Kommentar: Klima - gibt es nicht Wichtigeres?

Bäuerinnen und Bauern können diese Frage schnell beantworten: Nein! Für uns gibt es nichts Wichtigeres als das Wetter und damit das Klima. Nichts hat einen so großen Einfluss auf unsere tägliche Arbeit und den wirtschaftlichen Erfolg eines jeden Betriebs.
Kein Wunder, dass viele Betriebe sich Gedanken machen, wie sie sicher sein können vor den Einflüssen, die der Klimawandel mit sich bringt. Die Liste ist lang. So vielfältig wie die Landwirtschaft ist, so individuell sind auch die Auswirkungen des Klimawandels. Schlecht sind immer die Extreme: extrem trocken, extrem nass, extrem viele Fliegen, extreme Starkregen, extreme Winde und das alles in einer nie da gewesenen Häufigkeit.
Manch einer versucht sich in wetterunabhängigen Betriebszweigen wie der Fischzucht, andere investieren in erneuerbare Energien. Als Saatguthändler werde ich häufig gefragt, welche Kultur oder Sorte denn nun die Lösung sei. In den letzten Jahren ging es vor allem um Trockenheitsresistenz, in diesem Jahr war das eher nicht relevant. Was ist im nächsten Jahr wichtig? Das Einzige, was klar ist: Es wird wieder extrem. Jedes Jahr schafft neue Rekorde, aber in welche Richtung ist vorher nicht klar.
Auf die Frage, ob denn nun Winter- oder Sommerbohne das Richtige ist, lautet meine Antwort immer gleichbleibend: Beides! Wer auf eine Karte setzt, geht in den heutigen Zeiten immer das Risiko ein, durch ein Wetterextrem einen Totalausfall zu erleben. Spezialisierung kann vielleicht Kosten optimieren, aber Krisenfestigkeit sicherlich nicht gewährleisten.
Es ist unglaublich schwer, den Betrieb auf all die Veränderungen, die da kommen, einzustellen, und nicht in jeder Hinsicht möglich. Neben der Klimaanpassung werden von einem Bauernhof heute auch Klimaschutz, Umbau der Tierhaltung, Innovation, Biodiversität, Lohngerechtigkeit und vieles mehr gefordert und das alles muss natürlich fein säuberlich dokumentiert werden.
Lösungen und Vorschläge gibt es letztlich viele, ob Agroforst, Agriphotovoltaik, grüne Brücke, etc. Ich muss bei uns auf dem Hof immer wieder feststellen, wie viel Zeit das alles benötigt, zum Planen, Ausprobieren und Umsetzen ... Zeit, die häufig nicht vorhanden ist. Neben Zeit benötigen die meisten Maßnahmen auch Geld – oder zumindest einen Puffer, falls es nicht funktioniert. Einen Puffer, der nach zweieinhalb Jahren Ukrainekrieg nicht da ist.
An dieser Stelle ist die Politik gefordert, sinnvolle und langfristige Förderung für Klimaschutz und -anpassung, aber auch für Tierwohl und gute Arbeitsbedingungen zu bieten, statt Millionen für Güllefässer, Spritzen und Kamerahacken bereitzustellen, die letztlich vor allem bei der Industrie landen und nicht auf den Höfen.
Damit die Förderung an den richtigen Stellen landet, ist eine zielgenaue Politik nötig, die bewerten kann, welche Maßnahme sinnvoll ist und welche nicht. Die GAP ist hierzu ein starkes Werkzeug, das es ermöglichen würde, die Betriebe gezielt zu unterstützen, statt ein pauschales „Weiter so“ über die Flächenprämie fortzuschreiben.
Klar ist für mich schon jetzt: Auf Weisheiten, die über Jahrzehnte Bestand hatten, kann man sich nicht mehr verlassen. Saat- und Erntezeitpunkte, Vermarktungswege, Düngezeitpunkte u. a. fordern Beweglichkeit. Die Herausforderung besteht also vor allem darin, sich jedes Jahr auf neue Bedingungen einzustellen und nicht nur auf eine Karte zu setzen.