Mindestlohnkommission beschließt moderate Erhöhung

Der gesetzliche Mindestlohn soll in den nächsten beiden Jahren moderat steigen. Das hat die Mindestlohnkommission mit Mehrheit und gegen die Stimmen der Arbeitnehmerseite beschlossen. Demnach soll der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro, und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro brutto je Stunde erhöht werden. Für den Gesamtverband der deutschen land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) ist das eine „besonnene und maßvolle Entscheidung“ und für den Zentralverband Gartenbau (ZVG) zeigt die Entscheidung, „dass auch die Kommission erkannt hat, wie knapp die Unternehmen bereits kalkulieren müssen“. Als „unzumutbar“ bezeichnet demgegenüber der Bauernverband die Erhöhung.

In dem Beschluss der Kommission heißt es: „Die Beschlussfassung fällt in eine Zeit schwachen Wirtschaftswachstums und anhaltend hoher Inflation in Deutschland, die für Betriebe und Beschäftigte gleichermaßen große Herausforderungen darstellen. Die Folgen der Corona-Pandemie sind in vielen Wirtschaftszweigen weiterhin zu spüren. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und seine negativen Folgen für die deutsche Wirtschaft dauern fort. Für das Gesamtjahr 2023 wird eine Stagnation des Wirtschaftswachstums erwartet. Für das Jahr 2024 gehen die aktuellen Prognosen von einer moderaten wirtschaftlichen Erholung aus. Die Inflation erreichte im Jahr 2022 mit einer Höhe von 6,9 Prozent einen historisch hohen Wert.“ Vor diesem Hintergrund ist die Mehrheit der Mindestlohnkommission der Auffassung, „dass die zweistufige Erhöhung des Mindestlohns dazu dient, die Lohnkostensteigerungen für die betroffenen Betriebe vor dem Hintergrund der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage tragfähig zu halten und zugleich die Verdienste der Beschäftigten zu stabilisieren.“

„Wir begrüßen es außerordentlich, dass die Mehrheit der Mindestlohnkommission dem massiven Druck der Politik, Gewerkschaften und Sozialverbände, den Mindestlohn auf 13,50 Euro oder gar 14,00 Euro anzuheben, nicht nachgegeben hat“, erklärt GLFA-Präsident Hans-Benno Wichert, der nun erwartet, „dass die Politik diese besonnene und maßvolle Entscheidung der Mindestlohnkommission anerkennt und nicht erneut durch gesetzgeberische Maßnahmen untergräbt.“ Die Sonderkulturbetriebe stünden schon jetzt unter einem enormen Wettbewerbsdruck durch ausländische Ware, die zu deutlich geringeren Mindestlöhnen und Sozialstandards produziert werde. Dieser Druck werde sich mit Die vorgeschlagene Mindestlohnanhebung werde diesen Druck noch erhöhen und es drohe eine weitere Abwanderung der Produktion ins europäische und nicht europäische Ausland.

ZVG: Kosten müssen auch erwirtschaftet werden

Für den Zentralverband Gartenbau (ZVG) zeigt die angekündigte Erhöhung des Mindestlohnes auf 12,41 Euro zum 1. Januar 2024, dass auch die Kommission erkannt hat, wie knapp die Unternehmen bereits kalkulieren müssen. „Der Sprung auf 12 Euro die Stunde zum Oktober 2022 hat einen großen Teil der gärtnerischen Betriebe bereits vor Herausforderung gestellt“, betont ZVG-Generalsekretär Bertram Fleischer. Für die Verbraucher seien diese Auswirkungen noch nicht komplett spürbar, so Fleischer weiter, da die Verträge mit Handel und Verarbeitung in der Regel weit im Vorfeld abgeschlossen worden seien. Im Laufe dieses Jahres würden viele Kulturen erstmals unter den neuen Bedingungen geerntet, während gleichzeitig in den Medien über gestiegene Lebensmittelpreise berichtet werde. Von diesen Preissteigerungen komme allerdings bei vielen Produzenten nichts oder nur sehr wenig an.

Fleischer erinnert daran, dass der Mindestlohn im Gartenbau sich vor allem auf einfache Arbeiten in der Saison-Arbeit auswirkt, die (noch) nicht automatisiert werden können. Möglicherweise sollte über differenzierte Lösungen in diesem Lohnsegment nachgedacht werden, regt der ZVG an. Viele Betriebe würden gerne die Entlohnung von Fachkräften deutlicher erhöhen, aber die Kosten müssen auch erwirtschaftet werden, nicht nur die Lohnkosten.

Die Betriebe stehen nach Ansicht des ZVG bereits seit Jahren unter enormem Wettbewerbsdruck, gerade auch innerhalb der EU. Dazu kämen die erheblich gestiegenen Kosten im Bereich der CO2-Bepreisung, Energie oder auch bei Betriebsmitteln. Gleichzeitig will die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag die regionale deutsche Produktion fördern. Hier braucht es von Seiten der Politik deutlich mehr Unterstützung für die Betriebe, so der ZVG. Der Gartenbau in Deutschland sei von kleinen und mittleren Familienunternehmen geprägt. Eine ständige Kostensteigerung, die nicht mehr zu erwirtschaften ist, werde auf Dauer zu weniger Produktionsvielfalt in Deutschland führen – auch wenn sich die Auswirkungen nur allmählich zeigten.

DBV: Nicht tragbare Belastung

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, bezeichnet den Vorschlag der Mindestlohnkommission für den landwirtschaftlichen Sektor als unzumutbar: „Auch wenn die vorgeschlagene Steigerung auf den ersten Blick moderat ausfällt, wird sie zu einer nicht tragbaren Belastung für unsere Betriebe. Die wird in den arbeitsintensiven Bereichen wie Obst-, Gemüse- und Weinbau den Strukturwandel beschleunigen. Wir werden weitere Betriebe verlieren und noch mehr Erzeugung von Lebensmitteln ins Ausland verlagern. Wie sollen wir im europäischen Wettbewerb bestehen, wenn nahezu all unsere Nachbarn einen deutlich geringeren Mindestlohn haben? So wird Landwirtschaft in Deutschland keine Zukunft haben. Deutschland muss sich in Brüssel für einen europäischen Mindestlohn einsetzen, um weitere Ungleichgewichte zu vermeiden.“

Zum Hintergrund erklärt der DBV: Schon heute kommen fast 75 Prozent an Obst und Gemüse aus dem Ausland. Laut Statistischem Bundesamt lag im Berichtsjahr 2021/22 der Selbstversorgungsgrad bei Obst in Deutschland bei nur noch 20,2 Prozent. Der Selbstversorgungsgrad von Gemüse lag in Deutschland im Jahr 2021/22 bei rund 38,1 Prozent. Damit ist Deutschland im Bereich Gemüse auf Importe aus dem Ausland angewiesen. Bei Tomaten etwa lag der Selbstversorgungsgrad 2021/22 nur bei 3,5 Prozent. Die Tomate gehört zu den beliebtesten Gemüsesorten der Konsumenten in Deutschland.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat angekündigt, dem Vorschlag der Mindestlohnkommission zu folgen und den Beschluss per Verordnung rechtsverbindlich umzusetzen.

04.07.2023
Von: FebL/PM

Kommission beschließt moderate Mindestlohnerhöhung. Foto: Peter Stanic/Pixabay