MMI: Fließt kein Geld, fließt keine Milch

Der Vorstandsvorsitzende der Milcherzeugergemeinschaft (MEG) Milch Board Frank Lenz begrüßt die jüngst gestiegenen Milchpreise, ein Gefühl der Zufriedenheit kann er aber auch mit Blick auf die neuesten Zahlen des Milch Marker Index (MMI) noch nicht verspüren. Laut MMI deckt der Milchauszahlungspreis immer noch 19 Prozent der Kosten der Milcherzeugung nicht. Im Oktober 2021 betrug der MMI 112, somit sind die Milcherzeugungskosten im Vergleich zum Basisjahr 2015 um 12 Prozent gestiegen. Im Vergleich zum Juli 2021 lagen die Milcherzeugungskosten in Deutschland mit 46,13 Cent pro Kilogramm Milch um knapp einen Cent höher, und der MMI legte um 2 Prozent zu. Da der Milchauszahlungspreis im gleichen Zeitraum um 1,66 Cent auf 37,45 Cent pro Kilogramm anstieg, veränderte sich die Preis-Kosten-Ratio von 0,79 auf 0,81. Der Milchauszahlungspreis deckt damit immer noch 19 Prozent der Kosten der Milcherzeugung nicht. Die Milcherzeugungskosten stiegen in allen drei Regionen Deutschlands (in Nord um 1,01 auf 40,93 Cent, in Ost um 0,96 Cent auf 43,63 Cent und in Süd um 0,61 auf 52,29 Cent pro Kilogramm). Insbesondere bei den süddeutschen Betrieben, in denen überwiegend Doppelnutzungsrassen wie das Fleckvieh eingesetzt werden, konnte der Kostendruck etwas besser abgefangen werden. Dies lag jedoch an den ebenfalls deutlich angestiegenen Rindererlösen. Spotmarkt auf Rekordniveau – Preise für Erzeuger/innen folgen nur verhalten
Der durchschnittliche Milchpreis in der EU und auch in Deutschland lag im November 2021 laut EU-Marktbeobachtungstelle bei rund 40 Cent je Kilogramm Milch, Und auch der Kieler Rohstoffwert erreichte im Dezember einen historischen Höchststand von 51,50 Cent. Was sich zunächst für die gebeutelten Milcherzeuger gut anhört, relativiert sich mit Blick auf die tatsächlichen landwirtschaftlichen Erzeugungskosten und die aktuellen Verwertungen im Handel mit Milchprodukten. Zwar begrüßt der Vorstandsvorsitzende der MEG Milch Board Frank Lenz die steigenden Milchpreise, ein Gefühl der Zufriedenheit verspürt er jedoch nicht. „Auch jetzt kann der durchschnittliche Milchviehbetrieb seine Erzeugungskosten nicht decken. Darüber hinaus haben die schlechten Milchpreise in den letzten Jahren große Löcher gerissen. Die Zielmarke in den Milchpreisverhandlungen muss deshalb mindestens bei 46,13 Cent liegen; und wenn es die Verwertungen hergeben, auch darüber. Milch ist aktuell extrem knapp!“ Lenz nimmt auch die Haltung der großen Einzelhandelsketten wahr. Der Handelsverband Deutschland (HDE) hatte zu Beginn des Jahres erklärt, dass der Gesetzgeber mit gesetzlichen Maßnahmen direkt bei den für die Tierhaltung verantwortlichen Erzeugern ansetzen müsse, wenn er aus Gründen des Tierschutzes die Haltungsbedingungen auf den Höfen verbessern wolle. „Der Handel wird in Zukunft noch stärker auf Regionalität und Herkunft setzen. Zudem leistet die Koordinationszentrale Handel – Landwirtschaft weiterhin ihren Beitrag für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Handel, Erzeugern und Verarbeitern“, so HDE- Hauptgeschäftsführer Stefan Genth damals. Die MEG Milch Board hat sich der Koordinationszentrale nicht angeschlossen und mit anderen Verbänden wie der AbL und dem BDM eine eigenständige Weiterarbeit im Agrardialog beschlossen. Mit Blick auf die genannten HDE-Äußerungen erklärt Lenz jetzt, dass der HDE sich mit der genannten Haltung dem notwendigen Dialog darüber verschließt, wie denn all die Versprechungen, die der Handel seinen Kundinnen und Kunden macht, ermöglicht werden sollen. Gesetze und Vorgaben seien ein Aspekt, sorgten aber nicht dafür, dass die Lebensmittel in die Regale des Handels kommen. „Das können nur wir Bauern, und dazu haben wir eine eindeutige Position: Wir können nach der Maßgabe produzieren, in dem Umfang wie uns dafür die Mittel zur Verfügung gestellt werden. Fließt kein Geld – fließt keine Milch“, so Lenz. Lenz hält diese Entwicklung nicht nur für ein Strohfeuer. Die Zeit des Mengenwachstums am deutschen Milchmarkt ist für ihn vorbei. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Milchpreise ermöglichen keine Investitionen in die Zukunft. Der Nachwuchs fehlt, qualifizierte Fremdarbeitskräfte sind rar. Zudem steigt eine besorgniserregende Zahl an Betrieben aus der Milchviehhaltung aus. Die stetige Forderung nach einer noch stärkeren Ökologisierung der Landwirtschaft wird das Milchaufkommen eher dämpfen als fördern. Hinzu kommen die großen Unbekannten wie Klimawandel, Inflation und Politik. Lenz: „Im Moment spricht nichts für sinkende Lebensmittelpreise. Was aber - wie die jetzige Situation ganz offensichtlich zeigt - nicht gleichbedeutend für die Erzeugerpreise ist. Die Lebensmittelpreise werden aufgeblasen und Margen verzerrt. Das Geld wird leider noch nicht für den so oft propagierten Umbau der Tierhaltung eingesetzt. Die Konsequenzen wird die Gesellschaft zu tragen haben. Das vom HDE angekündigte Setzen auf Regionalität und Herkunft enthält Lenz zufolge zwei Botschaften: „Erstens: Das geht nur mit uns Bauern vor Ort. Zweitens: Auch wir Milcherzeuger müssen Gewohntes radikal überdenken und uns neu ausrichten. Dies gilt für die Produktion ebenso wie für die Vermarktung!“
17.01.2022
Von: FebL/PM

Quelle: Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) auf Basis von Daten Destatis und INLB