Das Thema „Wolf“ bewegt viele Bäuerinnen und Bauern. Das Landesteam Bayern des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) traf sich daher virtuell mit Vertretern des Bund Naturschutz in Bayern e.V., um über dieses denkbar streitig diskutierte Thema zu beraten. Zweifellos, so der BDM: Der Wolf treibt aktuell viele Nutztierhalter um, die im Sinne ihrer Tiere eine großzügigere Abschussregelung und eine Aufnahme ins Jagdrecht fordern. Auf der anderen Seite betonen Naturschützer die Bedeutung der Rückkehr des Wolfes und wenden sich strikt gegen pauschal strengere Entnahmeregelungen. Und auch das gut zweistündige Gespräch mit dem BN-Vorsitzenden Richard Mergner und dem Wolfsbeauftragten Uwe Friedel konnte diese Differenz nach Ansicht des BDM nicht ausgleichen.
In dem sachlich geführten Gespräch betonten die BDM-Landesvorsitzenden Manfred Gilch und Hans Leis die Bedeutung der Weidehaltung von Milchvieh in Bayern. Ebenso sei zu beachten, dass die Gesellschaft im Sinne des Tierwohls eine Weidehaltung wünsche. Dies sei allerdings nicht möglich, wenn permanent die Angst vor Wolfsrissen präsent sei. Hierbei gehe es ausdrücklich nicht ausschließlich um den Wert der gerissenen Tiere, sondern auch um die Verantwortung der Tierhalter, möglichen Schaden von ihren Tieren abzuwenden, so Gilch. Daher sei eine beschleunigte Entnahme von Wölfen notwendig. Zudem führe eine ständig wachsende Population zum Auftreten von Hybriden, die aus der Paarung von Hunde-Rüden und Wölfinnen entstehen und somit die genetische Reinheit des Wolfes gefährden so Hans Leis.
Die Vertreter des Bund Naturschutz (BN) wiesen ihrerseits darauf hin, dass bereits heute die Möglichkeit zum Abschluss von Wölfen, die sich gefährlich verhalten oder schon Sicherungsmaßnahmen für Nutztiere überwunden hätten, besteht. Es sei nicht auszuschließen – eigentlich wahrscheinlich –, dass auch in Bayern die Zahl der vorhandenen Wölfe zunehmen würde, allerdings würden auch Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigen, dass der Abschluss beziehungsweise die Entnahme nicht automatisch Erfolge in Bezug auf die Risse garantieren würde. Daher wäre auch eine Veränderung des Wolf-Schutzstatus innerhalb der FFH-Richtlinie, die oft als Lösung des Problems angeführt wird, nicht der Weisheit letzter Schluss. Nur wenig Trost konnte daher auf der Seite des BDM auch die Tatsache, dass mehr als 80% der Risse Schafe, aber nur 10% Rinder betreffen, spenden.
Es bleibt nach Ansicht des BDM somit dabei, dass zwischen den Interessen der Tierhalter und denen der Naturschützer ein aktuell sehr großer und schwer zu überwindender Graben bleibt. Gleichzeitig müsse angemerkt werden, dass der Rahmen des bayerischen Wolfsmanagements und Wolfsmonitorings vor allem durch die Politik bestimmt wird. Allerdings beziehen sich hier die Rechtsrahmen vor allem auf Europäisches und Bundesrecht; eine Neuregelung aufgrund des bayerischen Rechts sei – die bevorstehende Landtagswahlkampf hin oder her – nicht möglich.
Unterm Strich fordert das BDM-Landesteam Bayern eine nachhaltigere und stärker an den Interessen der Milchviehhalter orientierte Ausrichtung. Herdenschutzmaßnahmen, so dringend sie nötig sind und so wünschenswert ihr Erfolg auch ist, sind sehr teuer und arbeitsintensiv sowie teilweise aufgrund der Topografie Bayerns einfach nicht möglich. Hier muss der Schutz der Nutztiere Vorrang vor dem Schutz des Wolfes haben.
Trotz der Differenzen werde man sich weiterhin einem konstruktiven Dialog mit dem Bund Naturschutz zur Entnahme des Wolfes auch in Zukunft nicht verschließen, so Manfred Gilch und Hans Leis zum Ende des Gesprächs. Dabei müsse man aber zu praktikablen und an den Interessen der Landwirtschaft orientierten Lösungsvorschlägen kommen.
Auf eine kürzlich erfolgte Ankündigung des bayerischen Kabinetts, den Abschuss von Wölfen und die Entnahme von Fischottern zukünftig zu erleichtern, hatte der BN erklärt, dass diese keinerlei Auswirkungen auf die Praxis habe. „Wolf und Fischotter sind als gefährdete Arten sowohl durch die europäische als auch durch die deutschen Richtlinien geschützt – darüber kann sich auch ein Herr Söder oder Herr Aiwanger nicht einfach so hinwegsetzen. Der Ministerpräsident und sein Wirtschaftsminister ignorieren hier einfach rechtliche Grundlagen, das ist keine seriöse politische Sacharbeit. Hubert Aiwanger hat in der heutigen Pressekonferenz selber von juristisch dünnem Eis gesprochen. Ich bin gespannt, wie die Staatsregierung das Thema tatsächlich angehen will“, erklärte dazu der BN-Landesvorsitzende Richard Mergner.
Ein entsprechende artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung, die sich ans Naturschutzrecht halten muss, ist immer zwingend erforderlich, unterstreicht der BN-Wolfsexperte Uwe Friedel: „Statt Nebelkerzen zu zünden, sollte die Staatsregierung erstmal Ihre Hausaufgaben machen und einen Plan für die praktische Durchführung der Entnahme von rechtskräftig zum Abschuss frei gegebenen Wölfen vorlegen. Es ist völlig unklar, wer im Fall eines Falles in Bayern in welchem Gebiet, wann und wie schnell einen Wolf entnehmen kann.“