AbL: Schnellere und unbürokratische Entnahmen beim Wolf sind zu begrüßen

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) begrüßt die Ankündigung von Umweltministerin Steffi Lemke, zukünftig bei Wolfsrissen Schadwölfe schneller und unbürokratischer entnehmen zu können. Das war rechtlich bisher schon möglich, scheiterte aber oft an selbstgesetzten bürokratischen Hürden. Unterstützung für die Pläne der Ministerin kommt auch von NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

Ottmar Ilchmann, niedersächsischer Landesvorsitzender der AbL und selbst Weidetierhalter, führt aus: "Der DNA-Nachweis also Voraussetzung für eine Entnahme soll nun wegfallen und erst als Abgleich zum Riss am toten Wolf vorgenommen werden. Zukünftig genügt ein einziger Riss eines geschützten Tieres, um die Abschussgenehmigung zu erteilen. Das wird dazu führen, dass nach Übergriffen die Erfolgsquote bei der Entnahme der betreffenden Wölfe steigen und weitere Übergriffe verhindert werden. Eine gute Nachricht für betroffene TierhalterInnen! Nun müssen auch die Bundesländer mitziehen, bei der Umweltministerkonferenz zustimmen und das Konzept auf Landesebene schnell umsetzen.“

Immer öfter kommt es laut Ilchmann auch zu Übergriffen von Wölfen auf Rinder. „Hier fehlt noch die Definition des ‚zumutbaren Schutzes‘. Die Bundesländer sollten dafür umgehend das neue Herdenschutzkonzept von Baden-Württemberg übernehmen“, erklärt der AbL-Landesvorsitzende und fährt fort. „Vermisst habe ich bei den Ausführungen der Ministerin eine Perspektive zur Wolfsproblematik für die nähere Zukunft. Frau Lemke sollte das Angebot der EU-Kommission, den Schutzstatus des Wolfes zu überdenken, annehmen und unterstützen. Keineswegs kann damit bis 2025 gewartet werden, dafür ist die Entwicklung der Wolfspopulation viel zu dynamisch. Ein aktives Bestandsmanagement des Wolfes auch ohne konkretes Rissereignis darf für stark belastete Regionen kein Tabu sein!"

Die neue Regelung zum erleichterten Abschuss

Die Vorschläge der Ministerin stehen laut dem Bundesumweltministerium (BMUV) im Einklang mit dem europäischen Artenschutz und sehen vor, dass 21 Tage lang auf einen Wolf geschossen werden darf, der sich im Umkreis von 1.000 Metern von der Rissstelle aufhält. Anders als im bisherigen Verfahren muss hierfür nicht das Ergebnis einer DNA-Analyse abgewartet werden. Die Ausnahmegenehmigung für den Abschuss kann von den Behörden erteilt werden, nachdem ein Wolf zumutbare Herdenschutzmaßnahmen in zuvor festgelegten Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen überwunden und Weidetiere gerissen hat. Der Vorschlag bedeutet laut BMUV: schnellere Verfahren, mehr Schutz und Sicherheit für die Weidetierhalterinnen und -halter, Rechtssicherheit für die Bundesländer und Konsistenz mit europäischen und nationalen Regelungen. Vor allem aber sei dieser Vorschlag schnell in der Praxis umsetzbar und erfordere keine europäischen und nationalen Rechtsänderungen. Er sei lösungsorientiert und praktisch. Gemeinsam mit den Ländern arbeite das BMUV zudem an begleitenden Maßnahmen wie der Einführung von Musterbescheiden, die den Verwaltungsaufwand der Länder weiter reduzieren und damit entbürokratisieren würden. Ihre Vorschläge will Bundesumweltministerin Lemke in den derzeit laufenden Prozess mit den Ländern einbringen; Ziel sei eine Beschlussfassung der Umweltministerkonferenz Ende November.

NABU: Sinnvolle Vorschläge

Auch der NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger unterstützt die Pläne der Ministerin. „Die allermeisten Wölfe respektieren Herdenschutzmaßnahmen. Für die wenigen Fälle, in denen trotz Herdenschutz Weidetiere gerissen werden, hat Ministerin Lemke heute sinnvolle Vorschläge für ein effizienteres Handeln gemacht. Nun kommt es auf die Umsetzung in den Ländern an. Klar ist: ‚Vereinfachte Abschüsse‘ nach den neuen Vorschlägen sind keine pauschale Bejagung. Es geht um berechtigte Einzelfälle, in denen kein milderes Mittel vorhanden ist. Es ist eine Sache der Fairness, dass Weidetierhalter, die guten Herdenschutz einsetzen und trotzdem Risse zu beklagen haben, nicht zu noch mehr Schutzmaßnahmen verdonnert werden. In diesen Fällen greift die Ausnahmeregelung – und nur dann.“

Neben der rechtlichen Sicherheit müsse aber auch an den praktischen Herausforderungen gearbeitet werden, sowohl im Herdenschutz als auch im Entnahmefall. Der NABU hält es für sinnvoll, professionelle Ranger-Teams zu bilden, die bei Entnahmen effizient eingesetzt werden können. Beispiel könnte die Schweizer Wildhut sein. Der NABU versteht, dass es zu Unverständnis führt, wenn im berechtigten Entnahmefall monatelang nicht der richtige Wolf/kein Wolf geschossen wird, weil man ihn nicht bekommt. Losgelöst von Entnahmefragen sei immer guter Herdenschutz die Basis. Sobald es Wolfspräsenz in einer Region gibt, sind ungeschützte Weidetiere gefährdet. Von daher ist nach Ansicht des NABU nicht unbedingt die Anzahl der Wölfe entscheidend für das Rissgeschehen, sondern das Vorhandensein und der Zustand des Herdenschutzes. Hier sei in vielen Bundesländern noch Luft nach oben in der Unterstützung und Förderung der Weidetierhaltenden.

Die Zahlen zum Wolf

Laut der aktuellen jährlichen Veröffentlichung des Bundesamts für Naturschutz (BfN) gab es für das Monitoringjahr 2022/2023 in Deutschland 184 Wolfsrudel, 47 Paare und 22 Einzelwölfe, das heißt in der Summe 253 Wolfs-Territorien. Das geht aus den Erhebungen der Bundesländer hervor, die hierfür mehrere zehntausend Hin- und Nachweise ausgewertet haben. Die meisten Wolfsrudel lebten im Wolfsjahr 2022/2023 in Brandenburg (52), gefolgt von Niedersachsen (39) und Sachsen (38). Anlässlich des Monitorings wurden im abgeschlossenen Monitoringjahr in den bestätigten Wolfsterritorien insgesamt 1.339 Wolfsindividuen nachgewiesen: 439 adulte Wölfe, 83 Jährlinge (Wölfe im 2. Lebensjahr) und 634 Welpen (Wölfe im 1. Lebensjahr) sowie 183 Wölfe die altersmäßig keiner dieser Gruppen eindeutig zuordenbar waren.

18.10.2023
Von: FebL/PM

Umweltministerin Lemke hat neue Regeln zum Umgang mit dem Wolf vorgeschlagen. Foto: Alexa/Pixabay