Hessen: Schwarz-Rot lässt Landwirt:innen und Züchter:innen hängen

Am 25. September stand im Landwirtschaftsausschuss des Hessischen Landtags der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebrachte Antrag „Patente auf Pflanzen verhindern – Züchtungsfreiheit in Hessen sichern" zur Abstimmung. Der vom Hessischen Bündnis für die Ernährungs- und Agrarwende (BEA), dem unter anderem auch der Landesverband Hessen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft angehört, begrüßte Antrag scheiterte jedoch. Enttäuscht zeigt sich Hans-Jürgen Müller, Sprecher für Landwirtschaft der GRÜNEN Landtagsfraktion. „Das negative Votum der anderen Fraktionen ist enttäuschend, denn unser Antrag fordert vor allem eines: Die genetische Vielfalt unserer Nutzpflanzen muss ein Allgemeingut bleiben. Auf EU-Ebene wird dieser Grundsatz gerade infrage gestellt. Die beabsichtigte Deregulierung der Neuen Gentechnik (NGT) könnte die Zahl der patentierten Pflanzen rasant steigen lassen. Selbst Pflanzen, die in der Natur vorkommen oder natürlich entstehen können, könnten patentiert werden und dürften dann nicht mehr als Grundlage für weitere Züchtung verwendet werden“, so Müller.

Inmitten der Klimakrise sind wir seiner Ansicht nach auf Züchtungsfortschritt stärker angewiesen als je zuvor. „Wir brauchen angepasste, standortgerechte Pflanzen auf unseren Äckern, um Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Gerade die kleinen und regionalen Züchtungsbetriebe leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. Aber sie könnten durch die Deregulierung der Neuen Gentechnik aus dem Markt gedrängt werden: Eine ungebremste Zahl von Patenten würde ihre Innovationskraft ausbremsen und sie enormer zusätzlicher Bürokratie aussetzen. Bei Nichtbeachtung des Patentschutzes drohen existenzbedrohende Strafen und Bußgelder. Den Landwirt*innen ginge in der Folge viel Entscheidungsfreiheit beim Anbau geeigneter Sorten verloren“, erklärt Müller und fährt fort: „Wir hätten heute ein gemeinsames Signal der demokratischen Fraktionen für Innovation und Ernährungssicherheit aussenden können – als Bestärkung der klaren Position von Bauern- und Pflanzenzüchtungsverbänden sowie Kirchen. Aber Schwarz-Rot duckt sich weg. Landwirtschaftsminister Ingmar Jung treibt die Deregulierung der NGT seit Monaten voran, ohne eine Antwort auf die Patentfrage zu geben – und ohne Widerworte vom sozialdemokratischen Koalitionspartner.“

BEA: Freier Zugang unverzichtbar

Bereits im Vorfeld der Abstimmung hatte das Hessische Bündnis für die Ernährungs- und Agrarwende (BEA) darauf hingewiesen, dass die Züchtung neuer Pflanzensorten unverzichtbar ist, um die Landwirtschaft an den Klimawandel anzupassen und die genetische Vielfalt von Pflanzen zu erhalten. Patente erschwerten jedoch diesen Fortschritt: Sie verursachen zusätzliche Kosten durch Lizenzgebühren und schaffen rechtliche Unsicherheit. Insbesondere kleinere und mittelständische Zuchtbetriebe seien betroffen. 

Tim Treis, BEA-Sprecher, erklärte: „Patente behindern die Züchtungsforschung, erschweren die Entwicklung neuer Sorten und schaffen ein undurchdringliches ‚Patent-Dickicht'. Das gefährdet nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch unsere Ernährungssicherheit. Angesichts des immer größeren Artensterbens und der Klimakrise brauchen wir dringend weitere Fortschritte in der Pflanzenzucht, für die der freie Zugang zu den genetischen Ressourcen unverzichtbar ist."    

Das BEA warnte zudem vor weiteren Folgen der Patentierungspraxis. Sie könnte den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen vorantreiben. Dies schaffe häufig neue Abhängigkeiten z.B. beim Bezug von Saatgut, berge Risiken für die Umwelt durch eine Begünstigung von großflächigen Monokulturen und fördere somit ein Agrar- und Ernährungssystem, das unsere Lebensgrundlagen gefährdet.