Interview mit Michael Braun, Milchviehhalter und Geschäftsführer von Die Faire Milch (DFM) Vermarktungs-GmbH:
Unabhängige Bauernstimme: Die konkrete Organisation und Abrechnung für das Ergebnis des Dreiparteienvertrags – „Die Faire Milch x milprima“ in der Kooperation mit Penny – beruht auf einem Mehrwertmodell. Wie funktioniert das?
Michael Braun: Der Mehrwert, den wir erwirtschaften, wird an die Fair-Food-Genossen ausgeschüttet. Das ist konkret die Differenz vom Auszahlungspreis der beteiligten Molkerei Naarmann zum Milch-Marker-Index (MMI), der stetig aktualisiert die Vollkosten der Milcherzeugung widerspiegelt. Den MMI haben wir als Grundlage der Preisbildung im Dreiparteienvertrag festgeschrieben. Die am Programm beteiligten Bäuerinnen und Bauern sind über ganz Deutschland verteilt und liefern ihre Milch an eine Molkerei in ihrer Region. Die Milch zu einer eigenen Programmschiene zusammenzufassen, würde durch die Logistik die gesamte Wertschöpfung aufzehren. So kaufen wir aus dem Portfolio von Naarmann eine Milch, die allen unseren Standards entspricht und kalkulieren einen Milchpreis entsprechend des MMI mit ein. Dieses Konstrukt bietet den Vorteil, dass wir so auch jedes andere Milchprodukt machen können. Aktuell freuen wir uns sehr, dass der Start bei Penny erfolgreich gelungen ist.
Was sind aus Ihrer Sicht weitere Erfolgsfaktoren, die zum Abschluss des Dreiparteienvertrags geführt haben?
In Anbetracht des starken Strukturwandels in der Landwirtschaft und sinkender Milcherzeugung müssen sich die Lebensmitteleinzelhändler (LEH) die Frage stellen, wie sie ihre Warenströme sichern. Um ihr eigenes Geschäft zu erhalten, müssen sie auch ein Interesse an der heimischen Landwirtschaft haben. In dieser Kooperation mit Penny haben wir uns reichlich Zeit genommen, um in Arbeitsgruppen gemeinsam ganz genau zu besprechen, wie wir zusammenarbeiten können. Irgendwann mussten wir Nägel mit Köpfen machen. Vertraglich festgehalten ist dabei, dass alles nur gemeinsam abgestimmt wird – bis hin zur Gestaltung der Verpackung. Das ist Neuland, das gab es so in Deutschland noch nicht und mit Ansatz der Vollkosten auch sonst nicht. Mehr als ein Jahr lang haben wir über die Vertragsgestaltung beraten und dabei z. B. kartell- und markenrechtliche Fragen geklärt.
Wenn die Marktpartner sich so umfassend einigen können, könnten sich einige fragen, warum es dann noch Forderungen nach politischen Initiativen gibt?
Die Realität auf dem Gesamtmilchmarkt mit den komplexen Verwertungskanälen ist ja eine andere. Da muss man sich nur mal die Strukturen der Genossenschaftsmolkereien ansehen – da ist kein Wille da, etwas zu ändern. Deswegen bleiben die politischen Forderungen wichtig und liegen schon seit Jahren auf dem Tisch – von der Umsetzung der Vertragspflicht bis hin zum Marktkriseninstrument. Ziel muss sein, überall eine gute Vertragsgestaltung möglich zu machen. Menge, Preis, Laufzeit und Produktqualitäten vertraglich festzulegen ist in der Wirtschaft völlig normal. Auch Molkereien und LEH oder andere Abnehmer handhaben das so untereinander. Nur mit den Milcherzeugern will man es nicht. Wir als Faire Milch und Mitglieder im BDM stehen deshalb seit 2010 dafür, zu zeigen, dass es geht. Wir beweisen, dass eine Kalkulation von unten nach oben, von der Milcherzeugung bis zum Verkaufsprodukt möglich ist. Mit dem Dreiparteienvertrag zeigen wir jetzt, dass man sehr wohl entsprechende Verträge machen kann. Und die sind nicht ohne Ende kompliziert oder kostspielig.
Vielen Dank für das Gespräch!