Biogas-Paket zurück an Absender

Das Bundeskabinett hat am 11. Dezember das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am vergangenen Freitag vorgelegte „Biogas-Paket" mit einer nur geringfügigen Änderung beim Ausschreibungsvolumen "durchgepeitscht", so das Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB). Der Kabinettsentwurf, der auf Änderungen am Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) abzielt, könnte somit im Januar 2025 im Bundestag beraten werden. Die Bioenergieverbände im HBB lehnen den Gesetzesentwurf nach wie vor ab und appellieren nun an Bundesrat und Bundestag, diesem nicht zuzustimmen.

Sandra Rostek, Leiterin des HBB, zeigt wenig Verständnis für die Entscheidung des Bundeskabinetts das desaströse „Biogas-Paket" zu unterstützen und findet deutliche Worte: „Warum das Bundeskabinett heute den bereits von der gesamten Branche abgelehnten Entwurf durchgewunken hat, bleibt uns schleierhaft. Der Vorschlag gefährdet die Biogasbranche akut und damit auch die Energiewende, den Klimaschutz und die Versorgungssicherheit in Deutschland. Gerade in der aktuellen Dunkelflaute, die auch morgen noch anhalten soll, ist die Bioenergie eine wesentliche Stütze des Strommarktes und liefert im Gegensatz zur fossilen Alternative grünen Strom."

Zur Vorgeschichte: Am 5. Dezember veröffentlichte das BMWK ein sogenanntes „Biogas-Paket", startete damit auch eine Verbändeanhörung und räumte zur Einreichung erster fachlicher Stellungnahmen eine Frist bis zum Ablauf des 06. Dezember ein. Selbst die nach Ansicht des HBB äußerst kurze Frist zur Stellungnahme von weniger als 24 Stunden, reichte aus, um festzustellen, dass die Bioenergiebrache dieses Paket ablehnen muss, so das HBB. Für den Fachverband Biogas stellt das Paket „in seiner aktuellen Form einen Ausstiegspfad aus der Biogasnutzung im Stromsektor dar“.

Nach Ansicht des HBB zeigt das Biogas-Paket keinen gangbaren Weg in die künftige Flexibilisierung des Anlagenparks auf und biete damit auch nicht die dringend benötigte Zukunftsperspektive. Nahezu zeitgleich veröffentlichte die Bundesnetzagentur die Ausschreibungsergebnisse vom 01. Oktober diesen Jahres. Erneut war diese nahezu dreifach überzeichnet, was den dringenden Handlungsbedarf untermauert. Auf ein Ausschreibungsvolumen von circa 234 Megawatt (MW) gingen 712 Gebote mit einer Gebotsmenge von circa 622 MW ein.

Sandra Rostek, Leiterin des HBB, zeigt sich enttäuscht über die gestern Abend veröffentlichten Überlegungen aus dem Wirtschaftsministerium zum sogenannten Biogas-Paket und betont: „Der Entwurf ist in seiner aktuellen Form leider unausgegoren und geht an der Realität der Branche vorbei. Auch sein erklärtes Ziel, die Flexibilisierung der Biogasanlagen zu fördern, wird es so verfehlen. Dieses „Päckchen" können wir daher nicht annehmen und ist bereit zur Retour ans BMWK."

Nach den Überlegungen aus dem Wirtschaftsministerium sollen die Betriebsstunden der Biogasanlagen ohne Übergangsregelung von heute 4000 deutlich auf 2500 und später auf 2000 Stunden reduziert werden. Einhergehend mit den geringeren Betriebsstunden gibt es jedoch nur eine leichte Anhebung des Flexibilitätszuschlags von heute 65 €/kW auf 85 €/kW.

