Greenpeace und Erzeugergemeinschaften für faire Erzeugerpreise

Rund 88 Prozent des Frischfleischs der großen Supermärkte stammt von Tieren, die nach Ansicht der Umweltschutzorganisation Greenpeace „unter qualvollen und häufig gesetzeswidrigen Bedingungen gehalten wurden“ und im Handel gekennzeichnet sind als Haltungsform 1 oder 2. Zu diesem Ergebnis kommt Greenpeace nach Auswertung einer schriftlichen Abfrage bei Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto, Penny, Rewe und Real. Aus den Angaben zur Umsetzung der freiwilligen Fleischkennzeichnung (Haltungsform 1-4), zum Sortiment und zur künftigen Einkaufspolitik hat Greenpeace ein Ranking erstellt. Alle Supermärkte schneiden dabei schlecht ab. Mit lediglich 179 von insgesamt 1.000 möglichen Punkten führt Kaufland das Feld an. Edeka, Netto und Real sind die Schlusslichter. Real hat die freiwillige Kennzeichnung gar nicht eingeführt und keine weiteren Aussagen getroffen. “Es ist erschreckend, wie viel Tierleid noch immer im Sortiment der Supermärkte steckt“, sagt Stephanie Töwe, Landwirtschaftsexpertin von Greenpeace. „Billigfleisch schadet Umwelt, Klima und Gesundheit. Der Handel muss Fleisch aus klimaschädlicher und tierschutzwidriger Produktion aus den Regalen nehmen.” Einführung der Haltungsform reicht nicht aus, um Tierhaltung zu verbessern Der Handel hatte im April 2019 eine vierstufige Kennzeichnung für die Frischfleischprodukte der Eigenmarken eingeführt. Dabei entspricht Haltungsform 1 (Stall) dem gesetzlichen Mindeststandard, Haltungsform 4 (Premium) ist unter anderem mit Bio vergleichbar. Laut Abfrage setzen die Supermärkte (außer Real) die Kennzeichnung weitestgehend um. Kennzeichnungslücken gibt es an den Frischetheken. Lediglich bei Kaufland wird an der Theke vollständig gekennzeichnet. Auch verarbeitetes Fleisch wie Wurst-, Convenience- und Tiefkühl-Produkte sowie Frischfleisch der Fremdmarken werden kaum oder gar nicht gekennzeichnet. “Nur eine verpflichtende Kennzeichnung ermöglicht eine bewusste Kaufentscheidung im Supermarkt. Das versucht Landwirtschaftsministerin Klöckner bislang zu verhindern”, so Töwe. Vage blieben die Supermärkte zudem bei der Frage nach Umstellung auf besseres Fleisch. Bei Schwein und Rind will Lidl bis 2022 bzw. 2025 auf die schlechteste Haltungsform 1 verzichten. Aldi Nord, Aldi Süd, Rewe und Penny planen dies ebenfalls, allerdings ohne Zeitangabe. Mehr Tierwohl braucht faire Preise für bäuerliche Betriebe „Von Tierwohl reden, aber vorrangig Billigfleisch bewerben – das passt nicht zusammen! Wenn die bäuerlichen Betriebe in eine bessere Tierhaltung investieren sollen, dann brauchen sie faire Preise und langfristige Verträge”, so Töwe. Die Landwirtschaft stehe bereit mehr Tierwohl zu leisten – aber nicht als billiger Rohstofflieferant, sondern auf Augenhöhe. Das äußert laut top agrar auch der Vorsitzende der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG), Matthias Frieß, und bezieht sich dabei auf den von der Initiative Tierwohl (ITW) für die Erzeuger vorgeschlagenen Tierwohlaufpreis von nur 5,28 € pro Mastschwein. Die Tatsächlichen Erzeugungskosten lägen unter anderem durch mehr Platz und höhere Arbeitsaufwendungen deutlich höher. Ein Mehr an Tierwohl gäbe es nicht zum Schleuderpreis von nur ca. 5 Cent je kg Schlachtgewicht. Greenpeace hat in über 50 Städten vor großen Supermärkten gegen Billigfleisch protestiert und will in den kommenden Wochen das Sortiment verstärkt unter die Lupe nehmen.