Der Bundesrat hat dem Entschließungsantrag des Landes Thüringen
„Initiative Biodiversität- und Klimaschutz - Neue Wege der Landnutzung wagen - Agroforstwirtschaft im Verwaltungssystem verankern“ in unveränderter Form mehrheitlich zugestimmt. Für die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Mitteldeutschland ist das auch das Ergebnis einer durch die AbL erfolgten Kraftanstrengung, denn der Antrag drohte deutlich verwässert zu werden, was in der Praxis das Aus für eine Vielzahl möglicher Agroforstsysteme bedeutet hätte.
In der Entschließung heißt es unter anderem: „Agroforstwirtschaft ist eine landwirtschaftliche Landnutzungsform, die gezielt mehrjährige Gehölzkulturen auf landwirtschaftlichen Flächen etabliert. Durch Wechselwirkungen zwischen mehrjährigen Gehölzstrukturen und zumeist einjährigen landwirtschaftlichen Kulturen können auf der Fläche nachhaltige Synergieeffekte wie bspw. Diversifizierung der Ertragsstruktur, Nitratbindung und Humusaufbau erzielt werden. Agroforstkulturen sind zudem im Regelfall artenreicher als reine landwirtschaftliche Kulturen, schaffen potentielle Rückzugs- und Ruhezonen, fördern Nützlinge und können den Bedarf an chemischen Pflanzenschutzmittel senken. Sie können somit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt von Natur und Umwelt in strukturarmen Ackerbauregionen leisten, stabilisieren zudem den Wasserhaushalt und schützen den Boden vor Erosion und Degradation.“ Im Bundesrat wies die Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund darauf hin, dass in Thüringen mehr als 1500 Schläge größer als 50 Hektar sind, bei weiteren 4000 liege die zusammenhängende bewirtschaftete Fläche bei 30 bis 50 Hektar.
Nach dem Bundestagsbeschluss vom 13.01.2021 geht nach Ansicht der AbL Mitteldeutschland nun auch vom Bundesrat ein starkes Signal für die Agroforstwirtschaft aus. Mit dem Beschluss fordert der Bundesrat die Bundesregierung dazu auf, eine rechtsverbindliche Definition für Agroforstsysteme zu entwickeln, bei der die reversiblen Gehölzelemente Teil der produktiven landwirtschaftlichen Nutzfläche bleiben.
Darüber hinaus wird die Bundesregierung gebeten, sich im Trilog-Verfahren dafür einzusetzen, dass alle Möglichkeiten für die Einführung von Agroforstsystemen genutzt werden und darüber hinaus die Länder bei der nationalen Umsetzung umfassend unterstützt und aktiv begleitet werden. Hierbei soll auch der Fördertatbestand „Agroforstwirtschaft“ in den Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) aufgenommen werden.
Eine „hervorragende Zielsetzungen“ sieht darin Michael Grolm, Vorsitzender der AbL Mitteldeutschland, der sich bei Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund sowie Landwirtschaftsminister Benjamin-Immanuel Hoff für ihr Engagement bedankt. Denn der nach Ansicht der AbL „herausragende Erfolg hätte beinah durch einen dogmatischen Vorstoß aus dem baden-württembergischen Umweltministerium getrübt werden können“. Dieser Vorstoß hatte dazu geführt, dass der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit des Bundesrates einen Änderungsantrag eingebracht hatte, der unter anderem vorsah, dass nur Agroforstsysteme gefördert werden, die extensiv bewirtschaftet werden, mit einheimischen Gehölzen zu bestocken sind und mit der zuständigen Naturschutzbehörde abgestimmt werden müssen. Für eine Vielzahl von Agroforstsystemen hätte dies nach Ansicht der AbL das vorzeitige Aus bedeutet.
“Durch eine gemeinsame Kraftanstrengung zahlreicher AbL-Landesverbände und unserem Agroforst-Beauftragten ist es letztendlich gelungen, ein bedrohliches Abdriften dieser Initiative zu verhindern“, erklärt dazu Michael Grolm. Darüber hinaus verdeutliche das Ergebnis im Bundesrat: „Statt dogmatischer Positionen werden vor allem praktikable Lösungsansätze benötigt, die auch die legitimen Interessen unserer Bäuerinnen und Bauern miteinbeziehen. Der Wert und die Bedeutung von Landwirtschaft inklusive der Agroforstwirtschaft darf hierbei nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden! Wir setzen vor allem auf einen konstruktiven und kooperativen Dialog zwischen den Landnutzern und dem Naturschutz, damit sich letztendlich nachhaltige und ganzheitliche Lösungsansätze durchsetzen können und nicht ideologisch geprägte Illusionen oder Dogmatismen.“
Als „in mehrfacher Hinsicht richtungsweisend“ bezeichnet Daniel Fischer, der Agroforst-Beauftragte der AbL Mitteldeutschland, die Bundesratsentscheidung: „Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik spricht sich eine deutliche Ländermehrheit im Bundesrat für eine klare Verankerung der Agroforstwirtschaft im Agrarfördersystem aus und ruft die Bundesregierung nun zum engagierten Handeln auf!“ Und er verweist noch einmal auf den Vorstoß aus Baden-Württemberg, den im Umweltausschuss des Bundesrates kein einziges Bundesland in Frage gestellt hätte. „Erst durch das gemeinsame Agieren mehrerer AbL-Landesverbände konnte diese Gefahr in letzter Minute wirksam abgewendet werden, indem es gelang, die große Mehrheit der Länder kurzfristig umzustimmen“, so Fischer.