Meldungen von Märkten, Handel und Vermarktern

Europäische Handelskooperationen stecken in schwerer Krise In Deutschland kommt die Diskussion um unfaire Wettbewerbspraktiken des Handels nur sehr mühsam voran. Das ist in Frankreich anders. Dort sind die großen Handelsriesen unter Druck und mit ihnen ihre deutschen Partner, mit denen sie beim Einkauf kooperieren.
Seit mehreren Jahren galten europäische Einkaufsallianzen als Garant eines wachsenden Einflusses der großen europäischen Einzelhandelskonzerne und als Beitrag zu einer soliden Marktführerschaft des Handels gegenüber der Industrie. Nun ziehen einige Einzelhändler die Reißleine und ziehen sich aus der Zusammenarbeit mit Franzosen in Einkaufsbündnissen zurück.
Metro hat die Kooperation „Horizon“ im Einkauf mit Auchan, Casino und Schiever aus Frankreich und dem spanischen Soft-Discounter Dia nicht mehr für 2022 verlängert. Dass bereits nach drei Jahren Zusammenarbeit die „Horizonte“ erreicht seien, wie Metro gegenüber der Lebensmittelzeitung (LZ) erklärte, sei sehr fraglich, analysieren Branchenkenner. Die Auflösung sei vielmehr eine Folge der starken Verunsicherung im französischen Markt. Denn die „ohnehin traditionell dirigistisch ausgerichteten französischen Wettbewerbsbehörden“ legen eine zunehmende Strenge bei den Einkaufspraktiken und Absprachen an. Der politische Druck einer starken Bauernlobby und vor allem die Beschwerden der Lieferanten hätten ein Rechtsklima geschaffen, in dem Urteile der Wirtschaftsgerichte vielfach gegen den Handel ausfallen würden, so Insider. Die Geldstrafen wegen unfairer Verhandlungspraktiken im Umgang mit der Industrie würden spürbar höher. Während bis 2016 noch Gesetzesverstöße mit maximal 2 Mio. € geahndet wurden, können heute Händler bis zu 5% des Jahresumsatzes belangt werden. Mitte März hat z.B. ein Gericht den Marktführer Carrefour mit 1,75 Mio. € Strafe belegt, weil er als Bedingung für die Teilnahme an Jahresgesprächen einen Rabatt von 4-6% des Umsatzes gefordert hatte. Carrefour, sonst nicht als kleinlaut bekannt, hat auf eine Anfechtung verzichtet, um eine Eskalation zu verhindern.
Intermarche, Nr.2 in der Branche, wurde im Februar mit einer Geldstrafe von 151 Mio. € belegt wegen „restriktiver Wettbewerbspraktiken“.
Gegen die größte Händlergenossenschaft Leclerc steht wegen angeblicher wettbewerbsrechtlicher Verstöße im Vorjahr eine Forderung von 117 Mio. € an. Auch Eurelec, die Allianz von Leclerc und Rewe, ist zu einem Bußgeld von 6,3 Mio. € verurteilt.
Deshalb habe auch der französische Edeka-Partner Intermarche seine Mitgliedschaft bei der Einkaufsallianz „Agecore“ aufgekündigt. Inzwischen hat auch Edeka die zuvor mächtige Allianz verlassen.
Besonders die französischen Händler wollen ihren Einkauf nationaler ausrichten, denn mit den Wettbewerbshütern sei nicht zu spaßen, resümiert die LZ die aktuelle Neuorientierung. Gegenüber den Franzosen sei unser Kartellamt ein Papiertiger, merken deutsche Beobachter an. Absatz von Fleischersatzprodukten boomt Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gehören mittlerweile zum festen Sortiment vieler Einzelhändler. Nach einer Stagnation in 2017/2018 stieg die Nachfrage in 2019 und danach drastisch an, berichtet die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) auf Basis von GfK- Haushaltsumfragen. In 2020 wuchsen die Einkaufsmengen um 53% auf 41 Mio. Tonnen. Inzwischen haben die konventionellen Mengen mit 26 Mio. t die Ökomengen (15 Mio. t) weit überflügelt. Ihr Wachstum betrug fast 70%. Noch in 2018 lagen die fleischfreien Öko-Burger, Öko-Schnitzel und Öko-Bratwürste auf gleicher Höhe mit der „normalen“ Konkurrenz.
Besonders die Rügenwalder Mühle hat sich als Marktführer etabliert. Mit einem Veggie-Wachstum von 73% schloss dieses Sortiment zum klassischen Fleisch- und Wurstabsatz auf. Etwa 110 Mio. € Umsatz erwirtschaftet diese Sparte beim bekanntesten Wurstmarkenanbieter. Das „beeindruckendste Jahr“, das sogar zu Lieferengpässen geführt habe, so Vorsitzender Hähnel, stelle neue Herausforderungen, denen man mit einem Ausbau eines zweiten oder dritten Standorts neben dem Werk in Bad Zwischenahn entsprechen werde. Mit dem rückläufigen SB-Geschäft für Wurst aus Fleisch ist er nicht zufrieden. Biomärkte bleiben stabil Wenig Neues ist von den Biomärkten zu berichten. Die Versorgung mit Bio- Schweinen bleibt weiterhin knapp, stellt die AMI fest. Die Verarbeiter würden händeringend nach Schlachttieren suchen. „Und wenn sich Betriebe für die Umstellung interessieren, sind es Mastbetriebe. Für die deutlich aufwändiger umzustellende Ferkelproduktion fehlen dagegen die Interessenten.“ Der Preis ist seit Monaten stabil bis leicht steigend. Auch die Ferkel (+3%) und die Sauen (+6%) liegen über Vorjahresniveau.
Die Versorgung mit Bio- Rindern bleibt auch im März und April knapp. Das betrifft sowohl die Kühe als auch die Schlachtrinder. Auch hier steigt der Preis gegenüber dem Jahresanfang leicht, im Vergleich zum Vorjahr um 4-6%. Aldi mutiert in der Schweiz zum Biohändler So titelt die Lebensmittelzeitung zur Reaktion von Aldi Suisse auf die enorme Nachfrage im Land. Nachdem die Bio-Umsätze 2020 um mehr als die Hälfte zulegen konnten, wolle der Discounter dieses Sortiment weiter ausbauen – und das zu Preisen, die sich alle leisten können. Die Schweizer Tochter von Aldi- Süd selbst spricht von einer „explodierenden Nachfrage“. Die Umsätze seien im Bio-Segment um fast 55% gestiegen. „Ein derart enormes Wachstum haben aber auch wir nicht erwartet.“ Deshalb werde man das Sortiment, das beim Discounter insgesamt etwa 1600 Produkte umfasst, von derzeit 300 Bio-Produkte noch einmal deutlich erhöhen auf mehr als 20%. Zudem sei es Ziel, „Bio-Produkte für alle Menschen leistbar zu machen.“ Schweizer Bio-Bauern fragen sich, ob das eine rundum gute Nachricht ist.
19.04.2021
Von: hg

Aldi Suisse mutiert laut Lebensmittelzeitung zum Biohändler. Foto: Aldi Suisse