Gentechnik-Bakterien gefährden Lebensmittelsicherheit

Gentechnik-Bakterien werden unter anderem dazu verwendet, um Enzyme und Vitamine für die Lebensmittelindustrie zu produzieren. Dabei gelangen ungewollt immer wieder auch die Bakterien selbst in den Prozess der Lebens- und Futtermittelherstellung. Die EU-Mitgliedsländer entdeckten in den letzten Jahren mehr als ein Dutzend Fälle, die mehr als 20 Länder betreffen. Darauf weist das Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie Testbiotech hin. Für Kontaminationen mit gentechnisch veränderten Organismen, die für die Produktion der Enzyme eingesetzt werden, gilt in der EU eine Null-Toleranz im Endprodukt. Auch dürfen die Produkte nicht mit der DNA von Gentechnik-Bakterien verunreinigt sein. Die Gentechnik-Bakterien verfügen über Resistenzgene gegen Antibiotika, die mit Darmbakterien ausgetauscht werden können. Genauere Untersuchungen zeigen jetzt ein erhebliches Risiko für die Lebensmittelsicherheit. Eine aktuelle Publikation belgischer Wissenschaftler:innen zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es beispielsweise zu einer Genübertragung von Gentechnik-Bakterien auf pathogene Keime kommen kann, hoch ist. Zudem scheint die Genomorganisation bei den Gentechnik-Bakterien gestört: Zusätzliche Genkonstrukte und fehlerhafte Genkopien finden sich an unerwarteten Stellen im Erbgut der Mikroben. Die Autor:innen schließen auf erhebliche Risiken für die Lebensmittelsicherheit und die öffentliche Gesundheit: „These findings raise serious food safety and public health concerns...“. Bereits 2018 hatte die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA in einem anderen Fall gesundheitliche Risiken durch die Kontamination mit Gentechnik-Bakterien festgestellt. Dabei ging es um mehrfache Funde lebensfähiger Bakterien in Futtermitteln, die zur Produktion von Vitaminen (B2) eingesetzt wurden. Zudem wurden 2020 auch in Proben von Amylase-Enzymen die Spuren von Gentechnik-Bakterien gefunden. Amylasen werden in Backwaren verwendet und können u.a. den Effekt haben, dass die Produkte frischer wirken, als sie es tatsächlich sind. Viele der verunreinigten Produkte stammten aus Deutschland. Neben dem Risiko der Kontamination mit Gentechnik-Bakterien gibt es auch offene Fragen, die die Enzyme betreffen: Diese müssen zwar seit einigen Jahren eine Risikobewertung durchlaufen, doch diese deckt nicht alle relevanten Bereiche ab. So ist beispielsweise nicht klar, inwieweit die Enzyme auch in den fertigen Lebensmitteln (wie Backwaren) noch aktiv sind. Zudem wird der Einsatz auf den Produkten nicht gekennzeichnet. Der unabhängige Berufsverband Die Freien Bäcker e.V. fordert unter anderem deshalb schon seit Jahren eine Deklarationspflicht für technische Lebensmittel-Enzyme am Endprodukt. Verbraucher:innen müssen endlich die Möglichkeit erhalten, selbst zu entscheiden, ob sie Lebensmittel konsumieren möchten, die mit Stoffen hergestellt werden, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen produziert wurden. Derzeit reichen die Anforderungen der geltenden EU-Gesetzgebung nicht aus, um die Rückverfolgbarkeit sicher zu stellen. Den zuständigen Behörden steht kein Instrument zur Überwachung des unbefugten Vorhandenseins von gentechnisch veränderten Mikroorganismen zur Verfügung. Zudem deuten zahlreiche Hinweise schon seit Jahren darauf hin, dass diese Stoffe mit gesundheitlichen Risiken einhergehen könnten. Auch aus diesem Grund hat der Verband die Verwendung von technischen Enzymen nach den „Grundregeln für die handwerkliche Herstellung von Brot und Backwaren“ des Die Freien Bäcker e.V. ausgeschlossen. Testbiotech hatte sich wegen fehlender Nachweisverfahren und offenen Fragen bei der Risikobewertung bereits im August an die EU-Kommission gewandt. Bisher ist die Kommission aber nicht tätig geworden. Testbiotech warnt davor, dass sich die derzeitigen Probleme mit fehlenden Nachweisverfahren durch die mögliche Einführung von Organismen aus Neuer Gentechnik noch verschärfen werden, sollte die EU-Kommission die gesetzlichen Vorgaben hier lockern.