Erheblicher Forschungsbedarf für erfolgreiche Betriebsübergabe in der Landwirtschaft

Die Plattform landwirtschaftliche Sozio-Ökonomie analysiert die Betriebsübergabe in landwirtschaftlichen Familienbetrieben und benennt Wissenslücken und Handlungsbedarf.

In der „Plattform landwirtschaftliche Sozio-Ökonomie" haben sich Akteur:innen aus Wissenschaft, Verbänden und landwirtschaftlichen Institutionen zusammengeschlossen. Sie kritisieren, dass die soziale Dimension in der aktuellen Debatte über die Transformation der Landwirtschaft kaum vorkommt.
Die Plattform hat ein Diskussionspapier vorgelegt, in dem sie Wandel und Situation des Generationenwechsels in landwirtschaftlichen Familienbetrieben analysiert und Handlungsbedarf für Wissenschaft, Beratung und Politik formuliert.

Die Plattform konstatiert einen erheblichen Bedarf an sozialwissenschaftlicher Forschung. Rein ökonomische Erklärungen für Probleme bei der Hofübergabe oder statistische Zählungen – wie sie derzeit meist vorliegen – sind nicht ausreichend. Denn traditionelle Normen sind brüchig geworden. Sie hatten die Aufgabe, die innerfamiliären sozialen Spannungen zu reduzieren, die mit dem Prozess der Betriebsübergabe in der Landwirtschaft unweigerlich einhergehen. Der gesellschaftliche Wandel – sozial, ökonomisch, rechtlich – und der landwirtschaftliche Strukturwandel stellen diese Normen jedoch in Frage, so dass sie ihre Funktion nicht mehr oder nur noch sehr begrenzt erfüllen können. Die Landwirtschaft steht vor der Herausforderung, hier neue Wege zu finden.

Zusätzlich besteht agrarpolitischer Handlungsbedarf, um die Rahmenbedingungen für erfolgreiche Betriebsübergaben angesichts des sozialen, demografischen und ökonomischen Wandels zu verbessern.

Nicht zuletzt bedarf es nach Ansicht der Palttform der beratenden Unterstützung. Die konkrete Frage, ob und wie der Betrieb beim Generationenwechsel weitergeführt werden kann, stellt landwirtschaftliche Familien oft vor erhebliche Probleme, denen sie nicht selten ratlos gegenüberstehen, denn die Hofübergabe hat nicht nur rechtliche und ökonomische Aspekte, sondern insbesondere auch viele soziale, emotionale und persönliche Seiten.

Zu den politischen Rahmenbedingungen schreibt die Plattform unter dem Punkt „Neue Formen der Junglandwirteförderung“: „Die Junglandwirteförderung in der sog. Ersten Säule der europäischen Agrarpolitik (GAP) folgt dem klassischen Prinzip der Flächenförderung und setzt damit die Zielungenauigkeit der Flächenförderung fort: Der Umfang der Flächenbewirtschaftung ist weder ein Kriterium für Förderwürdigkeit noch für Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz oder Nachhaltigkeit.
Die Junglandwirteförderung als erhöhte Investitionsförderung in der sog. Zweiten Säule der GAP ist ebenfalls kritikwürdig. Sie geht oft an der Problematik im Rahmen von Hofübergabe und Existenzgründungen vorbei bzw. ist für Existenzgründer:innen nur schwer zugänglich, da sie nur von bereits wirtschaftenden Betrieben in Anspruch genommen werden kann.
Wir schlagen vor, dass nicht nur einzelne Instrumente novelliert werden, sondern dass ein neues Konzept für die gesamte Junglandwirteförderung erarbeitet wird.“

Als „innovatives Instrument“ für die Junglandwirteförderung hebt die Plattform in ihrem Papier die Niederlassungsprämie beispielhaft hervor. Dazu heißt es: „Im Rahmen der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) besteht die Möglichkeit, Existenzgründungsbeihilfen zu zahlen. Möglich wäre eine Beihilfe in Höhe von 100.000 € ohne Kopplung an konkrete Hektare oder Investitionen, sondern gekoppelt an ein Betriebskonzept mit solider wirtschaftlicher Planung. Das ist möglich, wird derzeit aber nur in wenigen Bundesländern (Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Rheinland-Pfalz) angeboten. Diese Prämie sollte bundesweit eingeführt werden. Die Qualifizierung der Prämie kann anhand eines Punktemodells umgesetzt werden. Als Zuwendungsvoraussetzung sollte ein umzusetzendes individuelles Nachhaltigkeitsprojekt in den Geschäftsplan aufgenommen werden. Die Zuwendungshöhe sollte differenziert werden zwischen innerfamiliärer Hofnachfolge und Existenzgründung. Bei begrenzten Mitteln sollten Neugründungen bevorzugt werden.“

Gefördert wurde die Arbeit der Plattform von der Landwirtschaftlichen Rentenbank. An der Erstellung des Papiers waren unter anderem beteiligt: Jochen Dettmer (AgrarBündnis e.V. sowie NEULAND e.V.), Ines Fahning (Agrarsoziale Gesellschaft e.V.), Prof. Dr. Theodor Fock (Hochschule Neubrandenburg, Fachbereich Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften), Lena Jacobi (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.), Katrin Muus (Thünen-Institut für Betriebswirtschaft) und Dr. Frieder Thomas (AgrarBündnis e.V.).