Volksbegehren Niedersachsen: Umstrittener Weg und offene Entschädigungsfragen

Voraussichtlich Ende März will die Initiative „Volksbegehren Artenvielfalt“ in Niedersachsen, dessen Träger der Naturschutzbund (NABU) Niedersachsen, die Landes-Grünen und der Deutsche Erwerbs- und Berufsimkerbund sind, mit dem Sammeln der für ein erfolgreiches Volksbegehren notwendigen Unterschriften beginnen. Der dem Volksbegehren zugrundeliegende Gesetzentwurf sieht unter anderem fünf Meter Randstreifen entlang von Gewässern, keine chemisch-synthetischen Pestizide in Schutzgebieten und mindestens 20% Ökolandbau vor. Kritik an dem von den Initiatoren eingeschlagenen Weg über ein Volksbegehren zur Erreichung der genannten Ziele kommt vom Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft in Niedersachsen, Ottmar Ilchmann. Gegenüber der taz äußert er die Befürchtung, dass die Landwirte für im Gesetz erwähnte und für die Betriebe mit zum Teil hohen Kosten verbundenen Maßnahmen wenig Kompensationen bekommen, „wenn das jetzt über ein Volksbegehren einer Regierung quasi aufgezwungen wird“. Und bei „unklarer Entschädigung bietet das Volksbegehren dem Bauernverband, CDU und FDP eine Steilvorlage, die derzeit besonders große Wut der Bauern auf die bewährten Feindbilder wie Umweltorganisationen und Grüne zu lenken“. Ilchmann verweist darauf, dass die SPD-CDU-Regierung in Hannover sich unter dem Druck des angedrohten Volksbegehrens bereits bewegt habe. Diese hat am Tag der öffentlichen Ankündigung des Volksbegehrens ihrerseits ein Maßnahmenpaket für den Natur- und Gewässerschutz in Niedersachsen vorgelegt. Konkrete Inhalte sollen unter anderem sein: Ein Aktionsprogramm zu Insektenschutz, für Natura 2000-Gebiete wird eine große Aufstockung der Mittel zur Finanzierung der Maßnahmen angestrebt, im niedersächsischen Naturschutzgesetz sollen weitere Biotoptypen aufgenommen werden und durch eine kluge Biotopvernetzung wird die Artenvielfalt gestärkt. Weitere tragende Elemente: Ausbau des ökologischen Landbaus, Ausweisung und Monitoring von Gewässerrandstreifen sowie klimaschonende Bewirtschaftung. Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast möchte laut einer Mitteilung ihres Hauses über eine Vereinbarung zu Arten-, Natur- und Gewässerschutz mit den wichtigsten beteiligten Akteuren (genannt sind Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, Umwelt- und Naturschutzverbände, Landvolk sowie Landwirtschaftskammer) zwei Hauptziele erreichen: Zum einen den Ausbau des ökologischen Landbaus. Zum anderen eine Strategie zur Reduktion des Pflanzenschutzes. Demnach soll sich bis 2025 die Zahl der Öko-Betriebe auf zehn Prozent verdoppeln und bis 2030 auf 15 Prozent steigern. Das soll unter anderem durch die Aufstockung der Mittel für umstellungswillige Betriebe erreicht werden. Außerdem würden weitere Ökomodellregionen in Niedersachsen zur Stärkung der regionalen Wertschöpfungsketten ausgewiesen. Beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verwies die Ministerin auf die Zielvorgaben der Ackerbaustrategie des Bundes. Zusätzlich ermögliche eine moderne, digitale Ausbringtechnik einen sparsamen Einsatz der Wirkstoffe. „Unser gemeinsamer Weg ist ein starkes Signal für den Artenschutz. Landwirte haben als Teil der Lösung den Schlüssel in der Hand. Wenn wir sie als Bauern fordern, müssen wir sie auch fördern“, so Otte-Kinast. Für die Initiatoren des Volksbegehrens sind die Vorschläge der Landesregierung „unverbindlich und unkonkret“. Und zur Kompensation der durch die Bauern und Bäuerinnen erbrachten Leistungen heißt es seitens der Initiative: „Dort wo durch die Auflagen durch das neue Gesetz die Bewirtschaftung für Landwirt*innen erschwert und weniger ertragreich wird – z.B. durch Auflagen beim Dünger-und Pestizideinsatz oder durch spätere Mahd zum Schutz von Wiesenvögeln – wird ein finanzieller Ausgleich gezahlt“. Und aus dem über 70 Organisationen umfassenden Unterstützerkreis des Volksbegehrens heißt es beispielsweise: „Landwirt*innen müssen für ihre Leistungen für den Naturschutz entlohnt werden - dies ist eine zentrale Forderung des Artenvielfalt-Volksbegehrens, die immer wieder betont werden muss“. Und auch Holger Buschmann, Chef des NABU in Niedersachsen, versprach laut taz eine Kompensation von Verlusten durch das angestrebte Naturschutzgesetz: „Sollten wirtschaftliche Einbußen für Betriebe entstehen, werden diese selbstverständlich über einen Erschwernisausgleich finanziell ausgeglichen.“