„Tierschutz und Ringelschwänze abschneiden, das passt nicht zusammen“, kommentiert Tina Andres, Vorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), die aktuelle Stellungnahme des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung (Borchert-Kommission). Denn in den aktuellen Empfehlungen spreche sich die Kommission für eine Kennzeichnungsstufe aus, in der die Tiere zwar etwas mehr Platz im Stall bekommen sollen, aber das gesetzliche Verbot des Schwänze-Kupierens weiter ausgehebelt bleibe.
„Wir haben uns mit all unserem Wissen und der Erfahrung zu Tierwohl ins Kompetenznetzwerk eingebracht. Das Gremium hat viel dazu beigetragen, dass niemand mehr ernsthaft die Notwendigkeit des Umbaus anzweifelt, was sehr wertvoll ist. Aber gerade, weil ein zukunftsfähiges System in der Tierhaltung absolut drängt, können wir den aktuellen Vorstoß nicht mittragen. Denn die jüngste Empfehlung der Borchert-Kommission läuft darauf hinaus, dass nicht nur beim gesetzlichen Mindeststandard, sondern auch bei der nächsten Stufe den Schweinen weiterhin die Schwänze abgeschnitten werden müssten, weil der Stall zu klein ist. Das hat so wenig mit einem Umbau der Tierhaltung zu tun wie Kohle mit Energiewende“, sagt Andres und ergänzt: „Wir müssen dahin kommen, das Haltungssystem an das Tier anzupassen und nicht andersherum. Dafür müssen sich besonders alle Tierschützerinnen und Tierschützer einsetzen, allen voran Bundesminister Cem Özdemir.“
Damit der Umbau der Landwirtschaft insgesamt gelingt, ist es nach Ansicht des BÖLW entscheidend, dass die Kundinnen und Kunden Bio-Fleisch durch eine Kennzeichnung– wie beim Ei – klar unterscheiden können von anderen Qualitäten, die weniger tun für Umwelt, Tier und Klima. Bei Bio endet der Tierschutz nicht bei Schwein, Kuh oder Geflügel, so der BÖLW. Auch Wildtiere wie Feldhase, Biene oder Rebhuhn bekämen mit Öko-Landwirtschaft gesunde Lebensräume. Denn Bio komme ohne chemisch-synthetische Pestizide und Kunstdünger aus. Ein weiteres Plus des Systems laut BÖLW: Die Bio-Tierhaltung ist flächengebunden, das heißt, es kommen nur so viele Tier auf die Flächen, wie Boden und Wasser aushalten und das Land an Futter hergibt.
„Wir begrüßen es, dass die Bundesregierung eine verpflichtende Haltungskennzeichnung für Fleisch nach dem Vorbild der Eierkennzeichnung einführen will“, sagt die BÖLW-Vorsitzende und betont: „Wenn der Umbau der Tierhaltung in der Breite gelingen soll, ist es wichtig, dass der Mehraufwand für die Tierhalterinnen und Tierhalter über eine Fleischabgabe finanziert wird. Bessere Regeln für Transport und Schlachtung müssen über das Ordnungsrecht geregelt werden und so für alle Tiere greifen.“
Gerade vor dem Hintergrund der krisenhaften Situation an den Agrarmärkten, müsse der Umbau der Tierhaltung schnell angepackt werden. „Denn auf der einen Seite brauchen mehr Bäuerinnen und Bauern eine Perspektive mit einer besseren Tierhaltung. Auf der der anderen Seite müssen wir dringend zu einer flächengebundenen Tierhaltung kommen, bei der weniger Futter importiert werden muss und mehr Getreide auf den Tellern statt im Trog landet“, heißt es beim BÖLW.