlich von Patenten auf die digitale Verarbeitung von genetischen Daten betroffen. Das könnte die Vormachtstellung von großen Firmen weiter stärken. Die Firma Corteva (ehem. DowDuPont) ist schon jetzt führend bei Patentanträgen auf Pflanzen aus Neuer Gentechnik (NGT).
Patente auf Pflanzensorten und Tierrassen sind in Europa nicht erlaubt. Von diesen Verboten sind lediglich gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere ausdrücklich ausgenommen. Würde in Zukunft auch die Digitalisierung von genetischen Daten als Züchtungsverfahren gelten, droht eine Aushöhlung der bestehenden Verbote. Entsprechende Patente könnten sogar auf die konventionelle Pflanzenzucht ausgeweitet werden.
Vor diesem Hintergrund fordert Testbiotech, derartige Patentansprüche zurückzuweisen. Zudem sollten Patente auf Pflanzen und Tiere in Europa generell verboten werden. Solange dies nicht möglich ist, müssen entsprechende Patente strikt auf die gentechnischen Verfahren begrenzt werden.