SPD-Reihenfolge für den Umbau der Tierhaltung: Tierwohlkriterien für die Haltungsstufen festlegen, Bau- und Immissionsschutzgesetz anpassen, über Finanzierung entscheiden

Die SPD will beim Umbau der Tierhaltung die dafür erforderlichen Schritte „logisch aufeinander aufbauen“. Das sagte die agrarpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Susanne Mittag, im Rahmen eines „Austauschgesprächs“ mit dem Agrar- und Ernährungsforum Oldenburger Münsterland (AEF) laut einer Mitteilung des AEF. „Wir wollen das Rad nicht neu erfinden, aber anders als die Vorgängerregierung die Schritte logisch aufeinander aufbauen. Dementsprechend werden wir im ersten Schritt schnellstmöglich mit den Verhandlungspartnern die Tierwohlkriterien für die Haltungsstufen festsetzen, dann das Bau- und Immissionsschutzgesetz anpassen und abschließend über die Art der Finanzierung entscheiden.“ Die Übernahme privatwirtschaftlicher Label lehnte Mittag laut der AEF-Mitteilung ab, da sich in der Vergangenheit gezeigt habe, dass das Geld so nicht immer bei den Landwirten ankäme; das wolle die neue Bundesregierung mit ihrer Art der Finanzierung aber sicherstellen. Mittag habe zwei Finanzierungstöpfe in Aussicht gestellt – zum einen für den Umbau der Ställe und zum zweiten für die Dauerfinanzierung des Transformationsprozesses. Der Mehraufwand der Landwirte müsse zukünftig nachhaltig honoriert werden. Den agrarpolitischen Akteuren in Berlin sei der Zeitdruck durchaus bewusst, so Mittag. Sie forderte die Landwirte aber auf, ihre Skepsis gegenüber der neuen Bundesregierung zu überdenken und stattdessen auf die Perspektiven zu schauen, z.B. als Energie- und Umweltwirte. Zustimmung erhielt Mittag von der ebenfalls an dem Austausch teilnehmenden niedersächsischen SPD-Landtagsabgeordnete Karin Logemann. „Wir sehen auch den zunehmenden Druck, der auf den Landwirten lastet. Sorgentelefone stehen nicht mehr still, aber Landwirte, Unternehmen, Verbände und Politik müssen auch konstruktiv und gemeinsam an Lösungen arbeiten.“ Logemann wünschte sich konsequentes und beherztes Agieren auf Bundesebene. „Ich habe großes Vertrauen in die neue Bundesregierung, besonders auch in die handelnden Personen im Agrar- und Ernährungsbereich. Die Basis ist da, mit dem Borchert-Papier und dem Ergebnis der Zukunftskommission “, so Logemann. Dass der Umbau der Tierhaltung zwangsläufig zu einer Reduktion der Tierzahlen führen werde, dessen ist sich laut der Mitteilung auch der AEF-Vorsitzende Sven Guericke sicher. „Weitere Wettbewerbsverzerrungen“, so die AEF-Mitteilung, gelte es aber zu vermeiden, wenn künftig auf eine verbindliche und EU-weite Herkunfts- und Haltungskennzeichnung gesetzt werde. „Wir hoffen, dass sich die Bundesregierung der Dringlichkeit bewusst ist und schnellstmöglich die notwendigen Leitplanken setzt, die wir zeitnah brauchen.“, so Guericke. Gerade für den Nordwesten Niedersachsens könne ein überhasteter und zu schneller Umbau der Tierhaltung zu einer maßgeblichen Gefahr für die Wertschöpfung der gesamten Region werden, mahnte er. Das Oldenburger Münsterland zählt sich selber „als renommiertes Veredelungsgebiet zu den Innovationszentren der internationalen Agrar- und Ernährungswirtschaft“. Dort befindet sich die größte Dichte an industriell geprägten Geflügel-, Schweine- und Rinderzuchtbetrieben in Deutschland und dort befinden sich beispielsweise die Goldschmaus Gruppe, das Moorgut Kartzfehn, die Wesjohann GmbH, die PHW-Gruppe/Lohmann & Co. AG und ein Standort von VION. „Ein in die Zukunft ausgerichtetes Kapitel aufschlagen“ zu wollen, hatten Mittag und der stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Matthias Miersch auch nach einer Online-Konferenz der SPD-Agrarsprecher in Bund, Ländern und dem Europaparlament erklärt und als konkrete Vorhaben für 2022 eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung sowie die Erarbeitung einer nachhaltigen Ernährungsstrategie angekündigt. Gesetzlich vorgehen will die SPD gegen „Bodenspekulationen, unhaltbare Zustände in Schlachthöfen und eine zuckerverherrlichende Werbeindustrie“. Einhalt gebieten will die Partei einer Strukturentwicklung, bei der „große Betriebe größer werden, kleine Betriebe aufgeben“. Wie diese strukturellen Probleme zu beseitigen seien, dazu hätten die Zukunftskommission Landwirtschaft und die Borchert-Kommission den Weg aufgezeigt.