Laut eines Referentenentwurfs des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) plant das Ministerium, das Anwendungsverbot für das Herbizid Glyphosat aus der Pflanzenschutzanwendungsverordnung (PflSchAnwV) zu streichen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Aurelia Stiftung kritisieren die Ankündigung scharf und werfen Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir vor, ohne Not das aktuell bestehende Anwendungsverbot streichen zu wollen. In einer fachlich-juristischen Stellungnahme zeigen DUH und Aurelia Stiftung drei rechtliche Umsetzungsmöglichkeiten auf, wie ein nationales Glyphosatverbot auch nach der Entscheidung der EU-Kommission aufrechterhalten werden kann. Das Breitbandherbizid Glyphosat hat nach Ansicht von DUH und Aurelia Stiftung drastische Auswirkungen auf die Biodiversität und gefährdet Wild- und Honigbienen. Auch schwerwiegende gesundheitliche Risiken für Menschen können nicht ausgeschlossen werden.
Dazu erklärt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Aufhebung des lange angekündigten und längst überfälligen Glyphosatverbots nehmen wir nicht hin. Immer wieder behaupten das Landwirtschaftsministerium und das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, sie müssten die Zulassung für hochgiftige Pestizide verlängern, weil die EU die Genehmigung verlängert hätte. Das ist falsch. Deutschland kann das Ackergift Glyphosat rechtmäßig national per Verordnung verbieten. Die geplante Freigabe von Glyphosat ist hingegen ein erneuter Bruch mit dem Koalitionsvertrag. Landwirtschaftsminister Özdemir darf sich nicht länger wegducken, sondern muss sich endlich gegen die Agrochemie-Lobby durchsetzen, um Umwelt und Gesundheit zu schützen. Spätestens unsere Klagen werden das hochgiftige Glyphosat endgültig von unseren Äckern verbannen.“
Zu den drei rechtlichen Umsetzungsmöglichkeiten für ein Aufrechterhalten eines nationalen Glyphosatverbots auch nach der Entscheidung der EU-Kommission heißt es seitens DUH und Aurelia Stiftung: Erstens kann gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der EU an einer nationalen Verordnung festgehalten werden, wenn sie dem Umweltschutz dient. Zweitens kann das Landwirtschaftsministerium das Verbot damit begründen, dass es sich um eine Notfallmaßnahme handelt (Grundlage: Art. 71 VO (EG) 1107/2009). Drittens muss das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit diesen November ohnehin die erneute Überprüfung der Zulassungen von Glyphosat-Produkten abgeschlossen haben. Es sei bereits jetzt ersichtlich, dass die Mittel unter anderem aufgrund der Auswirkungen auf die Umwelt die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllen und ihre Zulassungen damit aufgehoben werden müssen. Die Erkenntnisse aus dem laufenden Verfahren zur DUH-Klage gegen das glyphosathaltige Produkt Roundup Powerflex bestätigten diese Einschätzung.
Matthias Wolfschmidt, Vorsitzender des Vorstands der Aurelia Stiftung, sagt: „Anders als es das Bundeslandwirtschaftsministerium in seinem Entwurf behauptet, kann Deutschland ein vollständiges nationales Anwendungsverbot von Glyphosat erlassen – zum Beispiel als Notfallmaßnahme zum Schutz der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Umwelt. Denn die Anwendung des Totalherbizids Glyphosat ist erwiesenermaßen mit drastischen Auswirkungen auf die Biodiversität und insbesondere auch Wild- und Honigbienen verbunden. Zudem konnten gesundheitliche Risiken bislang nicht ausgeschlossen werden.“
Die Aurelia Stiftung hat im Januar außerdem ein juristisches Verfahren gegen die EU-Kommission eingeleitet, dem sich die DUH angeschlossen hat, da die Erneuerungsentscheidung von Glyphosat auf unzulässigen Daten- und Bewertungslücken sowie fehlerhaften Bewertungen beruht.