Studie: Gene ausschalten führt zu unerwarteten Effekten
Mit Gen-Scheren wie Crispr/Cas lassen sich einzelne Gene so bearbeiten, dass sie ihre Funktion verlieren. Ein Beispiel dafür sind Zuchtpilze, die beim Anschneiden nicht braun anlaufen. Dazu wurden im Erbgut der Pilze an mehreren Stellen Genfunktionen ausgeschaltet, die natürlicherweise eine Bräunung der Schnittstellen bewirken. Diese Crispr-Pilze wurden in den USA ohne weitere Überprüfung als Lebensmittel zugelassen. Dass dies gefährlich für die Verbraucher sein könnte, legt eine Studie von Heidelberger Forschern nahe. Darauf weist der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik e.V. (VLOG) hin.
Die Wissenschaftler des European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg wollten herausfinden, ob die von einer Gen-Schere bewirkten Eingriffe tatsächlich den gewünschten Stilllegungseffekt haben. Dazu schalteten sie in den Zellen einer menschlichen Zelllinie 136 Gene ab. Anschließend überprüften sie, ab diese Gene tatsächlich ihre Funktion eingestellt hatten und waren überrascht: Ein Drittel der Gene steuerte nach wie vor die Produktion von Eiweißen, manche auf einem niedrigeren Niveau, andere in der gleichen Größenordnung wie vor dem Abschalten. Zudem zeigten sich unbeabsichtigte Veränderungen bei vielen der Eiweiße, die trotzdem ihre Funktion behielten. Die Wissenschaftler folgerten daraus, dass die verbliebene Eiweißproduktion stillgelegter Gene systematisch untersucht werden müsse. Insgesamt bedeute ihre Entdeckung „eine wichtige potenzielle Einschränkung der CRISPR-Technologie für die biologische Forschung sowie für therapeutische Anwendungen“, lautete das Fazit ihrer Studie.
Im Internetdienst GMWatch betonte der britische Molekularbiologe Michael Antoniou, dass die veränderten Proteine neben den alten Funktionen auch eine neue Funktion mit unbekannten Konsequenzen erhalten haben könnten. In Pflanzen könnte dies „zur Produktion neuartiger Toxine oder Allergene führen“. Oder das veränderte Protein selbst könnte toxische oder allergene Eigenschaften haben. Um dies auszuschließen, müssten die Gentechniker ein gründliches molekulares Profil ihrer bearbeiteten Pflanze erstellen. Sollten sich dabei, wie zu vermuten sei, Änderungen gegenüber der unveränderten Mutterpflanze zeigen, mache dies „eine umfassende Toxizitäts- und Allergenitätsbewertung erforderlich“, die auch langfristige Tierfütterungsstudien einschließen müsse.
„Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner legt viel Wert darauf, Entscheidungen auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen“, kommentierte VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting die Ergebnisse der Studie. „Nun zeigen Wissenschaftler zum zweiten Mal binnen weniger Wochen, dass Verfahren der Neuen Gentechnik zu unerwarteten Nebenwirkungen führen können.“ Um solche Risiken von den Verbrauchern abzuwenden brauche es eine rigorose Sicherheitsüberprüfung im Rahmen eines strengen Zulassungsverfahrens. „Dafür muss sich die Ministerin jetzt einsetzen, wenn sie wissenschaftliche Ergebnisse ernst nimmt.“