„Während wir im aktuellen EEG 2023 noch die Regelung einer festen Vergütung einer gewissen Strommenge haben, sollen nach den Vorstellungen des Wirtschaftsministeriums nur noch Betriebsstunden pro Anlage gefördert werden. Ob diese Anlagen im Sommer bei geringer Wärmeabnahme nur gedrosselt fahren und viel weniger Strom und Wärme produzieren, wird hiermit nicht berücksichtigt. Im Winter hingegen, wenn die Nachfrage nach Strom und Wärme besonders groß ist, fehlen dann die Betriebsstunden. Eine Biogasanlage lässt sich aufgrund der biologischen Aktivität der Bakterien aber nicht wie ein Erdgasmotor tage- oder gar wochenlang abstellen. Auch braucht die Umstellung auf eine noch flexiblere Fahrweise eine gewisse Übergangszeit. Wenn etwa eine Biogasanlage, die aktuell zweifach überbaut ist, in der nächsten Ausschreibung bereits diese neuen Anforderungen erfüllen muss, müsste neben allem bürokratischen Genehmigungswahnsinn innerhalb nur weniger Monate Gas- und Wärmespeicher sowie zusätzliche Motorkapazität installiert werden. So kann das nicht funktionieren. Daher macht es auch keinen Sinn, die Übergangszeit von heute 5 Jahre auf 2 Jahre zu kürzen, führt Rostek aus.

Daneben lehnt Rostek auch die Priorisierung von Bestandsanlagen mit angeschlossenen Wärmenetzen sowie die angehobenen Flexibilitätsanforderungen an feste Biomasseanlage ab: „Wir brauchen Lösungen, die für alle Biomasseanlagen funktionieren".

Vor dem Hintergrund der endenden Legislatur scheint die notwendige grundlegende Überarbeitung nicht realistisch. Angesichts der erneut massiv überzeichneten Ausschreibungsergebnisse appelliert die Branche daher an die Politik: „Im Zentrum jeglicher Überlegung muss jetzt eine Übergangsregelung stehen, die für 2025 befristet und einmalig das Ausschreibungsvolumens auf 1800 MW anhebt. Andernfalls werden im kommenden Jahr Hunderte Anlagen unwiderruflich stillgelegt. So verlieren wir dutzende Terawattstunden nachhaltige, regional erzeugte und günstige Energie, an deren Stelle zusätzliche Mengen an Kohle und Erdgas treten würden," schließt Rostek.

Seide: unklare Aussagen

Horst Seide, Präsident des Fachverband Biogas, kommentiert das Paket wie folgt: "Seit Monaten hofft die Branche auf ein Biomassepaket, das die großen Biogaspotenziale nicht nur anerkennt, sondern für den Klimaschutz und die Resilienz unserer Energiesystems zu nutzen weiß. In zahlreichen Studien ist dargestellt worden, dass erneuerbares Biogas im Strommarkt Kosten senkt, das Klima schont und die Versorgungssicherheit unabhängig von ausländischen Importen garantiert.

Bekommen haben wir einen Ausstiegspfad aus der Biogasnutzung im Stromsektor! Unklare Aussagen zum Ausschreibungsvolumen verknüpft mit einem völlig neuen Konzept zur Ermittlung der vergütungsfähigen Strommenge. Das bisherige Konzept der einzuspeisenden Volllaststunden soll in Betriebsstunden überführt werden. Aus heutiger Sicht zu restriktive Flexibilisierungsanforderungen bereits für die kommende Ausschreibung ohne jeglichen Entwicklungspfad führen vielmehr zum Direktausstieg aller Anlagen, die sich nächstes Jahr an der Ausschreibung beteiligen wollten. So sichert das BMWK auch keine Wärmenetze! Überhöhte Anforderungen in Kombination mit einem viel zu niedrigen Flexibilisierungszuschlag lassen nur eine Antwort zu: Wir lehnen den Vorschlag grundsätzlich ab. Selbst fossile Gaskraftwerke sollen mehr Geld bekommen. So funktioniert kein Klimaschutz und schon gar keine kluge Energiepolitik. Potenziale müssen genutzt anstatt vergeudet werden!"