Meldungen von Märkten, Handel und Vermarktern

Steuererhöhung für Fleisch, Senkung für Obst und Gemüse? ++ Das Märchen vom günstigen Lebensmittelland Deutschland ++ Mehr Tomaten als Schweinefleisch gegessen

 

Steuererhöhung für Fleisch, Senkung für Obst und Gemüse?

In der agrarpolitischen Diskussion wird zurzeit heftig um die Frage der Finanzierung für den Umbau der Schweinehaltung gestritten. Neben der Rolle der Steuerfinanzierung geht es immer auch um die Frage, wer es bezahlen soll. Kann man den KonsumentInnen an der Ladentheke das zumuten? Eine wichtige Empfehlung aus der Borchert-Kommission ist der Ausgleich der höheren Abgabe für Fleisch durch die Streichung der Mehrsteuer für Obst und Gemüse. Passt das überhaupt zusammen?

Rechnen wir einmal am Beispiel Schweinefleisch nach. Der Durchschnittsverbraucher in Deutschland verzehrt im Jahr etwa 30 kg Schweinefleisch. Die Kommission empfiehlt eine Preiserhöhung (ob als Abgabe oder Steuer) um 0,40 €/kg. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Belastung von 12 € im Jahr bzw. 1 € im Monat pro Bürger.

Nebenbei: damit würde allein für Schweinefleisch über den Markt, d.h. den Verbraucher 1 Mrd. € im Jahr zusammenkommen. Soviel will die „Ampel“ bisher in vier Jahren insgesamt zur Verfügung stellen.

Dieter Krauß, der Präsident des Fruchthandelsverbandes stellt zur Einordnung fest, dass bei einem Wegfall der Mehrwertsteuer von 7% auf Obst und Gemüse wir über Reduktionen in Höhe „von drei bis vier Cent pro Person und Tag“ reden. Oder anders gesagt, entspricht es einer Einsparung von etwa 1 € pro Monat – gleichviel wie bei der Schweinefleischerhöhung.

Natürlich ist das nur eine einfache „Modellrechnung“, die noch nichts über die Verteilung in der Wertschöpfungskette oder das Instrumentarium der Einnahme sagt. Aber immerhin macht sie deutlich, dass der von manchen befürchtete „Eingriff auf den persönlichen Essensteller“ begrenzt ist und der „Angriff auf die Freiheit der individuellen Ernährung“ ausbleibt.

 

Das Märchen vom günstigen Lebensmittelland Deutschland

In deutschen Medien (auch landwirtschaftlichen) wird gern verbreitet, dass in Deutschland die billigsten Lebensmittel verkauft werden. Die Lebensmittelzeitung (LZ) hat nun mal untersucht, inwieweit das tatsächlich stimmt. Sie hat Anfang Mai bei Lidl in sechs europäischen Ländern gleiche Basisartikel verglichen und ist zu interessanten Ergebnissen gekommen. Der Discounter ist europaweit aktiv und hat den Anspruch, beim Preis mit Aldi die Maßstäbe zu setzen.

Der Blick in verschiedene Lidl-Länder zeigt, dass die Preise je nach Markt stark schwanken. Deutschland ist selten am günstigsten. Der Discounter passt sich dem jeweiligen Marktniveau an. Untersucht wurden Milch, Mehl, Nudeln, Butter, Schokolade und Coca Cola. Die ausgewählten Länder waren Deutschland, Frankreich, Spanien, Großbritannien, Dänemark und Polen.

Zunächst einmal ist sehr auffällig, dass alle Länder sehr unterschiedliche Mehrwertsteuern auf Lebensmittel erheben. So hat Polen beispielsweise die Mehrwertsteuer bei wichtigen Basisartikeln auf Null gesenkt, Großbritannien erhebt auf Nahrungsmittel grundsätzlich keine Mehrwertsteuer. In Dänemark beträgt sie stolze 25 Prozent. Für Grundnahrungsmittel zahlen die Spanier dagegen nur 4 Prozent Mehrwertsteuer. Deutschland liegt mit 7% Mwst. irgendwo im Mittelfeld.

Deshalb kostete das 250 Gramm-Päckchen Butter in Dänemark 2,55 Euro. Auf Platz zwei folgt mit 2,29 Euro Deutschland, wo seit einigen Wochen ein neuer Höchstpreis für Butter gilt. Bereinigt man den Mehrwertsteuereffekt, ist die Butter in Deutschland sogar noch teurer als in Dänemark. Am günstigsten verkauft Lidl die Butter in Polen mit 1,72 €, wo dank staatlicher Regulierung keine Mehrwertsteuer erhoben wird. Milch liegt zwischen 0,60 (Polen) und 1,61 €/l in Dänemark (0,88 € in DE). Ein Kilo Mehl schwankt von 0,35 € in Großbritannien bis 0,89 € in Spanien und Deutschland.

Spanien, Großbritannien und besonders Polen sind bei fast allen untersuchten Produkten günstiger als Deutschland. Selbst in Frankreich zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher im Schnitt an der Ladenkasse weniger als bei uns. 

Als exakter Gradmesser für die Belastung der Haushalte durch gestiegene Lebensmittelpreise taugt die LZ-Stichprobe allerdings nur eingeschränkt. Denn es kommt auf den Einkaufskorb der Kunden an und welches Gewicht die verglichenen Produkte darin haben. Zudem spielt das Durchschnittseinkommen eine wichtige Rolle. Dänemark weist mit den höchsten Preisen auch das höchste Durchschnittseinkommen auf. Mit etwa 5.000 Euro Brutto liegen laut dem statischen Bundesamt die Dänen weit vor Deutschland (3.700 Euro), Frankreich (2.900) und Spanien (2.100). Darin liegt auch der Grund, warum der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel in den Ländern so unterschiedlich ist.

Es bleibt aber festzuhalten, dass das Eigenlob des LEHs, die Kunden könnten nirgends in der Welt so günstig einkaufen wie hierzulande, ein Märchen ist. 

 

Mehr Tomaten als Schweinefleisch gegessen

Beim Verzehr pro Kopf hat die Tomate mit 31,3 kg das Schweinefleisch überholt. Nur noch ca. 30 kg Schweinefleisch pro Jahr stehen auf der Speisekarte der Deutschen. Vor fünf Jahren noch lagen Schnitzel, Hack und Schinken vom Schwein mit 9 kg Mehrverzehr vorne. Auch andere Gemüse wie Möhren, Zwiebeln und Gurken werden immer häufiger verspeist. Zusammen liegen diese vier Gemüsesorten mit 59 kg vor dem Fleischkonsum von Rind, Schwein und Geflügel mit 55 kg Pro-Kopf-Verzehr. Seit 2018 hat Fleisch 6,3 kg oder 10 Prozent verloren, allein diese vier Gemüsesorten 7,5 kg dazugewonnen. Gerechnet sind die Rohmengen, die frisch oder in unterschiedlicher Verarbeitung verzehrt werden.

 

23.05.2022
Von: hg

Der Verzehr von Schweinefleisch ist in Deutschland seit Jahren rückläufig und es läuft eine Diskussion über eine Steuerhöhung beim Fleischkauf bei gleichzeitige Senkung der Steuern auf Obst und Gemüse. Foto: pixabay