EMB-Auftrag an die neue EU-Beobachtungsstelle: Faire Berechnungsmethode für Transparenz nutzen & Wege aus der Unterdeckung finden

Im Zusammenhang mit einer fairen Position der Erzeuger in der Wertschöpfungskette spielt Transparenz bei Kosten und Preisen eine sehr große Rolle. Vor Kurzem hat die EU-Beobachtungsstelle für die Agrar- und Lebensmittelkette (AFCO) ihr erstes Treffen abgehalten, um genau diese Transparenz nach Ansicht des European Milk Board (EMB) „hoffentlich auf den Weg zu bringen“. Die Methoden dafür existieren laut EMB bereits im Milchsektor. So kalkuliert das Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) die aktuellen Kosten- und Preiszahlen schon seit vielen Jahren nach einer repräsentativen Methode. Soeben wurden die aktuellen EU-Zahlen veröffentlicht: Im Fünfjahresdurchschnitt decken die Preise nur 88 Prozent der Produktionskosten.

EU-Durchschnitt: Milchauszahlungspreise und Beihilfen reichen weiterhin nicht für eine kostendeckende Milcherzeugung

Schaut man sich die EU-Zahlen seit 2017 an, wird laut EMB klar, dass eine hohe Kostenunterdeckung bitterer Alltag für die Landwirt:nnen ist. Diese Unterdeckung der letzten Jahre reicht von -22 Prozent (2018) bis zu -6 Prozent im Jahr 2023. Einzige Ausnahme: das Jahr 2022. In der gerade erschienenen Kostenkalkulation des BAL heißt es dazu: „Der immense Anstieg der Betriebsmittelkosten, insbesondere für Dünger, Futter und Energie ab 2020, frisst die Mehrerlöse durch höhere Milchauszahlungspreise auf. Nachdem 2022 einmalig zumindest kostendeckende Milchauszahlungspreise ausgezahlt wurden, verschärft sich die Unterdeckung der Kosten seit 2023 wieder deutlich, weil die Milchauszahlungspreise bei gleichbleibend sehr hohen Betriebsmittelkosten wieder fielen.“

„Diese wichtigen Informationen zu den (negativen) Margen der Erzeuger müssen genutzt werden, um endlich Maßnahmen einzuleiten, die zu vollkostendeckenden Erzeugerpreisen führen“, sagt Kjartan Poulsen – Vorsitzender des EMB, das die EU-Kostenberechnungen an das BAL in Auftrag gegeben hat, um den Sektor und die Öffentlichkeit über diese essentiellen Eckdaten informieren zu können. „Die Berechnungsmethode ist von großer Bedeutung, da sie repräsentativ ist und vor allen Dingen auch ein angemessenes Einkommen für die Erzeuger in die Kalkulation mit aufnimmt“, so Poulsen. Laut Elmar Hannen, EMB-Vizevorsitzender, sind damit Datenlage sowie potenzielle Kalkulationsmethoden in der EU bereits auf einem vielversprechenden Niveau. Das EMB stelle die faire Kalkulationsmethode der EU gern zur Verfügung, damit diese endlich beim Thema Kostendeckung konstruktiv vorankommt. Allgemein müsse die EU-Kommission bezüglich der genutzten Daten aus dem Informationsnetz landwirtschaftlicher Buchführungen (INLB) noch nachbessern, um eine aktuellere EU-Datengrundlage zu schaffen.

Oberstes Ziel der Beobachtungsstelle nicht verfehlen

Auch bezüglich der neu eingerichteten Beobachtungsstelle AFCO richtet Hannen eine wichtige Forderung an die EU-Kommission: „Es darf keinen Moment aus den Augen verloren werden, dass das oberste Ziel dieser Observationsstelle die Verbesserung der Position der Erzeuger in der Kette sein muss.“ Die Gründe dafür seien hinlänglich bekannt – die Landwirte verlassen die Produktion in Scharen, die junge Generation kann aufgrund der Abwesenheit von jeglicher Profitabilität nicht einsteigen, so dass die EU-Nahrungsmittelproduktion daher auf der Kippe steht. „Wenn die Observationsstelle vorankommen soll, dann kann das Ziel nicht von anderen Interessen torpediert werden. Viele verschiedene Interessengruppen haben Vertreter in die Observatory gesendet. Das darf aber nicht dazu beitragen, dass das Ziel der fairen Erzeugereinkommen verfehlt wird.“ Man baue auf die EU-Kommission, die Gruppe so zu leiten, dass es nicht zu verwaschenen und nicht-zielführenden Resultaten kommt. „Wir erwarten, dass nicht-konstruktive Beiträge von Akteuren, die kein Interesse an einer besseren Erzeugerstellung haben, auch als solche erkannt werden und dass nun endlich in Richtung vollkostendeckende Preise für LandwirtInnen gearbeitet wird“, betont Hannen.

Die EU-Kosten- und Preiszahlen des BAL sprechen laut EMB eine deutliche Sprache und zeigen die Realität im Milchsektor in ihrer ganzen Härte auf. Diese Daten zu ignorieren, ist für die EU keine Option mehr. „Die LandwirtInnen werden das nicht mehr in Kauf nehmen. Sie haben die Observationsstelle und künftige Reformvorschläge seitens der EU-Kommission fest im Blick. Wird hier nicht geliefert, dann drohen neben einem erneuten EU-weiten Protestausbruch auch ein gefährlicher Einbruch im Agrarsektor und in der Nahrungsmittelproduktion der Union“, so Kjartan Poulsen.