Der Agrarchemiekonzern Bayer muss brasilianischen Bauern 252 Millionen US-Dollar Lizenzgebühren für die gentechnisch veränderte Soja Intacta zurückzahlen. Das entschied diese Woche der oberste Gerichtshof Brasiliens auf eine Klage von Bauernverbänden aus elf brasilianischen Bundesstaaten. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte der Bayer-Konzern, er werde die Summe wie gefordert auf ein Treuhandkonto überweisen.
Bereits im Mai 2021 hatte der Gerichtshof einen Paragraphen für verfassungswidrig erklärt, der es ermöglichte, die Gültigkeit von Patenten über 20 Jahre hinaus auszudehnen. Die Folge: Der Patentschutz endet nach spätestens 20 Jahren. Umstritten war, für welche Art von Patenten das Urteil gilt. Es betreffe auch das Patent PI9816295-0 für die Soja Intacta RR2 Pro, das im Jahr 2018 ausgelaufen war, schrieb Richter Nunes Marques in seinem am Freitag veröffentlichten Urteil. Damit müsse der Bayerkonzern den Landwirten die Lizenzgebühren für diese Soja zurückzahlen, die sie seit 2018 entrichtet hatten. Die herbizidresistente und schädlingsvernichtende Sojalinie war vom US-Konzern Monsanto entwickelt worden, den Bayer 2018 übernommen hatte.
Ursprünglich hatte der Verband der Sojabauern des Bundesstaats Mato grosso, Aprosoja-MT, im Jahr 2017 mit der Begründung gegen Monsanto geklagt, dass der einzige Absatz von Art. 40 des Gesetzes über gewerbliches Eigentum, der die Gültigkeitsdauer des Patents in Brasilien um mehr als 20 Jahre verlängert, verfassungswidrig sei. Außerdem bezweifelte er, dass die Soja tatsächlich die für ein Patent erforderliche Innovation darstelle. Auf einem großen Teil der Sojaäcker in Mato Grosso werde laut Aprosoja die Linie Intacta RR2 PRO angebaut. 2019 schlossen sich Sojaproduzentenverbände in 10 brasilianischen Bundesstaaten dieser Klage an.
Bayer werde nun das Urteil analysieren und die nächsten Schritte planen, schreibt Reuters. Ein Anwalt von Aprosoja-MT sagte, Bayer könne das Urteil vor dem Plenum des Obersten Gerichtshofs anfechten. Der Konzern vertrat weiter die Ansicht, dass die Sojalinie durch „weitreichende und vielfältige Rechte an geistigem Eigentum geschützt“ sei. Er vertraue darauf, dass dies in Brasilien beachtet werde. Der Anwalt von Aprosoja warf Bayer dagegen vor, Gerichtsentscheidungen zu missachten und unter Verstoß gegen brasilianisches Recht Lizenzgebühren für abgelaufene Patente zu kassieren. Auch Aprosoja-Präsident Fernando Cadore kritisierte, Bayer beeinträchtige durch sein Verhalten die Beziehung zu den Sojaproduzenten, die das Saatgut erwerben.
Nach Schätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) soll in Brasilien im laufenden Wirtschaftsjahr die Höchstmenge von 153 Millionen Tonnen Sojabohnen geerntet werden, 23,5 Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr. Mit einer Flächenausweitung um 1,9 auf 43,4 Millionen Hektar kann Brasilien seine Spitzenposition vor den USA weiter ausbauen, schrieb der Branchendienst proplanta. Auch brasilianische Baumwollproduzenten haben Bayer nach Angaben von Reuters wegen des gentechnisch veränderten Baumwollsaatguts Bollgard II RR Flex verklagt.