Düngemittelkonzerne sind Krisengewinner durch Preisexplosion beim Dünger
Während Landwirte unter den explosiv gestiegenen Energie- und Düngerpreisen stöhnen, machen Düngemittelkonzerne einen gewaltigen Gewinnsprung. So profitiert der börsennotierte deutsche Bergbaukonzern K+S (Kali plus Salz) mit Sitz in Kassel gewaltig von den hohen Düngerpreisen. Der internationale Anbieter von kali- und magnesiumhaltigen Produkten für Landwirtschaft und Industrie hob die Ergebnisprognose für 2022 erneut um gut 40% an. Gegenüber 2021 erwarte für dieses Jahr einen Sprung des Gewinns vor Steuern, Zinsen und Abschreibung (EBITDA) von 262 Mio. (2020) über 969 Mio. (2021) auf ca. 2,3 bis 2,6 Mrd. €, wie der Konzern kürzlich berichtete. „Die Kehrtwende ist geschafft,“ jubelte das Unternehmen mit 3,2 Mrd. € Umsatz im Vorjahr, nachdem er in 2019 noch rote Zahlen schrieb. Die Anhebung der Prognose beruhe im Wesentlichen auf noch einmal höhere Durchschnittspreise im Kundensegment Landwirtschaft. Diese würden die erwarteten Kostensteigerungen für Energie, Logistik und Material deutlich übertreffen. „Die Produkte für landwirtschaftliche Produkte sind auf einem extrem hohen Niveau,“ so der Vorstandsvorsitzende Burkard Lohr. Nicht nur der Umsatz, sondern auch der Gewinn bewegen sich auf einem Rekordhoch.
Auch der norwegische Düngemittelhersteller Yara hat im ersten Quartal 2022 kräftig von der knappen Versorgungslage und den Preissprüngen profitiert. Eigenen Angaben zufolge erwirtschaftete das Unternehmen in den ersten drei Monaten dieses Jahres ein Ergebnis (EBITDA) von umgerechnet 1,246 Mrd. € nach 541,5 Mio. € ein Jahr zuvor. Das Betriebsergebnis mit 961,8 Mio. Euro konnte gegenüber dem Vorjahrsquartal verdreifacht werden.
Der gewaltige Preisanstieg von 40% bei Düngemitteln seit Beginn des Ukraine- Krieges ruft immer mehr Kritiker auf den Plan. EU- Agrarpolitiker drängen auf Entlastung der Landwirte, aber auch auf Überprüfung der Marktmacht der Düngemittelhersteller. Der Agrarsprecher der Europäischen Volkspartei Dorfmann warnte wie andere vor einem „Marktversagen wegen eines Oligopols der Düngemittelproduzenten“. Schließlich seien die Aktienkurse einzelner Herstellerfirmen zuletzt geradezu explodiert. Die EU- Kommission will das im Auge behalten, sieht aber aktuell keine gravierenden Probleme.
Einig ist man sich nur, dass die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern auch bei der Düngerherstellung reduziert werden müsse.
Satte Gewinne im Weltgetreidehandel
Der US- Agrarkonzern Archer Daniels Midland (ADM), globale Nr. 2 unter den Getreidehändlern, hat sein Ergebnis im ersten Geschäftsquartal 2022 erheblich gesteigert. Wie das Unternehmen laut Agra Europe (AgE) jetzt in Chicago mitteilte, wurden für alle Segmente kräftige Aufschläge beim operativen Gewinn verzeichnet. Insgesamt erwirtschaftete ADM ein Plus von 39,3 % auf rund 1,432 Mrd.€. Der Nettogewinn erhöhte sich sogar um 51,8 % auf 981 Mio.€ in einem Vierteljahr, während der Umsatz mit 22,01 Mrd.€ den Vorjahreswert um 25,2% übertraf.
Der ADM-Vorstandsvorsitzende Juan Luciano erwartet laut AgE für die nächsten Jahre ein global knappes Getreide- und Ölsaatenangebot und begründete dies mit dem Krieg in der Ukraine sowie dem geringen kanadischen Rapsaufkommen und kleineren Ernten in Südamerika im vergangenen Jahr. Für das gesamte Geschäftsjahr 2022 prognostizierte Luciano, dass der Konzern sein 2021 erzieltes Rekordergebnis übertreffen werde. Im Einzelnen hat sich das von Januar bis März 2022 erzielte operative Ergebnis vor allem durch das Geschäft mit raffinierten Ölen kräftig verbessert. Darüber hinaus seien hohe Margen für Biodiesel in Europa, dem Nahen Osten und Afrika erzielt worden. Darüber hinaus seien die Margen in der Weizenmüllerei gestiegen und der
Absatz von Stärke und Süßungsmitteln habe sich weiter erholt. Sowohl die Lebensmittel- als auch die Futtermittelsparte hätten hier zugelegt.
Welthandel mit Agrarrohstoffen in wenigen Händen
Weizen, Mais und Sojabohnen sind die drei wichtigsten Waren des Welthandels mit landwirtschaftlichen Rohstoffen. Je nach Marktlage, Qualität und Preis werden diese Produkte als Nahrungsmittel, Agrokraftstoff oder Futtermittel verkauft. Die nächstwichtigen globalen Handelsgüter dieser Art sind Zucker, Palmöl und Reis.
