Auf ihrer Herbst-Konferenz in Brunsbüttel haben die Energieministerinnen und Energieminister sowie die -Senatorinnen und der -Senator der Länder an die Bundesregierung und den Bundestag appelliert, für die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland den Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft weiter entschieden zu verfolgen. Die anstehenden Neuwahlen dürften nicht wichtige Entscheidungen in der Gesetzgebung aufhalten oder verzögern. Und auch für die Bioenergieverbände im Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB) gibt es akuten Handlungsbedarf, der nicht bis zur nächsten Legislaturperiode warten kann.
Mit einer auf der Herbst-Konferenz in Brunsbüttel unter dem Vorsitz von Schleswig-Holstein verabschiedeten „Brunsbütteler Erklärung“ wird ein klares Bekenntnis für das Ziel der Klimaneutralität und die Fortführung der Energiewende abgelegt. Die anstehenden Neuwahlen dürften nicht wichtige Entscheidungen in der Gesetzgebung aufhalten oder verzögern. Brüche sollen vermieden werden. Entscheidende Projekte der Energiewende sind dem Appell zufolge noch zügig voranzutreiben, um das Erreichen der Klimaziele nicht zu gefährden und Planungssicherheit für Wirtschaft und Industrie zu gewährleisten. Dazu zählt die Forderung nach Entlastungen bei den Netzentgelten, damit die Strompreise für Industrie und Verbraucher spürbar sinken und die Elektrifizierung voranschreiten kann. Zudem sollen das Kraftwerkssicherheitsgesetz noch verabschiedet und die geplanten Ausschreibungen starten. Auch die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes soll jetzt kommen, wozu auch ein wirksames Biomassepaket gehöre. Wichtige weitere Schritte seien die Umsetzung der Beschleunigungsgesetze für Erneuerbare Energien, Geothermie und Wasserstoff.
Schleswig-Holsteins Energieminister Tobias Goldschmidt, der die Konferenz im Rahmen des schleswig-holsteinischen Vorsitzes geleitet hat und für die von den Grünen geführten Energieministerien spricht, sagte: „Die Länder stehen geschlossen hinter der Energiewende. Die Brunsbütteler Beratungen waren von einer guten Kompromissbereitschaft getragen – über alle länder- und parteipolitischen Grenzen hinweg. Wir haben entscheidende Weichen gestellt, von einem tragfähigen Investitionsrahmen für den raschen Erneuerbaren-Ausbau über den Stromnetzausbau bis hin zum Wasserstoffhochlauf. Wir unterstützen geschlossen den Vorschlag des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers, sehr kurzfristig Maßnahmen zur Senkung der Netzentgelte zu ergreifen. Ich wünsche mir den Geist der Beratungen von Brunsbüttel in den kommenden Monaten auch für Berlin, das würde die Energiewende und unser Land voranbringen.“
Sachsen-Anhalts Energieminister Prof. Dr. Armin Willingmann erklärte für die SPD-geführten Energieministerien: „Von Brunsbüttel geht heute das klare Signal an die Bundespolitik aus, dass wir uns angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen keine politischen Spielchen leisten können. Es muss Neuwahlen geben und Bundeskanzler Olaf Scholz hat einen realistischen Zeitplan dafür skizziert. Die Energieministerinnen und -minister der Länder zeigen in der einstimmig beschlossenen Brunsbütteler Erklärung auf, welche wichtigen energiepolitischen Themen in den nächsten Monaten weiterbearbeitet werden müssen. Wir brauchen spürbare Entlastungen bei den Energiepreisen, insbesondere den Stromnetzentgelten. Das kann gemeinsam erreicht werden. Es geht vor allem darum, Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Deutschland langfristig zu sichern. Angesichts der anhaltenden Konjunkturflaute dürfen nicht auch noch Wachstumschancen vertan werden. Weite Teile der Wirtschaft haben sich auf den Weg der klimaneutralen Transformation gemacht; dies darf nicht ins Stocken geraten. Der Ausbau erneuerbarer Energien, der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft muss zügig vorangetrieben werden. Hier gibt es auch eine klare Erwartungshaltung in der deutschen Industrie an die Politik.“
Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagte: "Wir fordern den Bund auf, alles zu unternehmen, die Ausschreibungen für wasserstofffähige Gaskraftwerke im Rahmen der Kraftwerksstrategie zu beschleunigen. Die ersten Ausschreibungen müssen schon Anfang 2025 starten. Wir brauchen einen verlässlichen Zubau von 17 bis 21 Gigawatt (GW) Kraftwerkskapazität bis 2031. Es darf keinesfalls eine Lücke bei der Stromversorgung entstehen.
Wir brauchen jetzt zeitnah die Umsetzung der angekündigten Biomassestrategie mit einem großen Biomassepaket. Dazu gehört eine deutliche Erhöhung des Ausschreibungsvolumens für die Biomasseförderung auf mindestens 1.200 Megawatt pro Jahr. In Deutschland ist Bioenergie mit 50 Terawattstunden Strom und 170 Terawattstunden Wärme ein stabiler und verlässlicher Baustein unserer Energieversorgung. Das muss langfristig gesichert und ausgebaut werden.“
HBB: Ausschreibungsvolumen auf 1.800 Megawatt anheben
Die Bioenergieverbände im Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB) nehmen das Ampel-Aus zum Anlass, auf dringenden Handlungsbedarf insbesondere im Stromsektor hinzuweisen. Sie fordern unter anderem eine Übergangslösung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für die hunderten Bioenergieanlagen im Land, deren EEG-Vergütung nun ausläuft und die nun von einer Stilllegung bedroht sind.
Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB), kommentiert die aktuellen Ereignisse und betont: „Im Bereich der Bioenergie gibt es akuten Handlungsbedarf, der nicht bis zur nächsten Legislaturperiode warten kann. Das angekündigte Biomassepaket muss zumindest in Teilen umgesetzt werden."
Allem voran sieht Rostek die dringende Notwendigkeit einer Übergangslösung im EEG für hunderte vor der Stilllegung stehenden Bioenergieanlagen, deren EEG-Vergütung nun ausläuft. „Wir müssen uns klar machen, dass wir bei weiterer Verzögerung in dieser Angelegenheit dutzende Terrawattstunden regenerativen Strom und Wärme leichtsinnig auf Spiel setzen! Sollten Bioenergieanlagen zukünftig aufgrund des viel zu geringen Ausschreibungsvolumens im EEG keine Anschlussvergütung erhalten oder in 2025 keine Neuanlagen ans Netz gehen können, werden wir in Deutschland nicht nur schwerlich unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern können, sondern auch eine ganze Branche an die Wand fahren. Wir fordern die Abgeordneten aller demokratischen Parteien auf, im EEG zumindest eine Übergangslösung für das Ausschreibungsvolumen zu finden. Wir empfehlen kurzfristig zumindest für 2025 das Ausschreibungsvolumen auf 1.800 Megawatt anzuheben, um dann mit der gewonnenen Zeit unter einer neuen Bundesregierung ein gut ausgearbeitetes und ordentliches Biomassepaket auf den Weg zu bringen," so Rosteks Empfehlung.
„Es ist aus Branchensicht darüber hinaus gut, dass sehr kontroverse Themen wie die Überarbeitung des Bundeswaldgesetzes oder die verfehlten Ansätze für eine „Nationale Biomassestrategie" nun nicht mehr auf der politischen Agenda stehen. Beide Vorhaben wären einer nachhaltigen und zukunftsweisenden Bioenergienutzung entgegengestanden," schließt Rostek.