In einer gemeinsamen Stellungnahme haben die Organisationen „Landwirtschaft verbindet Deutschland“ und Parents for Future (P4F) zusammen mit dem Forschungszentrum Jülich das große Potential von Agri-PV-Anlagen betont und konkreten Verbesserungsbedarf formuliert, „um die Agri- PV-Anlage zu einer echten Alternativtechnologie werden zu lassen“. Nachfolgend veröffentlichen wir die Stellungnahme im Wortlaut:
Wir sehen in Agri-PV-Anlagen ein großes Potenzial für die postfossile Energiewende. Sie stellen aus unserer Sicht eine wertvolle und zugleich notwendige Technologieerweiterung dar. Daher befürworten wir die Maßnahmen der Bundesregierung durch die Aufnahme der Agri-PV im Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) 2023 zur Förderung dieser speziellen PV-Technik.
Zugleich sehen wir an einigen Stellen Verbesserungsbedarf, um die Agri- PV-Anlage zu einer echten Alternativtechnologie werden zu lassen.
Kostenförderung
Durch die Einführung der Technologieprämie im EEG in Höhe von 1,2 Cent pro Kilowattstunde werden ab 2023 grundsätzlich die Mehrkosten und die besonderen Synergiepotenziale hoch aufgeständerter Systeme berücksichtigt. Aus unserer Sicht ist die Höhe der Technologieprämie gerade für hoch aufgebaute Agri-PV Systeme leider nicht ausreichend für einen raschen Ausbau.
Durch hohen Kostendruck können Innovationen und Vielfalt beim Markthochlauf verhindert und die landwirtschaftliche Produktion aus den Augen verloren werden. Vor allem stark gestiegene Stahlpreise haben in den letzten Jahren die Kosten für die Aufständerung massiv gesteigert.
Daher empfehlen wir während der Markthochlaufphase der hoch aufgeständerten Agri-PV, ein spezielles Segment für diese Technologie im EEG aufzunehmen, um die Mehrkosten durch Förderung zu decken und somit den Markt wachsen zu lassen. Durch Marktwachstum und Skalierung der Technologie können die Kosten in den nächsten Jahren sukzessiv sinken, wie es bei der Dach-PV in den vergangenen Jahren bereits beobachtet wurde.
Flächenerweiterung
Zur Installation von Agri-PV sollten alle Flächen genutzt werden können, deren Überbauung keine Nachteile für die Nahrungsmittelproduktion erwarten lässt. Insbesondere Tierausläufe (zum Beispiel Hühnerweiden) sollten ins Auge gefasst werden. Hier sind zudem Vorteile für das Tierwohl zu erwarten: weniger Hühnerverluste durch Greifvögel, Sonnenschutz für Rinder und Schweine. Daher sollte gesetzgeberisch möglichst schnell darauf hingewirkt werden, Hindernisse in diesem Bereich aus dem Weg zu räumen.
Konsequent genutzt werden sollte überdies die Installation von Agri-PV auf Flächen, die für die Erweiterung der Biodiversität gedacht sind.
Beispielsweise sollten – wo landschaftlich möglich – auf Gewässerrandstreifen Feldversuche mit vertikalen Agri-PV-Anlagen gestartet werden. Bei positivem Ergebnis für die Biodiversität wäre in diesem Bereich kaum ein Flächenverlust vorhanden. Zugleich können die Erträge dieser Agri-PV-Anlagen zur Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen eingesetzt werden – eine Win-Win-Win- Situation für Umwelt, Gesellschaft und Flächeneigner.
Genehmigungsverfahren
Agri-PV-Anlagen werden auf landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Flächen installiert und betrieben. Das Baurecht sieht hierzu das Bauen im sogenannten Außenbereich vor. Grundsätzlich sind dort nur privilegierte Vorhaben zuzulassen, sofern öffentliche Belange diesen nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist.
Eine solche Privilegierung ist nach aktueller Rechtslage für Agri-PV- Anlagen in vielen Fällen nicht möglich. Für Agri-PV ist meist die Erstellung eines Bebauungsplans mit den örtlichen Kommunen sowie die Anpassung des Flächennutzungsplans notwendig. Diese Verfahren kosten viel Zeit und verzögern damit die Skalierung der Agri-PV-Technologie.
In Anlehnung an die bereits veröffentlichten Empfehlungen des Bauernverbands und des Fraunhofer Instituts empfehlen wir, Agri-PV- Systeme, die in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang zu einem landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieb stehen, nach §35 BauGB explizit zu privilegieren. Hierbei können bestimmte Rahmenbedingungen gesetzt werden, beispielsweise eine Größenbeschränkung für privilegierte Anlagen.