Vier Konzerne dominieren den Im- und Export solcher Agrarrohstoffe: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und die Louis Dreyfus Company. Gemeinsam sind sie als „ABCD“ bekannt. Archer Daniels Midland (ADM abgekürzt), Bunge und Cargill sind US-Unternehmen, Louis Dreyfus hat seinen Sitz in Amsterdam. Alle vier wurden zwischen 1818 und 1902 gegründet, und von ADM abgesehen, stehen sie bis heute unter dem Einfluss ihrer Gründerfamilien. Sie handeln und transportieren, und sie verarbeiten auch viele Rohstoffe. Die Konzerne besitzen Hochseeschiffe, Häfen, Eisenbahnen, Raffinerien, Silos, Ölmühlen und Fabriken. Ihr Weltmarktanteil liegt bei 70 Prozent. Cargill ist die Nummer eins, gefolgt von ADM, Dreyfus und Bunge.
In den vergangenen Jahren hat der chinesische Getreidehändler Cofco, ein Staatsbetrieb, zu ihnen aufgeschlossen und ABCD als Hauptaufkäufer von brasilianischem Mais und Soja abgelöst. Cofco hält ca. 50% an den Getreideexporten des Landes. In Russland nahm im Jahr 2015 erstmals der Getreidehändler RIF den Spitzenplatz unter den Exporteuren ein. Das erst 2010 gegründete Privatunternehmen aus Rostow am Don verdrängte die drei bisher dominanten Händler, Glencore aus der Schweiz, Cargill als einzigem der vier Weltgrößten und Olam aus Singapur. Diese Entwicklungen spiegeln den Aufstieg Russlands als bedeutenden Weizenexporteur und die Bedeutung Chinas als bedeutenden Getreideimporteur wider.
(mit Material aus dem Konzernatlas 2020 der Heinrich-Böll-Stiftung)
Südzucker mit „optimistischen Gewinnerwartungen“ – Fleischindustrie im roten Bereich
Auch andere Bereiche der Nahrungsmittelindustrie schauen optimistisch auf ihre Bilanzen. Die Südzucker AG erwartet einen „sehr positiven Start“ in ihr erstes Quartal (März bis Mai) dieses Geschäftsjahres und sieht „mit Zuversicht“ auf 2022/ 2023. Wie der Konzern mitteilte, ist mit einem deutlichen Anstieg des Ergebnisses zu rechnen. Schon im Vorjahresquartal hatte der Konzern ein Ergebnis (EBITDA) von 121 Mio.€ genannt. Das soll nun deutlich übertroffen werden. Der Umsatz wird auf ca. 9 Mrd. € geschätzt, was ein Plus von 15% bis 20% bedeutet.
Dagegen läuft es in der Fleischindustrie alles andere als rund. Nach Vion und Westfleisch, die bereits im März ihre vorläufige Bilanz für 2021 veröffentlichten und dabei tiefe rote Zahlen anzeigten, hat nun auch Branchenführer Tönnies erste Einblicke ins Jahr 2021 gegeben. Demnach hat der Konzern mit 6,2 Mrd. € einen Umsatzrückgang von 11% zu verzeichnen. Gewinnergebnisse veröffentlicht der Konzern nicht. Verursacht sei der Rückgang durch rückläufige Erzeugerpreise und Absatz, durch fehlenden Export vor allem nach China, aber auch durch Schlachtbeschränkungen in Folge der Coronaauflagen.
Da auch die ersten Monate 2022 durch unerwartet starke Erzeugerpreissteigerungen von 50% bei Schweinefleisch und 30-40% bei Rindfleisch gekennzeichnet waren, die so schnell nicht an Kunden weitergegeben werden konnten, sieht es auch aktuell schlecht aus beim Blick in die Bücher der Branche.
Rückläufige Schlachtzahlen verschlechtern zudem die ertragsrelevante Kapazitätsauslastung. Im ersten Quartal gingen die Schweineschlachtungen um 5% zurück, im April spricht man eher von fast 10% im Vergleich zum Vorjahr. Auch bei den Rinderschlachtungen steht ein Rückgang von ca. 3% zu Buche (in den letzten fünf Jahren minus 11%).
Drastischer Rückgang beim deutschen Schweinefleischexport
2021 ist das Filetstück der deutschen Schweinebranche, der Export, um 8% eingebrochen. Nach 2,9 Mio. Tonnen im Jahr zuvor wurden nurmehr 2,69 Mio. t Fleisch und Nebenprodukte ausgeführt. Besonders drastisch sank der Drittlandexport. Er reduzierte sich um fast die Hälfte auf 550.000 Tonnen, während der Handel im EU27- Raum 14% anstieg. Rechnet man die Drittländer ohne Großbritannien, ging ebenso viel Schweinefleisch in die Niederlande oder nach Italien wie in alle Länder Ostasiens, Afrikas oder Amerikas zusammen.
Im Januar/ Februar 2022 hat sich diese Tendenz noch einmal verschärft. Minus 30% zeigen die Exportzahlen gegenüber den Vorjahresmonaten. Laut AMI sank der Absatz von 491.000 auf 377.000 Tonnen, davon 82% innerhalb der EU. Auch die Ausfuhren in die wichtigsten Abnehmerländer Niederlande, Italien und Polen sind um 22% bis 30% gesunken. Als Grund wird der relativ hohe deutsche Schweinepreis ab Februar und der Mengendruck anderer Länder (Spanien, Dänemark) angegeben, die ihren rückläufigen Absatz nach China kompensieren müssen.
Der Marktbeobachter sieht den Export, das Schlachtschiff der deutsche Fleischwirtschaft schwer angeschlagen. Begleitet von einem laut AMI weiteren heimischen Verzehrsrückgang um 9% in diesem Jahr und relativ hohen, aber für die Erzeuger trotzdem nicht kostendeckenden Preisen bewegt sich die Branche weiterhin in schwerer See. Der Abbau des Schweinemarktes ist bereits intensiv in der Realität angekommen. Da die Politik immer noch keine Lösungen für den Umbau anbietet, richtet es der Markt. Bisher aber besonders auf dem Rücken der schweinehaltenden Bäuerinnen und Bauern.