Die zunehmende Patentierung in der Züchtung besorgt Verbände aus konventioneller und ökologischer Landwirtschaft, Züchtung sowie Kirche gleichermaßen. Daher fordern der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V., der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V., der Bioland e.V., der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V., der Deutsche Bauernverband, die Evangelische Kirche in Deutschland, die Katholische Landvolkbewegung Deutschlands und die Katholische Landjugendbewegung, Patente auf biologisches Material zur Pflanzenzüchtung endlich wirksam und rechtssicher einzuschränken. Das muss die konventionelle Züchtung inklusive Zufallsmutagenese sowie genveränderte Organismen aus der Neuen Gentechnik umfassen, verdeutlichen die acht Verbände in einem gemeinsamen Positionspapier.
Das Verbändebündnis macht deutlich, wie ernst die Lage durch die befürchtete Aufweichung des EU-Gentechnikrechts ist. Denn Patente auf Pflanzen, die in der EU eigentlich verboten sind, werden seit längerem über eine laxe Auslegung des Europäischen Patentrechts ermöglicht. Das geplante EU-Gentechnik-Gesetz eröffnet Saatgut-Unternehmen noch mehr rechtlichen Spielraum, Pflanzeneigenschaften jeglichen Ursprungs zu patentieren. Diese Patentflut schränkt den freien Zugang der Züchtung zu genetischer Vielfalt weiter ein und bringt die Landwirtschaft in enorme Abhängigkeit, wovor nicht nur eine von IFOAM-initiierte Koalition von über 200 Organisationen schon lange warnt.
Bioland-Präsident Jan Plagge kommentiert: „Der ungewöhnlich enge Schulterschluss von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft, Züchtung und Kirchen zeigt, dass wir es hier mit einem der drängendsten Probleme im Agrarsektor zu tun haben. Eine rechtssichere Lösung der Patente-Frage ist unabdingbar, um die europäische Landwirtschaft und Züchtung wirksam gegen die zunehmende Patentierung von Pflanzen- und Pflanzeneigenschaften durch Konzerne zu schützen. Als breites Bündnis über alle vermeintlichen Differenzen hinweg machen wir pragmatische Vorschläge, wie das gelingen kann und fordern die Politik zum zügigen Handeln auf.“
Forderungen an die Politik
Unter der Überschrift „Forderungen an die Politik“ heißt es in dem Positionspapier: „Um das Sortenangebot in einer großen Vielzahl an Kulturarten für eine zukunftsfähige Landwirtschaft, die den ökologischen und ökonomischen Herausforderung Rechnung trägt, auch weiterhin gewährleisten zu können, muss der uneingeschränkte Zugang zu biologischem Material zur Pflanzenzüchtung sichergestellt sein. Dies kann nur dann durch den Sortenschutz erreicht werden, wenn das Sortenschutzsystem nicht vom Patentsystem ausgehöhlt wird.
Grundlegend ist es unerlässlich, eine umfassende Einschränkung der Patentierung biologischen Materials zur Pflanzenzüchtung, welches auch in der Natur vorkommt, vorkommen könnte oder zufällig entstanden ist, vorzunehmen. Dieses Material muss uneingeschränkt für die Züchtung und Vermarktung neuer Sorten sowie für die Wertschöpfungskette zur Verfügung stehen.
Ein wichtiger Teilaspekt dieser Forderung, der Patentierungsausschluss von Produkten der Zufallsmutagenese, ist im österreichischen Patentgesetz bereits umgesetzt und muss nun zeitnah EU-weit gelten.
Unabhängig davon muss die Patentierbarkeit oder zumindest die Wirkung von Patenten auf alles, oben beschriebene biologische Material für die Pflanzenzüchtung EU-weit rechtssicher eingeschränkt werden. Dies schließt neben Produkten aus Zufallsmutagenese auch Produkte aus Verfahren der Genomeditierung sowie dem Bereich der markergestützten Selektion mit ein. Ein Lösungsansatz dafür bietet die Implementierung einer „vollen Züchterausnahme“ in der Biopatentrichtlinie 98/44, wie im White Paper von Prof. Metzger, Prof. Zech und Dr. Kock vorgeschlagen.
Es muss sichergestellt werden, dass alle vorgenannten Forderungen rechtssicher auch im EPÜ sowie dem UPC umgesetzt werden, damit der Zugang zu biologischem Material uneingeschränkt für die Züchtung und Vermarktung neuer Sorten zur Verfügung steht.“