Grasfütterung für Kühe macht Milchproduktion nachhaltiger

Mehr Gras und Heu statt Mais und Kraftfutter für deutsche Rinder hätten einer Studie zufolge positive Auswirkungen in verschiedenen Bereichen. Der Futterwechsel beeinflusse sowohl den Flächenverbrauch, die Gesamtproduktion von Nahrungsmitteln als auch das Klima und das Tierwohl. Das geht aus der Studie des Schweizer Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) hervor, die der Auftraggeber Greenpeace am Montag veröffentlichte. Somit habe eine rein grünlandbasierte Milchproduktion großes Potenzial für den Klimaschutz. Gleichzeitig könne die Nahrungsmittelproduktion durch freiwerdende Futterflächen deutlich erhöht werden.

Deutlich weniger Milch, aber 2,4 Millionen Hektar Ackerfläche werden frei

Das FiBL hat in verschiedenen Szenarien berechnet, wie sich die Anzahl der Rinder und die Milch- sowie Rindfleischproduktion im Vergleich zu heute verändert, wenn der Anteil an Gras im Futter zwischen 85 und 100 Prozent liegt. Ohne den Einsatz von Maissilage und energiereichem Kraftfutter würde die durchschnittliche Milchmenge pro Jahr demnach um bis zu 50 Prozent sinken. Auch die produzierte Fleischmenge würde deutlich zurückgehen.

Gleichzeitig würden aber 2,4 Millionen Hektar Ackerflächen frei, auf denen bisher Mais und anderes Ackerfutter für Kühe und Mastrinder angebaut werden. Auf diesen Flächen könnten direkt Nahrungsmittel für Menschen angebaut werden. So ließen sich zweieinhalb bis dreieinhalb Mal mehr pflanzliches Protein erzeugen, als an tierischem Protein durch die Reduktion von Milch- und Fleischproduktion wegfielen.

Auch der Einfluss auf die Treibhausgasemissionen wurde untersucht. Die schädlichen Gase verringerten sich demnach von 33,9 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten auf zwischen 22,2 Millionen Tonnen und 27,7 Millionen Tonnen je nach Szenario. Die Größe CO₂-Äquivalente macht verschiedene Treibhausgase vergleichbar.

Umstellung nur mit längeren Übergangsperioden möglich

Die Studienautoren weisen in ihrer Untersuchung darauf hin, dass eine solche Umstellung "mit großen Veränderungen im Angebot von tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln" einhergehe. "Eine Umstellung auf solche Systeme würde große Veränderungen auf Betriebsebene bedingen und wäre nur mit längeren Übergangsperioden und guter Unterstützung möglich." Nach Ansicht von Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace, gibt es immer mehr Betriebe, die das in Deutschland, aber auch in der Schweiz, Irland, Österreich oder Neuseeland praktizieren und damit auch ökonomosch gut zurecht kommen Das ginge aber nur, wenn die Betriebe über genügend Grünland verfügen und sich davon freimachen, immer neue Höchstleistungen mit ihren Kühen zu erzielen. Und dazu müssten Betriebe die höheren Aufwendungen bei der Grasfütterung auch bezahlt bekommen. 

“Für viele Milchviehbetriebe in Grünlandregionen würden schon fünf bis zehn Cent mehr pro Liter ausreichen”, sagt Hofstetter. Im Supermarkt sei jedoch für Verbraucher:innen derzeit kaum zu erkennen, was für eine Milchviehhaltung hinter Käse- und Milchprodukten steckt. "Die meisten Molkereien haben kein Interesse, die Milch von Grünlandbetrieben getrennt zu verarbeiten und honorieren das entsprechend nur ungern”, so Hofstetter.

Greenpeace: Politik muss dringend handeln

Die Milchindustrie gaukele Verbraucherinnen und Verbrauchern vor, dass Kühe vor allem Gras und Heu fressen, sagt Hofstetter. "Doch die heutigen Milchmengen sind nur möglich, wenn die Tiere viel Silomais und Kraftfutter bekommen." Der Studie zufolge hatten 2020 nur 30 Prozent der Milchkühe in Deutschland Weidezugang, und dies lediglich für knapp sechs Monate im Jahr.

Greenpeace fordert, die Kuh wieder zu dem machen, was sie ursprünglich war: "ein exzellenter Verwerter von Grünland, das der Mensch ansonsten nicht bewirtschaften kann". Den Angaben zufolge besteht ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland aus Grünland, das aus ökologischen und klimatischen Gründen nicht bewirtschaftet werden kann oder nicht für Ackerbau geeignet ist. "Die Politik sollte dringend handeln und die Bewirtschaftung von Grünland beispielsweise durch eine Weideprämie fördern", sagt Hofstetter.